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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Stühle mit hohen Lehnen. Der Polsterstuhl, den Tam seinen
›Lesestuhl‹ nannte, stand seitlich versetzt vor dem Kamin. Rand zog es vor,
ausgestreckt auf dem Läufer vor dem Feuer liegend zu lesen. Das Bücherregal
neben der Tür war bei weitem nicht so lang wie das in der Weinquellen-Schenke,
aber Bücher waren schwer zu bekommen. Wenige Händler führten mehr als eine Hand
voll mit sich, und die mussten für alle reichen, denen es nach Lektüre
verlangte.
    Wenn der Raum auch nicht ganz so frisch
gescheuert aussah, wie es bei den meisten Bauersfrauen üblich war (Tams Pfeifenständer
und Die Reisen von Jain Fernstreicher lagen auf dem Tisch, ein weiteres in Holz gebundenes Buch lag
auf dem Polster des Lesestuhls und ein Stück reparaturbedürftiges
Pferdegeschirr auf der Bank beim Kamin, und ein paar Hemden, die gestopft werden
mussten, häuften sich auf einem Stuhl), wenn der Raum also nicht ganz so
fleckenlos rein war, wirkte er doch sehr sauber und ordentlich und so wohnlich,
dass es jedem Besucher das Herz wärmte. Hier war es möglich, die beißende Kälte
jenseits der Wände zu vergessen. Hier gab es keinen falschen Drachen, keinen
Krieg und keine Aes Sedai. Auch keine Männer in schwarzen Mänteln. Der Duft des
Eintopfs über dem Feuer erfüllte den Raum, und Rand bekam plötzlich
schrecklichen Hunger.
    Sein Vater rührte mit einem langen
hölzernen Kochlöffel im Kessel und probierte ein wenig. »Noch ein bisschen.«
    Rand wusch sich schnell Gesicht und
Hände. In der Nähe der Tür standen auf einem Waschgestell ein Krug und eine
Schüssel. Was er brauchte, war ein heißes Bad, um den Schweiß abzuwaschen und
die Kälte zu vertreiben, aber das musste warten, bis sie Zeit hatten, den
großen Kessel im Hinterzimmer zu erhitzen.
    Tam kramte in einer Kommode herum und
fand schließlich einen Schlüssel, der so lang war wie seine Hand. Er drehte ihn
in dem großen Eisenschloss an der Tür um. Als Rand ihn fragend anblickte, sagte
er: »Besser ist besser. Vielleicht bin ich ein wenig überspannt, oder das
Wetter drückt meine Stimmung, aber …« Er seufzte und warf den Schlüssel mit der
flachen Hand ein Stückchen hoch. »Ich sehe mal nach der Hintertür«, sagte er
und verschwand im rückwärtigen Teil des Hauses.
    Rand konnte sich nicht daran erinnern,
dass eine der beiden Türen jemals abgeschlossen worden war. Keiner im Gebiet
der Zwei Flüsse verschloss die Türen. Es war niemals nötig gewesen. Zumindest
bisher.
    Von oben aus Tams Schlafzimmer erklang
ein schleifendes Geräusch, als werde etwas am Boden entlanggezerrt. Rand zog
die Augenbrauen hoch. Falls sich Tam nicht soeben entschlossen hatte, die Möbel
umzustellen, konnte er nur die alte Truhe hervorgezogen haben, die er unter dem
Bett aufbewahrte. Wieder etwas, das noch nie geschehen war, solange sich Rand
erinnern konnte.
    Er füllte einen kleinen Kessel mit
Teewasser, hängte ihn an einen Haken über dem Feuer und deckte den Tisch. Er
hatte Teller und Löffel selbst geschnitzt. Die vorderen Fensterläden waren noch
nicht geschlossen, und von Zeit zu Zeit spähte er hinaus. Doch die Nacht war
gekommen, und alles, was er sehen konnte, waren Mondschatten. Der dunkle Reiter
konnte sehr wohl dort draußen sein, aber Rand versuchte, nicht daran zu denken.
    Als Tam zurückkam, machte Rand vor
Überraschung große Augen. Ein breiter Gürtel war um Tams Hüften geschlungen,
und am Gürtel hing ein Schwert. Ein bronzener Reiher war auf der schwarzen
Scheide zu sehen und ein weiterer auf dem langen Knauf. Die einzigen Männer,
die Rand jemals ein Schwert hatte tragen sehen, waren die Leibwächter der
Kaufleute. Und natürlich Lan. Er wäre nie darauf gekommen, dass sein Vater überhaupt
eines besaß. Abgesehen von den Reihern sah es Lans Schwert ziemlich ähnlich.
    Â»Woher hast du das?«, fragte er. »Hast du
es von einem Händler gekauft? Was hat es gekostet?«
    Langsam zog Tam die Waffe; der
Feuerschein spiegelte sich auf der schimmernden Schneide. Das war ganz anders
als bei den einfachen rohen Klingen, die Rand in den Händen der Söldner gesehen
hatte. Es war nicht mit Gold oder Edelsteinen verziert, und doch schien es Rand
irgendwie bedeutend. Die leicht gekrümmte und nur auf einer Seite geschliffene
Schneide trug ebenfalls den Reiher in den Stahl eingeätzt. Die

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