Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)
Bukama finden«, sagte eine vertraute Männerstimme trocken hinter Lan. »Und für dich auch, schätze ich.«
Lan drehte sich um und umklammerte die Unterarme des außer Bukama einzigen Mannes im Raum, dessen Größe sich mit seiner messen konnte, Ryne Venamar, nach Bukama sein ältester Freund. Die Wirtin belegte Bukama weiterhin mit Beschlag, während Ryne Lan zu einem kleinen Tisch in der Ecke führte. Der fünf Jahre ältere Ryne war ebenfalls ein Malkieri, hatte sein Haar aber zu zwei mit Glöckchen geschmückten Zöpfen geflochten. Glöckchen zierten die umgeschlagenen Stulpen seiner Stiefel und die Ärmel seines gelben Mantels. Es war nicht so, dass Bukama Ryne nicht leiden konnte – nicht unbedingt jedenfalls –, aber in seiner derzeitigen Gemütsverfassung hätte nur Nazar Kurenin eine schlimmere Wirkung auf ihn haben können.
Während die beiden es sich auf den Bänken gemütlich machten, kam eine Dienstmagd in einer gestreiften Schürze und brachte heißen gewürzten Wein. Offenbar hatte Ryne in dem Moment bestellt, als er Lan sah. Die junge Frau hatte dunkle Augen und volle Lippen und starrte Lan unverhohlen von oben bis unten an, als sie den Krug vor ihn hinstellte, dann flüsterte sie ihm ihren Namen ins Ohr, Lira, und eine Einladung, falls er die Nacht über bleiben wolle. In dieser Nacht wollte er nur schlafen, daher murmelte er, dass sie ihm zu viel der Ehre erweise. Lira ließ ihn nicht zu Ende sprechen. Mit einem rauen Lachen bückte sie sich und biss ihn fest ins Ohr.
»Bis Morgen«, verkündete sie mit kehliger Stimme und dann vernehmlich, »werde ich Euch so viel Ehre erwiesen haben, dass Euch Eure Beine nicht mehr tragen werden.« An den Tischen ringsum wurde erneut Gelächter laut.
Ryne vereitelte jede Möglichkeit, die Angelegenheit zu bereinigen, indem er ihr eine Münze zuwarf und einen Klaps auf den Hintern gab, um sie loszuwerden. Lira schenkte ihm ein schelmisches Lächeln, als sie die Silbermünze in den Ausschnitt ihres Kleids schob, warf Lan aber über die Schulter lüsterne Blicke zu, die ihm einen Seufzer entlockten. Wenn er jetzt versuchte, Nein zu sagen, konnte es gut sein, dass sie wegen der Beleidigung ein Messer zückte.
»Demnach scheint dein Glück bei Frauen auch ungebrochen zu sein.« Rynes Lachen hatte einen gereizten Unterton. Vielleicht hatte er selbst ein Auge auf sie geworfen. »Das Licht weiß, hübsch können sie dich nicht finden; du wirst mit jedem Jahr hässlicher. Vielleicht sollte ich es einmal mit dieser züchtigen Bescheidenheit versuchen und mich von den Frauen an der Nase herumführen lassen.«
Lan machte den Mund auf, trank dann aber statt einer Erwiderung etwas Wein. Es hätte eigentlich nicht nötig sein sollen, ihm das zu erklären, aber bei Ryne kam jede Erklärung sowieso zu spät. Sein Vater hatte ihn in dem Jahr, als Lan zehn geworden war, mit nach Arafel genommen. Der Mann trug eine einzige Klinge an der Hüfte statt zweien auf dem Rücken, und doch war er ein Arafeler vom Scheitel bis zur Sohle. Er fing sogar Unterhaltungen mit Frauen an, die ihn nicht zuvor angesprochen hatten. Lan, der von Bukama und seinen Freunden in Shienar großgezogen worden war, war von einer kleinen Gemeinschaft umgeben gewesen, die die Bräuche der Malkieri in Ehren hielt. Falls Lira in dieser Nacht sein Bett teilen würde, was als sicher erschien, würde sie entdecken, dass nichts Schüchternes oder Zurückhaltendes an ihm war, sobald er im Bett lag, aber die Frau entschied, wann sie sich in dieses Bett legte und es wieder verließ.
Eine ganze Anzahl von Leuten in dem Raum beobachteten ihren Tisch, verstohlene Blicke über Krügen und Kelchen. Eine mollige Frau mit kupferfarbener Haut, die ein viel dickeres Wollkleid anhatte, als Domani-Frauen es für gewöhnlich trugen, unternahm keinen Versuch, ihre Blicke zu verbergen, während sie sich aufgeregt mit einem Mann mit gezwirbeltem Schnurrbart und einer großen Perle im Ohr unterhielt. Wahrscheinlich fragten sie sich, ob es wegen Lira Ärger geben würde. Fragten sich, ob ein Mann, der den Hadori trug, wirklich ohne Weiteres jemanden töten würde.
»Ich hatte nicht erwartet, dich in Canluum zu finden«, sagte Lan und stellte den Weinkrug ab. »Beschützt du einen Kaufmannszug?« Bukama und die Wirtin waren nirgends zu sehen.
Ryne zuckte mit den Schultern. »Aus Shol Arbela. Der glücklichste Händler in Arafel, heißt es. Hieß es. Viel hat es ihm nicht genützt. Wir sind gestern angekommen, und vergangene
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