Das Rad der Zeit 1. Das Original
können.« Moiraine betrachtete das
Schloss eingehend. Plötzlich berührte sie das rostige Eisen leicht mit ihrem
Stab, und das Schloss öffnete sich. Schnell nahm Loial das Schloss ab,
schwenkte die Türflügel auf und lehnte sie zur Seite, wo sie von den Scharnieren
festgehalten wurden. Moiraine ging die Rampe hinunter und leuchtete mit dem
glühenden Ball voraus. Aldieb schritt vorsichtig hinter ihr her. »Zündet die
Laternen an, und kommt herunter«, rief sie leise. »Es ist genug Platz. Bald
wird es drauÃen hell.«
Rand band hastig die Laternen an den
Stangen vom Packpferd los, aber schon bevor die erste entzündet war, wurde ihm
bewusst, dass er Mats Gesichtszüge erkennen konnte. In wenigen Minuten würden
die StraÃen mit Menschen angefüllt sein, und der Ladeneigentümer würde
herunterkommen, um sein Geschäft zu öffnen. Alle würden sich fragen, wieso die
Gasse mit Pferden verstopft sei. Mat murmelte nervös irgendetwas darüber,
Pferde ins Haus mitzunehmen, aber Rand war froh, als er seines die Rampe
hinunterführte. Mat folgte, zwar brummelnd, aber nicht weniger schnell.
Rands Laterne baumelte an der Stange hin
und her, und wenn er unvorsichtig war, schlug sie gegen die Decke. Weder Roter
noch das Packpferd fanden sich so leicht mit der Rampe ab. Aber dann war er
unten und wich Mat aus. Moiraine lieà ihr schwebendes Licht ersterben. Als die
anderen sich zu ihnen gesellten, erleuchteten die Laternen den sie umgebenden
Raum.
Der Keller war genauso lang und breit wie
das Haus darüber. Gemauerte Säulen erweiterten sich von einem schmalen Sockel
nach oben hin, bis sie unter der Decke fünfmal so dick waren. Der Raum schien
aus einer ganzen Reihe von Gewölbebögen zu bestehen. Es gab eine Menge Platz,
und doch fühlte sich Rand eingeengt. Loials Kopf berührte die Decke. Wie sie
schon an dem verrosteten Schloss gesehen hatten, war der Keller lange nicht
mehr benützt worden. Der Boden war leer, abgesehen von ein paar kaputten
Fässern, die mit allem möglichen Kram gefüllt waren, und einer dicken
Staubschicht. Staubkörner, von so vielen FüÃen aufgewirbelt, tanzten im
Laternenschein.
Lan trat zuletzt ein, und sobald er
Mandarb die Rampe hinuntergeführt hatte, stieg er zurück und zog die Türflügel
zu.
»Blut und Asche«, grollte Mat. »Wieso
haben sie eines dieser Tore an einem Ort wie diesem erbaut?«
»Er war nicht immer so wie jetzt«, sagte
Loial. Seine polternde Stimme hallte in dem höhlenähnlichen Raum wider. »Nicht
immer. Nein!« Der Ogier war zornig, erkannte Rand überrascht. »Einst haben hier
Bäume gestanden. Alle Arten von Bäumen, die an diesem Ort gedeihen konnten;
jede Art von Baum, den die Ogier hier zum Wachsen bringen konnten. Die GroÃen
Bäume, hundert Spannen hoch! Schatten unter den Zweigen und eine kühle Brise,
die den Duft von Blatt und Blüte auffing und das Angedenken an den Frieden im Stedding bewahrte. All das
hat man dafür gemordet!« Seine Faust krachte gegen eine Säule.
Die Säule schien unter dem Schlag zu
erzittern. Rand war sicher, dass er das Brechen von Ziegelsteinen gehört hatte.
Eine Sturzflut trockenen Zements rieselte die Säule herunter.
»Was bereits gewebt ist, kann nicht mehr
ungewebt werden«, sagte Moiraine sanft. »Es wird die Bäume nicht wieder wachsen
lassen, wenn Ihr das Gebäude über uns zum Einsturz bringt.« Loials
herunterhängende Augenbrauen lieÃen ihn zerknirschter aussehen, als es ein
menschliches Gesicht jemals fertig gebracht hätte. »Mit Eurer Hilfe, Loial,
können wir vielleicht die Haine, die immer noch stehen, davor bewahren, unter
den Schatten zu fallen. Ihr habt uns dorthin gebracht, wohin wir wollten.«
Als sie sich auf eine der Wände
zubewegte, erkannte Rand, dass diese Wand sich von den anderen unterschied. Sie
bestanden aus gewöhnlichem Ziegelstein, diese jedoch aus fein behauenem Stein,
mit verspielt verschlungenen Reben und Blättern verziert, die selbst unter
dieser Staubschicht blass hervorschimmerten. Ziegelstein und Zement waren alt,
doch etwas an diesem Stein lieà erahnen, dass er lange dort gestanden hatte,
lange, bevor der Ziegelstein gebrannt wurde. Spätere Baumeister, die auch schon
vor Jahrhunderten dahingegangen waren, hatten das, was bereits bestand, in
etwas Neues eingebaut, und wiederum später hatten Menschen es
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