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Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Rad der Ewigkeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tibor Rode
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Zeitpunkt Perpetuum mobiles!«
    In meinem Eifer war ich lauter geworden, als ich beabsichtigt hatte. Ich wollte Fürstenrieth unbedingt von der Erfindung überzeugen, denn ich hatte große Angst, dass er sich sonst weigern könnte, das Patent anzumelden. Und was würde ich dann tun, um Julia zu retten?
    Der Patentanwalt schaute mir eindringlich in die Augen und rührte sich eine Weile nicht. Ich vermied es, ihn in seinen Überlegungen zu stören.
    Schließlich löste er sich aus seiner Erstarrung und blickte wieder auf den Bildschirm. »Wie ich sehe, sind Sie wenigstens von Ihrem Perpetuum mobile überzeugt. Es ist nicht meine Aufgabe, die Funktionalität Ihrer Erfindung zu bewerten. Dies ist Aufgabe des Patentamtes.« Er legte seine Hände wieder auf die Computertastatur. »Als Nächstes brauchen wir die genauen Maße und Proportionen. Haben Sie die für mich?«
    Ich spürte, wie sich in mir Erleichterung ausbreitete.
    »Ja, selbstverständlich«, antwortete ich. Ich erhob mich und tastete nach einem Zettel in meiner Hosentasche, jedoch ohne Erfolg. »Ich kenne die Maße auswendig«, sagte ich und setzte mich wieder.
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Das Rad misst genau sechs Ellen im Durchmesser und ist etwa einen Schuh breit«, diktierte ich.
    Fürstenrieth schaute mich ungläubig an.

114
    Cassel, 1721
    Orffyreus schritt durch die leeren Räume des Appartements in der Oberneustadt.
    Es hatte immer lange gedauert, bis er sich irgendwo heimisch fühlte, in diesem Haus war es jedoch sofort der Fall gewesen. Gute Jahre hatten er und seine Familie in Cassel verbracht, und so verließ er die Stadt nur schweren Herzens. Er fühlte sich ähnlich leer wie die Zimmer, die er noch einmal ablief, um sicherzugehen, dass sie nichts zurückgelassen hatten.
    Im Arbeitszimmer blieb er abrupt stehen. Mitten im Raum stand das Perpetuum mobile, das er anlässlich der Wette gefertigt hatte.
    Orffyreus war verwundert, denn er erinnerte sich genau, was damals geschehen war: Am vierundfünfzigsten Tag nach Beginn der Wette hatte er es auf Geheiß des Landgrafen angehalten. Der Landgraf wollte den Winter nutzen, um das Gemach im Schloss, in dem die Maschine lief, zu renovieren. Daraufhin baute Orffyreus mit seinen Burschen das Rad ab und trug die Einzelteile in den Hof. Dort zerschlug er alles mit einer Axt und überließ die Holzreste dem Hofmeister zum Heizen.
    Umso erstaunter war er, es jetzt und hier unversehrt vorzufinden. Vorsichtig machte er einen Schritt auf das Rad zu. Es drehte sich, doch sehr viel langsamer als normalerweise. Da es eigentlich viel zu groß für das Zimmer war, befürchtete er, dass es in der Bewegung seitlich an die Wände anschlug, doch es passte gerade eben hinein. Er blieb stehen und lauschte den acht Gewichten. Über die Jahre waren ihm die Geräusche, die sein Rad von sich gab, vertraut geworden. Wie der ruhige und gleichmäßige Atem von Barbara, wenn sie nachts neben ihm im Bett schlief, erfüllten das Schnarren des Rades und das rhythmische Geräusch der hinabfallenden Gewichte ihn mit tief empfundener Geborgenheit.
    Er legte den Kopf zur Seite, schloss die Augen und horchte. Ganz langsam ging er näher an das Rad heran, die Lider immer noch fest geschlossen. Der Klang des Rades wurde lauter. Schließlich stand er genau vor dem Rad. Bedächtig streckte er die Hand aus, um es zu berühren. Doch er spürte nichts. Er beugte sich nach vorn: Aber dort, wo er das Rad vermutete, griff er in die Luft. Erschrocken riss er die Augen auf. Vor ihm war nichts als das leere Arbeitszimmer zu sehen.
    »Kommt schnell, Eurer Ehefrau geht es nicht gut!«, rief eine Stimme hinter ihm. Es war sein Kutscher Gilbert, der unten auf die Abfahrt wartete.
    Sofort wandte Orffyreus sich um und rannte eiligen Schrittes zur Tür. Im Flur warf er noch einmal einen Blick zurück in das Zimmer, in dem er eben gestanden hatte.
    Es war leer.

115
    Als wir aus dem Treppenhaus der Patentanwaltskanzlei auf den Bürgersteig traten, regnete es. In der Tasche fühlte ich mit meiner Hand nach der Eingangsbestätigung. Meine Patentanmeldung war beim Patent-und Markenamt in München elektronisch eingegangen und dort unter dem Aktenzeichen 102012005658.2 registriert worden. Die Erleichterung des Patentanwalts, als wir mit der Anmeldung fertig waren und seine Kanzlei endlich verließen, war spürbar gewesen.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte David.
    »Wir fahren zunächst zurück in die Hütte in den Wald, und dort besprechen wir alles Weitere«,

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