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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Stadtmauer zufuhren. Hier und da zierten die Ketten der Händlergilde von Kandor eine Brust, oder eine Arafelerin trug Glöckchen in ihrem Haar, wurde ein Männerohr von einem Rubin geschmückt oder eine Frauenbrust von einer Perlenbrosche, aber im Großen und Ganzen war die Kleidung der Händler so unauffällig wie ihr Benehmen. Ein Händler, der damit prahlte, dass er zu viel Profit einstrich, musste feststellen, dass es ihm schwerfiel, gute Geschäfte zu machen.
    Im Gegensatz dazu protzten die Bauern mit ihrem Erfolg, wenn sie in die Stadt kamen. Bunte Stickereien zierten die Pluderhosen der Männer vom Land und auch die Kleidung der Frauen, deren Umhänge im Wind wehten. Manche trugen bunte Bänder im Haar, andere schmale Pelzkragen. Sie hätten für die bevorstehenden Bel-Tine-Feste und Tanzvergnügen gekleidet sein können. Aber die Landbevölkerung musterte Fremde so argwöhnisch wie jeder Wächter, musterte sie und hob Speere oder Äxte und hastete weiter. Es waren unruhige Zeiten in Kandor, vielleicht überall in den Grenzlanden. Im vergangenen Jahr hatten sich Straßenräuber wie Unkraut vermehrt, und aus der Großen Fäule drohten mehr Gefahren denn je. Gerüchte sprachen sogar von einem Mann, der die Eine Macht lenken konnte, aber solche Gerüchte gab es häufig.
    Lan führte Katzentänzer in Richtung Canluum und schenkte den Blicken, die er und sein Begleiter auf sich zogen, genauso wenig Beachtung wie Bukamas finsteren Blicken und seinem Nörgeln. Seinem ganzen Gerede von einer Pause zum Trotz war Bukama desto unausstehlicher geworden, je länger sie im Süden geblieben waren. Diesmal galt sein Gemurre einem an einem Stein angeschlagenen Huf, der ihn zwang, zu Fuß zu gehen.
    Sie erregten Aufmerksamkeit, zwei hochgewachsene Männer in zerrissener und schmutziger Reisekleidung, die ihre Reittiere und ein Packpferd mit zwei brüchigen Weidenkörben an den Zügeln führten. Allerdings waren Zaumzeug und Waffen gut gepflegt. Ein junger Mann und ein alter, deren schulterlanges Haar von einem geflochtenen Lederband um die Schläfen gehalten wurde. Hadori zogen Blicke auf sich. Besonders hier in den Grenzlanden, wo die Leute eine ungefähre Vorstellung hatten, was sie bedeuteten.
    »Narren«, sagte Bukama knurrend. »Halten sie uns für Straßenräuber? Glauben sie, wir würden sie alle ausrauben, zur Mittagsstunde auf einer belebten Straße?« Er sah sich finster um und rückte das Schwert an seiner Seite auf eine Art und Weise zurecht, die von einigen Kaufmannswächtern argwöhnische Blicke auf sich zog. Ein stämmiger Bauer lenkte seinen Ochsenkarren in weitem Bogen um sie herum.
    Lan schwieg. Malkieri, die noch immer den Hadori trugen, haftete nach wie vor ein gewisser Ruf an, wenn auch nicht der eines Straßenräubers, aber Bukama daran zu erinnern würde ihn tagelang in noch finsterere Stimmung versetzen. Sein Murmeln wendete sich jetzt dem Thema zu, wie ihre Chancen standen, ein sauberes Bett für die Nacht und eine anständige Mahlzeit davor zu bekommen. Bukama erwartete wenig und vertraute auf noch weniger.
    Lan dachte trotz der Strecke, die sie zurückgelegt hatten, weder an Essen noch an Unterkunft. Seine Gedanken kreisten unablässig um den Norden. Er war sich allem und jedem um sich herum bewusst, vor allem jenen, die ihm mehr als nur einen Blick zuwarfen; er hörte das Klirren von Zaumzeug und das Ächzen der Sättel, das Pochen der Hufe und das Klatschen der Wagenplanen in lockeren Ösen. Jedes außergewöhnliche Geräusch fiel ihm auf wie ein Schrei. Lan blieb wachsam, aber die Große Fäule lag im Norden, Meilen jenseits der Berge, und doch konnte er sie spüren, roch den Pesthauch des Verderbens.
    Das lag zwar nur an seiner Einbildung, war deshalb aber nicht weniger real. Er hatte den Sog im Süden gespürt, in Cairhien und Andor, sogar in Tear, das fast fünfhundert Meilen entfernt lag. Zwei Jahre war er fern der Grenzlande gewesen, hatte den persönlichen Krieg zugunsten eines anderen aufgegeben, doch jeden Tag war der Sog stärker geworden. Er hätte nie zulassen dürfen, dass Bukama ihn zum Warten überredete, dass der Süden ihn verweichlichte. Die Aiel hatten wenigstens geholfen, dass er auf den Zehenspitzen blieb.
    Für die meisten Menschen bedeutete die Große Fäule den Tod. Tod und den Schatten, ein verrottendes Land, das vom Atem des Dunklen Königs gestreift worden war, wo alles tödlich sein konnte, ein Insektenbiss, der Stich des falschen Dorns, die Berührung eines verkehrten

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