Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
sich gegen ihn.
»Die Frage ist eher,
wer
war das«, antwortete er und befreite sich aus ihrem Griff. »Ich muss nachsehen, was los ist.«
»Was? Aber … du kannst mich hier nicht allein lassen. Frank, bitte, das … ich kann nicht allein hierbleiben.«
Er sah dorthin, wo er ihren Kopf vermutete. »Dann bleibt dir nichts anderes übrig als mitzukommen. Ich muss auf jeden Fall nachsehen. Vielleicht ist jemand verletzt. Denk an die Attacke gegen Jens im Untergeschoss.«
»Aber wenn …«
»Komm jetzt«, unterbrach er sie barsch und rückte von ihr ab. Manuela gab ein wimmerndes Geräusch von sich. »Aber die Ratten, sie laufen überall herum, und wir können sie nicht einmal sehen. Wenn sie mich beißen … Ich … ich weiß nicht, wie ich das aushalten soll.«
»Ich gehe jetzt. Komm mit, oder bleib hier.« Frank streckte die Arme schräg nach vorne aus und ging langsam los. Er ahnte, wo die Wände waren, und konnte den Eingang trotz des kaum noch vorhandenen Lichtschimmers als einen rechteckigen Fleck ausmachen. Nach zwei Schritten stieß er gegen einen Stuhl und schob ihn mit einem scharrenden Geräusch ein Stück über den Boden. Er konnte förmlich spüren, wie Manuela hinter ihm erschrak. Frank wandte sich zu ihr um und sagte leise: »Das war nur ein Stuhl. Wir müssen versuchen, leise zu sein. Wer weiß, wer in der Anlage herumläuft. Wir sollten keine Aufmerksamkeit auf uns lenken.«
»Ja, gut«, antwortete sie ebenso leise. Sie tastete nach seiner Hand, die er ihr widerwillig gab.
Die Sicht im Gang reichte gerade so aus, um nicht gegen eine Wand zu stoßen. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, jederzeit darauf gefasst, etwas Weiches unter der Schuhsohle zu spüren. Dabei zog er Manuela hinter sich her.
Als sie den ersten Quergang erreichten, blieb er stehen und überlegte, in welcher Richtung sie am besten weitergehen sollten.
Von allen Seiten war leises, schnelles Tippeln zu hören, dazwischen hier und da ein Fiepen. Frank hoffte, Manuela würde nicht wieder zu schreien anfangen. Er entschloss sich, nicht abzubiegen, sondern dem Gang weiter zu folgen. Wenn seine Erinnerung ihn nicht trog, müsste dieser Gang zum Eingang führen. Sicher war er allerdings nicht, in der Dunkelheit sah alles gleich aus.
Sie waren gerade ein paar Meter weiter, als ein kaum vernehmbares Stöhnen Frank innehalten ließ. Es war von rechts gekommen, offensichtlich aus dem Quergang, den sie gerade passiert hatten.
»Was war das?«, flüsterte Manuela ihm zu.
»Pssst«, machte er und hielt den Atem an, um sich besser auf die Geräusche um sich herum konzentrieren zu können.
Tippeln, Fiepen, Rascheln, Schaben … Die ganze Palette an Geräuschen, die Hunderte oder Tausende kleiner Tiere in einer so weitläufigen Anlage verursachten. Aber kein Stöhnen mehr. Hatte er sich am Ende getäuscht? Aber Manuela hatte es auch gehört.
Er machte einen Schritt und stand nun ganz dicht neben ihr. »Was hast du gerade gehört?«, fragte er leise.
»Ich weiß nicht, ich glaube, da hat jemand gestöhnt, so als hätte er Schmerzen.«
»Ja, so hat es sich für mich auch angehört. Gehen wir zurück und nehmen den anderen Gang.«
»Aber vorsichtig, ja?«
»Ja.« Frank ging wieder voraus, ihre suchende Hand ignorierte er bewusst, fragte sich aber im nächsten Moment, warum er sich plötzlich so verhielt. Er blieb stehen und tastete nach ihrer Hand.
Sie brauchten etwa zwei Minuten, dann hatten sie das Ende des Ganges erreicht, und Frank stand wieder vor der Entscheidung, ob sie als Nächstes nach links oder nach rechts abbiegen sollten. Er ging bis zur Mitte des Querganges, hielt inne und lauschte angestrengt nach allen Seiten, doch außer den Ratten war nichts zu hören. Anfänglich. Dann aber brach ein Stampfen und Poltern aus der Dunkelheit heraus und raste wie ein Schnellzug auf ihn zu. Noch bevor er in irgendeiner Art reagieren konnte, türmte sich ein großer Schatten vor ihm auf, etwas krachte dumpf und mit solcher Wucht auf seine Brust, dass ihm die Luft aus der Lunge gepresst wurde, während er nach hinten gegen Manuela taumelte. Die Welt schien kein Oben und kein Unten mehr zu haben, im Fallen hörte er sich selbst stöhnen, dann einen Schrei von Manuela. Gemeinsam schlugen sie hart auf dem Betonboden auf, etwas traf ihn im Gesicht, ein weiterer Schrei durchschnitt das Durcheinander.
»Au, du tust mir weh! Frank!« Manuelas Stimme klang gepresst, was daran liegen konnte, dass er mit der Schulter auf ihrem Bauch
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