Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)
Erhalt der Menschheit, wenn man die Erfindung des Perpetuum mobile verhindert?«, fragte ich abfällig.
»Dem Erhalt der Wissenschaft. Und dies dient dem Erhalt der Menschheit. Oder wer sonst soll ein Mittel gegen Aids und Ebola erfinden, das die Menschen in Afrika dann auch tatsächlich einnehmen, weil sie dem Medikament vertrauen. Regierungen werden auch in Zukunft Steuergelder für die Forschung zur Verfügung stellen müssen. Dafür braucht es allerdings eine breite Zustimmung bei den Menschen … Nun hat sich die Wissenschaft in ihrer Geschichte selten so frühzeitig und so endgültig festgelegt wie bei der Frage, ob ein Perpetuum mobile möglich sei: Es kann nicht existieren. Das Perpetuum mobile ist somit eine Art Lackmustest der wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit. Käme jetzt heraus, dass ein Perpetuum mobile doch existiert, wäre dies das Ende der Integrität der Wissenschaft. Alles würde wie ein Kartenhaus einstürzen. Und dies würde nicht etwa im Stillen geschehen, nicht in Experten-Debatten, sondern allein durch die Drehung einer schlichten Apparatur. Jeder Laie könnte so das Versagen der Wissenschaft vor Augen geführt bekommen. Ohne dass es auch nur eines einzigen Wortes bedürfte.«
Ich lehnte mich erschöpft zurück und rang nach Luft. Auch Julia neben mir atmete tief durch. Die Sauna war der denkbar ungeeignetste Ort für derartige Gespräche. Offenbar hatte auch Julia entschieden, zum Ende zu kommen.
»Was weißt du über Orffyreus?«, fragte sie ihn nun direkt.
»Nichts. Ich bin kein Physiker. Ich habe nur meine Verpflichtung erfüllt, das Auftauchen des Namens zu melden.«
»Was planen die mit uns?«
»Keine Ahnung.«
»Wie gelingt es unseren Verfolgern, uns aufzuspüren?«
»Sie sind Wissenschaftler. Sie kennen alle technischen Möglichkeiten. Und sie haben viele Verbündete. Seid sicher, dass alle, die mit Orffyreus irgendwie zu tun haben, an diese Leute berichten.«
»Auch Scheffler?«, erkundigte sich Julia.
»Ich kenne diesen Namen nicht«, antwortete Thor.
Julia seufzte und schaute mich Hilfe suchend an.
»Würdest du für uns bei der Polizei aussagen?«, wollte ich von ihm wissen.
Thor lachte. »Sie würden uns nicht bei der Polizei aussagen lassen – und wenn, hätten wir danach nicht mehr viel Freude im Leben.«
»Kannst du uns irgendwie helfen, Thor?«, bat Julia mit fast flehendem Ton.
Thor schaute uns mit ausdruckslosen Augen an und schüttelte langsam den Kopf. »Ich werde euren Besuch in dieser Sauna nicht verraten. Mehr kann ich für euch nicht tun.«
Julia erhob sich. Auch ich versuchte, aufzustehen. Mein Kreislauf versagte jedoch, und ich ließ mich wieder auf die Bank zurückfallen. Beim zweiten Versuch gelang es mir, mich zu erheben und die zwei Schritte entfernte Saunatür zu öffnen. Ein wohltuender, kalter Luftzug zog zu uns hinein. Julia warf Thor einen letzten traurigen Blick zu und ging hinaus, ohne noch etwas zu sagen.
»Wohin geht ihr jetzt?«, fragte Thor.
»Zurück«, antwortete ich nur.
Thor runzelte die Stirn. Seine Nase war geschwollen, und in seinem Gesicht klebte überall Blut, das in der heißen, trockenen Sauna bereits fest geronnen war.
Ich griff zu der Sanduhr, die neben der Saunatür hing und deren Inhalt gerade wieder durchgelaufen war, und drehte sie um. »Du wartest hier drin, bis der Sand wieder unten ist. Sonst rufen wir die Polizei! Ach ja, deinen Schlüssel für den Spind brauchen wir noch!« Ich hielt ihm meine Hand entgegen.
»Wollt ihr meine Klamotten klauen, damit ich euch nicht folge?«, erkundigte sich Thor sarkastisch.
»Nur dein Portemonnaie und dein Handy. Zur Sicherheit«, erwiderte ich.
Thor löste ein blaues Armband, an dem der Schlüssel befestigt war, und warf es mir zu.
»Wie ist die PIN für deine EC-Karte?«, fragte ich.
Thor grinste mich an. »Ich wäre schön blöd, wenn ich dir jetzt die richtige Nummer nenne, richtig?«
Ich verzog den Mund und nickte. »Und ich wäre schön blöd, wenn ich jetzt nicht schnurstracks zur Polizei gehen würde und denen nicht doch noch die ganze Geschichte von dir und deinen Wissenschafts-Fanatikern erzählen würde, oder?«
Plötzlich wurde Thors Miene ernst. »Neun, acht, acht, sieben«, sagte er.
Ich nickte erneut, ging hinaus und zog die Glastür hinter mir zu.
Der Mann war splitternackt und verschwitzt.
Die Frau an der Rezeption erkannte ihn sogleich: Er war eines der Mitglieder des Fitnessstudios. Im Gesicht und überall auf dem Oberkörper klebte Blut. »Was
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