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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Sie blickte nach oben; das ständige Kämmen mit den Fingern hatte ihr Haar durcheinandergebracht. »Wir haben noch genug Zeit.«
    Moiraine schaute ebenfalls nach der Sonne, die tief im Westen stand, und sie war sich nicht so sicher. Zurück zur Burg waren es sechs Meilen, und die letzten führten durch Straßen, die gegen Abend genauso dicht bevölkert sein würden wie am Morgen. Entschuldigungen würden kein Gehör finden.
    Steler öffnete stirnrunzelnd den Mund, aber plötzlich stand die Frau mit dem faltigem Gesicht, die ihnen Wein gebracht hatte, zusammen mit sechs oder sieben anderen, die alle grauhaarig oder zumindest am Ergrauen waren, direkt vor ihm und drängten ihn zurück. »Ihr lasst diese Mädchen in Ruhe«, schrie ihn die schlanke Frau an. »Habt Ihr verstanden?«
    Aus allen Richtungen kamen mehr Frauen herbeigelaufen, bis Steler und seine Burgwächter von der mindestens aus zehn Reihen bestehenden Menge völlig umzingelt waren. Die Hälfte der Frauen schien zu brüllen und mit den Fäusten zu drohen, während der Rest in mürrischem Schweigen finster dreinblickte und die Griffe ihrer Gürteldolche hielt. Wieder verstummten die Ambosse; die Schmiede beobachteten die Frauen genau und hielten ihre Hämmer bereit. Junge Männer, eigentlich noch Jungen, fingen an, sich wütend zusammenzurotten. Einige hatten die Gürtelmesser gezückt. Beim Licht, sie würden einen Aufruhr bekommen.
    »Schreib!«, befahl Siuan. »Sie werden ihn nicht lange aufhalten. Euer Name?«, begehrte sie von der Frau vor sich zu wissen.
    Moiraine schrieb. Die Frauen, die darauf warteten, ihre Namen zu hinterlassen, schienen Siuans Meinung zu sein. Es gab keinen Streit mehr. Mittlerweile kannten alle die Fragen und spuckten die Antworten förmlich aus, sobald sie vor ihr standen, einige sogar so schnell, dass sie sie bitten musste, noch einmal von vorn anzufangen. Als sich Steler und seine Männer endlich einen Weg durch die Menge der Frauen gebahnt hatten, ohne etwas zu tun, das die Männer und Jungen im Lager auf den Plan gerufen hätte, blies Moiraine auf den letzten Namen, um die Tinte zu trocknen, und Siuan richtete hastig ihr Haar mit ihrem Schwarzholzkamm.
    Das Gesicht des Bannerträgers hinter den Stahlstangen seines Gesichtsvisiers war grimmig, aber er sagte bloß: »Jetzt brauchen wir aber etwas Glück.«
    Er führte sie im Trab aus dem Lager, die Hufe der Pferde ließen Schneebrocken zur Seite spritzen, und Siuan hüpfte so schlimm auf ihrem Sattel herum, dass er zwei Männer an ihre Seite abkommandierte, die darauf achteten, dass sie nicht herunterfiel. Sie klammerte sich verzweifelt an dem hohen Sattelknauf fest und sah sie finster an, aber sie schickte sie nicht weg. Moiraine fiel ein, dass Siuan nie um die Salbe gebeten hatte; jetzt würde sie sie dringender als je zuvor brauchen. Nach einer halben Meile verlangsamte Steler auf Schritttempo, aber nur für eine weitere halbe Meile, und dann ging es wieder im Trab weiter. Aber die beiden Soldaten hielten Siuan im Sattel fest. Moiraine wollte protestieren, aber ein Blick in Siuans entschlossenes Gesicht – und ein weiterer auf den Sonnenstand – ließ sie schweigen. Siuan würde Tage brauchen, um ihr zu verzeihen, wenn sie die Aufmerksamkeit darauf lenkte, wie schlecht sie ritt. Sie würde ihr aber vermutlich niemals vergeben, wenn man sie ihretwegen in Mereans Arbeitszimmer rief, weil sie zu spät kamen.
    Dieses Tempo behielt Steler den ganzen Weg zur Stadt bei, Trab, dann Schritt, Trab, dann Schritt, und Moiraine vermutete, dass er es auch weiterhin getan hätte, wären die Straßen nicht so überfüllt gewesen. In der Menge kamen sie bestenfalls im Schritttempo voran. Als sie den Hof des Weststalls erreichten, war die Sonne eine niedrige rotgoldene Kuppel auf den Mauern des Burggeländes. Stallfrauen eilten herbei, um Pfeil und Siuans Pferd entgegenzunehmen, zusammen mit einem mürrisch dreinblickenden jungen Unterleutnant, der Steler finster anschaute, noch während er den Gruß des Bannerträgers erwiderte, einen über die Brust gelegten Arm.
    »Ihr seid die Letzten«, knurrte er und klang, als suchte er eine Ausrede, jeden anzubrüllen, der ihm gerade über den Weg lief. »Haben sie Ärger gemacht?«
    Moiraine half der stöhnenden Siuan vom Pferd und hielt den Atem an.
    »Sie waren wie die Lämmchen«, erwiderte Steler, und sie atmete aus. Der Bannerträger saß ab und wandte sich seinen Männern zu. »Ich will, dass die Pferde abgerieben werden, bevor jemand auch

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