Das Rachespiel: Psychothriller (German Edition)
hattest.«
»Geht’s dir jetzt wieder besser?«
»Ja, ich denke schon.«
»Wirklich?«
»Ja, alles okay.«
»Kannst du mich dann bitte in den Arm nehmen? Mir ist so kalt, und ich habe solche Angst um meinen Sohn. Und ich habe Angst vor den Ratten und vor Torsten, und mittlerweile auch vor Jens, weil er so anders ist, weil es den Jens von damals nicht mehr gibt. Und ich habe Angst davor, dass ich sterben muss, Frank, ganz fürchterliche Angst. Ich habe eigentlich nur noch Angst.« Sie redete sehr schnell, so, als hätte sie neben allem anderen auch Angst davor, unterbrochen zu werden, bevor sie alles gesagt hatte, was sie sagen wollte.
Frank unterbrach sie nicht. Er tastete mit der unverletzten Hand nach ihr und berührte ihre Haare und legte ihr schließlich den Arm um die Schulter. Manuela rutschte noch ein Stück näher und berührte mit der Wange seine Schläfe. Sie zitterte am ganzen Körper. Frank fragte sich, ob die Kälte daran Schuld war oder die Angst. Oder beides. Der Geruch des Kittels nach altem Fett und Öl, den er die ganze Zeit über kaum noch wahrgenommen hatte, vermischte sich mit dem muffigen Gestank seiner Decke, und er hatte Mühe, dass ihm nicht wieder schlecht wurde.
»Vor Torsten habe ich die größte Angst, er ist gewalttätig. Unberechenbar.« Sie hielt kurz inne. »Diese ganzen Jahre, und jetzt kommt das alles wieder hoch. Und alle haben sich so verändert seit damals. Nur du bist so, wie ich dich in Erinnerung hatte, trotz allem. Aber als du gerade so komisch wurdest, dachte ich, dass auch du …«
»Es tut mir leid«, wiederholte Frank und fand, dass er sich oft genug entschuldigt hatte und sie jetzt aufhören konnte. So ganz war seine Wut noch nicht verraucht. Oder kochte sie etwa gerade wieder von neuem hoch? Er war doch sonst nicht so leicht reizbar. Aber war es so überraschend? In dieser Situation?
»Ich fand die zweite Aufgabe nicht fair«, sprach Manuela weiter, und Frank war froh, dass sie das Angst-Thema damit beendete. Über das, was sie sagte, hatte Frank sich auch schon Gedanken gemacht. Bei der zweiten Aufgabe konnte nur Jens den Punkt gewinnen. Sofern er bereit war, ihnen die Sache mit seinem Vater zu erzählen. Und das hatte auch Jens gewusst, womit dieser Irre, der ihnen die Aufgaben stellte, wohl gerechnet hatte. Was hatte er damit bezweckt? Dass sie sich trennten? Dass sie nun offen gegeneinander agierten? Wahrscheinlich. Es war ein teuflisches Spiel, das er mit ihnen spielte. Und ein tödliches.
»Ich glaube, er wollte, dass wir alle von der Sache mit Jens’ Vater erfahren. Entweder damit wir uns mit Jens überwerfen oder damit wir nun die Gewissheit haben, am Tod von Festus schuld zu sein. Zumindest eines davon hat er ja auch erreicht.«
»Ja«, sagte Manuela. »Es sei denn …«
»Es sei denn was?«
»Ach, nichts.«
»Nun sag schon. Bitte. Es kann wichtig sein, alles kann …«
» DER ZWEITE PUNKT IST VERGEBEN , SPIELER . SEI BEREIT FÜR DIE DRITTE AUFGABE .«
Ein Knacken.
»O nein«, flüsterte Manuela. »Es geht weiter. Wir haben noch keinen Punkt und auch kein Licht mehr. Wie sollen wir das denn schaffen im Dunkeln? Und mit den Ratten, die überall herumrennen? Wenn ich wenigstens mein Stethoskop wiederhätte.«
Frank stand auf. »Nun lass uns das ein für alle Mal …«
» HIER IST DIE DRITTE AUFGABE DIESER NACHT , SPIELER :
MEIN KOPF IST WEICH , WAS SCHÜTZT MICH VOR DEM ABC ?«
Es folgte ein erneutes Knacken, dann herrschte wieder Stille.
»Was soll das denn bedeuten?«
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Frank ehrlich.
»Wir müssen es schnell herausfinden. Die anderen dürfen keinen Punkt mehr bekommen, sonst stirbt einer von uns beiden. Bitte, denk nach.« Das tat Frank bereits, während Manuela noch redete.
»Mein Kopf ist weich, was schützt mich vor dem ABC «, wiederholte er leise. »Was ist das denn für ein Quatsch? Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Das hört sich an wie ein Schüler, der nicht mehr lernen möchte«, mutmaßte Manuela.
»Wenn es um das Buchstaben- ABC geht, müsste es aber ein sehr junger Schüler sein«, dachte Frank laut. »Mit ABC muss etwas anderes gemeint sein.«
»Und der weiche Kopf?«
»Hm … es muss etwas sein, das wir hier drin finden können. Aber einen weichen Kopf? Eine Puppe vielleicht?«
In diesem Moment hallte ein Schrei durch die Anlage, der sie beide mit einem Schlag verstummen ließ.
23
– 00 : 13 Uhr
»Was war das?« Manuela krallte sich an Franks Decke fest und drückte
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