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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Haar bis zu den runden
Wangen war es glatt wie eine Eierschale. Rand verschluckte sich und
verschüttete Milch.
    Rand ließ den Krug fallen und trat
vorsichtig zurück. Er wollte rennen, aber alles, was er fertig brachte, war,
seine Füße zu einem zögernden Schritt nach dem anderen zu bewegen. Er konnte
sich nicht von diesem augenlosen Gesicht befreien; sein Blick wurde davon
angezogen, und sein Magen drehte sich um. Er versuchte, um Hilfe zu rufen, zu
schreien, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Jeder raue Atemzug schmerzte.
    Der Blasse glitt ohne Eile näher. Seine
Schritte zeigten eine sinnlich tödliche Eleganz, wie bei einer Schlange, wobei
die Ähnlichkeit noch durch die überlappenden Schuppen des Brustpanzers betont
wurde. Dünne, blutleere Lippen verzogen sich in einem grausamen Lächeln. »Wo
sind die anderen? Ich weiß, dass sie hier sind. Rede, Junge, und ich werde dich
am Leben lassen.« Gegen diese Stimme wirkte Bornhalds Stimme warm und sanft.
    Rands Rücken berührte Holz, eine Wand
oder eine Tür; er konnte sich nicht dazu bringen, sich danach umzusehen. Nun,
da seine Füße einmal stehen geblieben waren, konnte er sie nicht wieder zum
Gehen bringen. Er schauderte und beobachtete, wie der Myrddraal näher glitt. Bei
jedem langsamen Schritt wurde sein Zittern stärker.
    Â»Sprich, sage ich, oder …«
    Von oben kam das schnelle Trampeln von
Stiefeln, von der Treppe weiter hinten im Flur her, und der Myrddraal
verstummte und wirbelte herum. Der Umhang hing bewegungslos herunter. Einen
Augenblick lang beugte der Blasse den Kopf zur Seite, als könne dieser
augenlose Blick die Holzwand durchbohren. Ein Schwert erschien in der
totenblassen Hand. Die Schneide war genauso schwarz wie der Umhang. Das Licht
im Flur trübte sich in der Gegenwart dieser Klinge. Das Stiefelgetrampel wurde
lauter, und der Blasse fuhr mit einer knochenlos weichen Bewegung wieder zu
Rand herum. Die schwarze Klinge hob sich; dünne Lippen zogen sich in einem
tierischen Knurren hoch. Zitternd wurde Rand klar, dass er sterben musste.
Mitternachtsstahl zuckte auf seinen Kopf zu … und verhielt.
    Â»Du gehörst dem Großen Herrn der
Dunkelheit an.« Das von rauem Atmen durchsetzte Krächzen dieser Stimme klang,
als kratzten Fingernägel über eine Schieferplatte. »Du gehörst ihm.«
    Der Blasse wirbelte verschwommen schwarz
herum und eilte den Flur hinunter – weg von Rand. Die Schatten am Ende des
Flurs streckten Arme aus und zogen ihn an sich, und dann war er verschwunden.
    Lan sprang die letzten Stufen herunter
und landete mit einem Krachen, das Schwert in der Hand.
    Rand rang um Worte. »Ein Blasser«,
keuchte er. »Er war …«
    Plötzlich erinnerte er sich an sein
Schwert. Solange der Myrddraal ihm gegenübergestanden hatte, war ihm dieser
Gedanke überhaupt nicht gekommen. Nun zog er unbeholfen die Klinge mit dem
Reiherzeichen heraus, und es war ihm gleich, ob es nun zu spät war. »Er ist
dort hinunter gerannt!«
    Lan nickte abwesend; er schien nach etwas
anderem zu lauschen. »Ja. Es verschwindet langsam. Keine Zeit zur Verfolgung.
Wir reisen ab, Schafhirte.«
    Weitere Stiefel polterten die Treppe
herunter: Mat und Perrin und Thom mit Decken und Satteltaschen beladen. Mat
hatte den Bogen quer unter den Arm geklemmt.
    Â»Abreisen?«, fragte Rand. Er steckte das
Schwert wieder in die Scheide und nahm Thom seine Sachen ab. »Jetzt? In der
Nacht?«
    Â»Willst du warten, bis der Halbmensch
zurückkommt, Schafhirte?«, erwiderte der Behüter ungeduldig. »Auf ein halbes
Dutzend von ihnen? Es weiß jetzt, wo wir sind.«
    Â»Ich werde wieder mit Euch reiten«, sagte
Thom zu dem Behüter, »falls Ihr nichts dagegen habt. Zu viele Leute erinnern
sich daran, dass ich mit Euch gekommen bin. Ich fürchte, noch vor Anbruch des
Tages wird es sich als schlecht erweisen, als Euer Freund zu gelten.«
    Â»Ihr könnt mit uns oder auch zum Shayol
Ghul reiten, Gaukler.« Lans Scheide dröhnte, so heftig rammte er sein Schwert
hinein.
    Ein Stallbursche rannte von der Hintertür
her an ihnen vorbei, und dann erschien Moiraine mit Meister Fitch und dahinter
Egwene mit ihrem zusammengerollten Schultertuch auf den Armen. Und Nynaeve.
Egwene schien den Tränen nahe, doch das Gesicht der Dorfheilerin war eine Maske
aus beherrschtem Zorn.
    Â»Ihr müsst das ernst nehmen«, sagte
Moiraine

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