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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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knallrot gefärbten Haaren wollte wissen, warum man sich ausgerechnet den Herkules in Kassel ausgesucht habe.
    Margou wartete ab, bis die Frage übersetzt worden war, und machte vor seiner Antwort eine kurze Pause. »Kennen Sie die kulturelle Bedeutung eines Herkules Farnese?«, fragte er dann.
    Die Abgeordnete, welche die Frage gestellt hatte, zuckte nach der Übersetzung mit den Schultern und lächelte verlegen.
    »Kaum eine Figur der Antike ist ähnlich bedeutsam wie diese«, erläuterte Margou. »Das Original entstand bereits 320 Jahre vor Christi Geburt. Diese Figur in Kassel ist eine der größten Kopien in der Welt. Darüber hinaus war die Technik der Herstellung wegweisend für einige der berühmtesten Statuen der Welt, wie beispielsweise die Freiheitsstatue in New York. Sie sehen, es gibt gute Gründe, dass der Herkules saniert wird. Die Kasseler können stolz auf ihr Wahrzeichen sein. Wie mir berichtet wurde, zählen Sie jährlich über zwei Millionen Touristen, die den Herkules besichtigen!« Während die Übersetzerin zu Ende sprach, nickte Margou zur Unterstreichung seiner Worte mit dem Kopf und lächelte anerkennend in die Runde.
    »Wie stellen Sie sich den genauen Ablauf der Sanierung vor, und mit welcher Dauer rechnen Sie?«, fragte ein Abgeordneter, der, seinem Gesicht nach zu urteilen, das jüngste Mitglied des Ausschusses war.
    »Wir werden die Skulptur zunächst einrüsten«, antwortete Margou. »Nach unseren Erkundigungen in den vergangenen Tagen werden wir viel zu tun bekommen. Am Kopf haben wir bei einem Überflug mehrere Löcher entdeckt. Einige stammen von Blitzen, andere von Gewehrkugeln aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese werden wir löten.« Margou wartete kurz, bis die Dolmetscherin seine Worte vollständig übersetzt hatte. »Dann werden wir am gesamten Korpus die Patina entfernen, die sich durch Feuchtigkeit gebildet hat. Wir rechnen damit, dass alle Schrauben der Skulptur erneuert werden müssen. Dies sind immerhin …« – Margou suchte in seinen Unterlagen und las von einem kleinen Zettel ab, den er dabei fand – »… mehr als dreihundert Stück. Am schwierigsten wird jedoch die Instandsetzung des Innenlebens sein. Dort wurden in früheren Begehungen vierundzwanzig sogenannte Aussteifungsringe aus Eisen dokumentiert. Um die galvanische Reaktion mit dem Kupfer der Außenhaut zu verhindern, sind diese mit purem Blei ummantelt. Da das Blei brüchig geworden ist, werden wir es gegen Edelstahl austauschen müssen. Auch planen wir, in der Figur Edelstahlseile zu spannen, um ihr mehr Halt zu verleihen. Schließlich werden wir die Lüftung der Statue optimieren. Sie verfügt bislang über Öffnungen in den Nasenlöchern und in den Locken. Diese sollen verhindern, dass sich an heißen Sommertagen Kondenswasser bildet. Dies kann entstehen, wenn es im Inneren der Figur tagsüber bis zu 80 Grad heiß wird und die Temperaturen dann nachts stark abkühlen. Wir haben vor, die Belüftung durch zusätzliche Bohrungen zu verbessern. Ich rechne damit, dass die Arbeiten zwei oder drei Jahre dauern werden. Beantwortet dies Ihre Frage?« Margou blickte auf den jungen Fragesteller.
    Dieser nickte zufrieden. »Merci, Monsieur!«
    »Gibt es noch weitere Fragen an unseren Gast?« Der Vorsitzende des Ausschusses blickte sich um. »Ansonsten haben Sie die Beschlussvorlage vor sich liegen …«
    »Ich habe eine Anmerkung!« Eine ältere Dame hob den Finger. »Es ist ja wirklich eine nette Geste, dass Ihre Stiftung der Stadt zehn Millionen Euro zur Verfügung stellen möchte. Wie aber, und diese Frage geht an alle, kompensieren wir die Ausfälle bei den Touristeneinnahmen? Wenn die Figur wirklich für drei Jahre saniert wird, droht dem Tourismus in der Stadt eine Katastrophe!«
    Sie blickte sich um. Einige ihrer Kollegen gaben ihr recht. Alle schauten gespannt auf Margou.
    »Auch darüber haben wir bereits nachgedacht«, versicherte er. »Wir halten es für eine gute Idee, wenn wir den Kopf der Figur, sobald wir ihn vom Korpus gelöst haben, für einige Zeit ausstellen. Er muss ohnehin vom Rest getrennt werden, um die Sanierung im Inneren des Kupferkörpers vorzunehmen. Vor allem aber werden wir das Baugerüst an der Statue so errichten, dass es während bestimmter Besuchszeiten auch von den Touristen, gegen Entgelt, begangen werden kann. So bieten wir eine große Attraktion: Niemals zuvor konnten Kopf und Statue aus einer Entfernung von vielleicht zwei Metern besichtigt werden. Ich denke, nicht nur Touristen

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