Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
unerbittliche Grimmigkeit, die eingemeißelt zu sein schien. Moiraine konnte ihr fast auf gleicher Höhe in die Augen blicken. In harte Augen.
Ihr Mund fühlte sich trocken an, und sie bemühte sich, nicht vor einer Kälte zu frösteln, die plötzlich schlimmer erschien als die in der Mitte des Winters, aber schnelle Entspannungsübungen schafften es nicht, für die nötige Gelassenheit zu sorgen. Das Getuschel über Sierin hatte ihr viele Informationen über die neue Amyrlin geliefert. Eine Tatsache wurde in diesem Augenblick zur nachhaltigen Gewissheit. Für Sierin war ihre eigene Ansicht über das Gesetz das Gesetz, und zwar ohne einen Funken Gnade darin. Oder in ihr.
»Mutter, ich bitte darum, von meinen Pflichten bei der Verteilung des Geburtsgelds entbunden zu werden.« Ihre Stimme war ruhig, dem Licht sei Dank. »Die Schreiberinnen arbeiten so schnell sie können, aber sie jeden Tag Aufstellung nehmen zu lassen, um durch eine Schwester bestätigen zu lassen, was sie getan haben, beraubt sie nur Stunden, die sie arbeiten könnten.«
Sierin schürzte die Lippen, als hätte sie auf eine saure Dattel gebissen. »Ich würde die Auszahlung dieses albernen Geburtsgelds sofort beenden, wenn es die Burg nicht in einem schlechten Licht erscheinen lassen würde. Eine lächerliche Geldverschwendung. Nun gut; die Schreiberinnen dürfen ihre Papiere einer anderen zur Unterschrift vorlegen. Vielleicht einer Braunen. Ihnen gefallen solche Arbeiten.« Moiraines Herz tat einen Sprung, bevor die Amyrlin hinzufügte: »Ihr werdet natürlich in Tar Valon bleiben. Wie Ihr wisst, werden wir Euch bald brauchen.«
»Wie Ihr befehlt, Mutter«, erwiderte Moiraine, der das Herz nun nach kurzem Höhenflug ganz tief rutschte. Sie machte noch einen tiefen Knicks und küsste erneut den Ring der Amyrlin. Bei einer Frau wie Sierin war es besser, kein Risiko einzugehen.
Siuan wartete in ihren Gemächern, als sie zurückkam. Ihre Freundin beugte sich erwartungsvoll vor und sah sie fragend an.
»Ich bin das Geburtsgeld los, aber man hat mir befohlen, in Tar Valon zu bleiben. ›Wie Ihr wisst, werden wir Euch bald brauchen.‹« Sie hielt es für eine gelungene Imitation von Sierins Stimme, wenn auch etwas durch Bitterkeit getrübt.
»Fischscheiße!«, murmelte Siuan und lehnte sich zurück. »Was wirst du jetzt tun?«
»Ich werde einen Ausritt machen. Du weißt, wo ich bin, in welcher Reihenfolge.«
Siuan stockte der Atem. »Das Licht beschütze dich«, sagte sie nach einer Weile.
Es war sinnlos, es hinauszuzögern, also zog Moiraine ein Reitkleid an, und Siuan half ihr, damit es schneller ging. Das Kleid war passenderweise dunkelblau; ein paar silberne Ranken kletterten die Ärmel nach oben, um schließlich den hohen Kragen zu umringen. All ihre dunkelsten Kleidungsstücke waren verziert, aber sie war zu der Erkenntnis gekommen, dass etwas Nadelarbeit nicht schaden konnte. Sie ließ die zusammengefaltete Stola in dem hohen Kleiderschrank zurück, nahm einen mit schwarzem Fuchs gefütterten Umhang und steckte ihre Haarbürste und den Kamm in eine der kleinen Innentaschen, die die Umhangschneiderin angebracht hatte, und das Nähzeug in eine andere. Sie nahm ihre Reithandschuhe, umarmte Siuan und eilte hinaus. Ein langer Abschied hätte nur zu Tränen geführt, und das konnte sie nicht riskieren.
Schwestern im Korridor warfen ihr Blicke zu, als sie vorbeiging, aber die meisten schienen nur ihre eigenen Angelegenheiten im Kopf zu haben, obwohl sowohl Kairen wie auch Sheriam die Meinung äußerten, dass es ein kühler Tag für einen Austritt sei. Nur Eadyth sagte mehr, sie hielt sie mit einer zur Hälfte gehobenen Hand auf und musterte sie auf eine Weise, die an Lelaine erinnerte.
»Ich fürchte, zerstörte Bauernhöfe und Dörfer werden wohl kaum für einen belebenden Ausritt sorgen«, sagte die weißhaarige Schwester.
»Sierin hat mir befohlen, in Tar Valon zu bleiben«, erwiderte Moiraine, das Gesicht eine perfekte Aes-Sedai-Maske, »und ich glaube, sie könnte es als Ungehorsam betrachten, wenn ich eine der Brücken für ein paar Stunden überquere.«
Einen Augenblick lang spannten sich Eadyths Lippen, so kurz, dass sich Moiraine es möglicherweise nur eingebildet hatte. Offensichtlich hatte Eadyth aus ihrer Erwiderung Sierins Enthüllung der Pläne herausgelesen, und sie war nicht erfreut. »Moiraine, die Amyrlin kann schrecklich zu jemandem sein, der sich ihren Wünschen auch nur auf die kleinste Weise widersetzt.«
Moiraine
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