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Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 0. Das Original: Der Ruf des Frühlings. Die Vorgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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missfiel, ignorierten das nur Narren. Die Schwestern behaupteten, dass die Frauen, die fortgeschickt wurden, praktisch aufhörten, Saidar zu berühren, aus Angst, die Einschränkungen der Burg versehentlich zu übertreten, aber diese Ekstase aufzugeben lag jenseits ihres Vorstellungsvermögens. Sie wusste, dass sie das niemals tun würde, ganz egal, was auch geschah. Ihr kam ein anderer Gedanke, der scheinbar nichts damit zu tun hatte. Auch wenn sie die Prüfung nicht bestand, würde sie noch immer Moiraine Damodred sein, Abkömmling eines mächtigen, wenn auch schlecht beleumundeten Hauses. Zweifellos würden ihre Güter Jahre brauchen, um sich von den Verwüstungen der Aiel zu erholen, aber sicherlich würden sie noch immer ein ordentliches Einkommen bieten.
    Ein dritter Gedanke, und alles kam zusammen, so offensichtlich, dass sie die ganze Zeit auf einer tieferen Ebene bestimmt darüber nachgedacht hatte. In ihrer Gürteltasche steckte noch immer das Buch mit seinen Hunderten von eingetragenen Namen. Selbst wenn sie versagte, konnte sie die Suche nach dem Jungen trotzdem aufnehmen. Natürlich barg das Gefahren. Die Weiße Burg war alles andere als erfreut, wenn sich Außenseiter in ihre Angelegenheiten einmischten, und sie würde dann eine Außenseiterin sein. Herrscher hatten es bitter bereut, wenn sie sich in die Pläne der Burg eingemischt hatten. Wie viel schlimmer musste es für eine junge Verstoßene sein, wie mächtig ihr Haus auch sein mochte? Egal. Was geschehen würde, würde geschehen.
    »Das Rad webt, wie es das Rad will«, murmelte sie, was ihr einen scharfen Seitenblick von Merean eintrug. Das Ritual war alles andere als kompliziert, aber es musste eingehalten werden. Dass sie vergessen hatte, dass sie schweigen musste, sobald sie unterhalb der Oberfläche war, sagte wenig über ihre Chancen bei der eigentlichen Prüfung aus.
    Es war sehr seltsam. Sie wollte unbedingt eine Aes Sedai sein, das war ihr wichtiger als ihr Leben, aber das Wissen, dass sie, ganz egal, was hier unten auch passierte, die Suche aufnehmen konnte, das Wissen, dass sie es tun würde, ließ den Trommelwirbel in ihrem Kopf verstummen. Es ließ sogar den Eisklumpen in ihrem Inneren schrumpfen. Jedenfalls ein kleines Stück. So oder so, in ein paar Tagen würde sie sich auf die Suche begeben. Mochte das Licht dafür sorgen, dass sie es als Aes Sedai tun würde.
    Die hohen Gänge, durch die Merean sie führte und die aus dem Felsen der Insel gehauen worden und so breit wie alle anderen der Burg waren, wurden von Lampen erhellt, die hoch oben an den hellen Wänden in Eisenklammern steckten, aber viele kreuzende Korridore lagen in Dunkelheit gehüllt oder wiesen nur in weiten Abständen voneinander befestigte Lampen auf, die für kleine, einsame Lichtkreise sorgten. Auf dem glatten Steinboden lag nicht eine Staubflocke. Der Weg war für sie vorbereitet worden. Die Luft war kühl und trocken, und abgesehen von dem leisen Schaben ihrer Slipper herrschte Stille. Abgesehen von Lagerräumen auf den höchsten Ebenen wurden diese Kellergewölbe nur selten benutzt, und alles war schlicht und schmucklos. Die Korridore wurden von dunklen Holztüren gesäumt, die alle geschlossen und, je tiefer sie kamen, sicher verriegelt waren. Hier unten wurden viele Dinge vor neugierigen Blicken verborgen. Was hier unten getan wurde, war ebenfalls nicht für die Augen von Außenseitern bestimmt.
    Auf der untersten Ebene blieb Merean vor einer Flügeltür stehen, die größer als alle anderen war, an denen sie vorbeigekommen waren, so hoch und breit wie ein Festungstor, aber auf Hochglanz poliert und ohne Eisenbeschläge. Die Aes Sedai ergriff die Macht, und Stränge aus Luft stießen die Türen lautlos in ihren gut geölten Angeln auf. Moiraine holte tief Luft und folgte ihr in einen großen runden Raum mit einer Kuppeldecke, der mit Kandelabern gesäumt war. Ihr Licht wurde von den glänzenden weißen Steinwänden reflektiert und blendete nach der vergleichsweise schwachen Beleuchtung der Gänge.
    Blinzelnd richtete sich ihr Blick sofort auf den Gegenstand in der Mitte der Kuppel, einen großen ovalen Ring, oben und unten recht schmal, dessen Rahmen kaum dicker als ihr Oberarm war. Über eine Spanne hoch und bestenfalls einen Schritt breit funkelte er im Lampenlicht, zuerst silbern, dann golden oder grün oder blau oder in einem Strudel aus allen Farben, niemals auch nur länger als einen Augenblick lang gleich, und er stand – scheinbar eine Unmöglichkeit

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