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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Schwert so verkrampft, dass seine Knöchel
schmerzten. Sein Mund war ausgetrocknet, und da half auch kein Schlucken. Mat
erhob sich zu einer gebückten Haltung und hatte eine Hand unter seinem Umhang.
    Der Mann kam näher, und mit jedem Schritt
schnürte es Rand die Kehle noch mehr zusammen. Plötzlich blieb der Mann stehen
und warf seine Kapuze zurück. Rands Knie wurden ganz weich. Es war Thom.
    Â»Also, wenn Ihr mich schon nicht
erkennt«, bemerkte der Gaukler grinsend, »dann ist die Verkleidung auch gut
genug für die Torwächter.«
    Thom streifte an ihnen vorbei und begann,
Sachen aus seinem mit Flicken besetzten Umhang in seinen neuen zu stecken, und
zwar so geschickt, dass Rand nichts davon erkennen konnte. Der neue Umhang war
dunkelbraun, das konnte Rand jetzt sehen. Er atmete tief, wenn auch stockend;
seine Kehle schien immer noch von einer Faust umklammert zu werden. Braun und
nicht schwarz. Mat hatte immer noch die Hand unter seinem Umhang, und er
starrte Thoms Rücken an, als dächte er tatsächlich daran, den verborgenen Dolch
zu gebrauchen.
    Thom sah zu ihnen hoch und blickte sie dann
etwas schärfer an. »Das ist der falsche Zeitpunkt, um überängstlich zu werden.«
Entschlossen machte er sich daran, seinen alten Umhang um die
Instrumentenkästen zu wickeln, natürlich mit der Innenseite nach außen, sodass
die Flicken verborgen waren. »Wir werden hier einer nach dem anderen
hinausgehen, dicht genug, um uns gegenseitig im Auge zu behalten. Auf diese Art
wird man uns kaum bemerken. Kannst du nicht etwas gebückter laufen?«, fügte er,
an Rand gewandt, hinzu. »Deine Größe ist genauso schlimm, als trügen wir eine
Flagge mit herum.« Er hievte das Bündel auf seinen Rücken und stand auf, wobei
er seine Kapuze wieder hochzog. Er sah überhaupt nicht wie ein weißhaariger
Gaukler aus. Er war nur irgendein Reisender von vielen, ein Mann, der zu arm
war, um sich ein Pferd zu leisten, geschweige denn einen Wagen. »Gehen wir. Wir
haben schon zu viel Zeit verschwendet.«
    Rand stimmte leidenschaftlich zu, aber
trotzdem zögerte er, bevor er aus der Gasse auf den Platz trat. Keiner der
wenigen über den Platz verstreuten Menschen schenkte ihnen besondere
Aufmerksamkeit. Die meisten sahen überhaupt nicht her, doch seine Schultern
verkrampften sich, und er wartete auf den Schrei ›Schattenfreund‹, der
gewöhnliche Menschen in einen wilden, mordlüsternen Mob verwandeln konnte. Er
ließ den Blick über den Platz schweifen, über die Menschen, die ihren täglichen
Geschäften nachgingen, und als er sich wieder auf ihre nächste Umgebung
konzentrierte, hatte ein Myrddraal bereits den halben Platz überquert. Er hatte
nicht die geringste Ahnung, wo der Blasse hergekommen war, aber er schritt
tödlich langsam auf die drei zu, ein Raubtier, das die Beute im Blick hatte.
Die Menschen traten vor der schwarz gekleideten Gestalt zurück und vermieden
es, sie anzublicken. Der Platz leerte sich rasch, als ob die Leute zu der
Auffassung kamen, dass sie anderswo benötigt wurden.
    Die schwarze Kapuze ließ Rand auf dem
Fleck erstarren. Er bemühte sich, das Nichts heraufzubeschwören, aber es war,
als griffe er nach Rauch. Der verborgene Blick des Blassen schnitt in seine
Knochen und ließ sein Mark zu Eis gefrieren.
    Â»Sieh sein Gesicht nicht an«, zischte
Thom. Seine Stimme schwankte und klang, als zwinge er die Worte aus sich
heraus. »Das Licht soll dich verbrennen – sieh sein Gesicht nicht an!«
    Rand riss den Blick los – er ächzte
beinahe; es war ein Gefühl, als reiße er sich einen Blutegel vom Gesicht –,
aber auch wenn er die Steinplatten des Platzes anstarrte, konnte er den
Myrddraal kommen sehen, eine Katze, die mit Mäusen spielt, sich über ihre
schwächlichen Fluchtversuche amüsiert, bis schließlich die Kiefer zuschnappten.
»Sollen wir bloß hier herumstehen?«, murmelte er. »Wir müssen rennen …
entkommen.« Aber er brachte seine Füße nicht dazu, sich zu bewegen.
    Mat hielt den Dolch mit dem rubinbesetzten
Griff in der zitternden Hand. Seine Lippen waren hochgezogen und gaben den
Blick auf seine Zähne frei – ein Fauchen und gleichzeitig Zeichen verkrampfter
Angst.
    Â»Denkst du …« Thom unterbrach sich,
schluckte und fuhr dann heiser fort: »Denkst du, dass du ihm davonrennen
kannst, Junge?«

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