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Das Rad der Zeit 1. Das Original

Das Rad der Zeit 1. Das Original

Titel: Das Rad der Zeit 1. Das Original Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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ein anderer, und schließlich vereinigten sich alle Stimmen zu
einer wunderbaren Hymne. Er konnte die Worte immer noch nicht verstehen, aber
mindestens ein Dutzend ineinander verwobener Melodien sang von Freude und
Rettung. Musikanten tollten durch die sich vorwärts schiebende Menge und
begleiteten die Hymne mit Flöten-, Harfen- und Trommelklängen. Alle die Lieder,
die er vorher gehört hatte, gingen in diese neue Harmonie über. Mädchen tanzten
um ihn herum, legten ihm Girlanden aus duftenden Blumen über und wanden sie um
seinen Hals. Sie lächelten ihn an. Ihre Freude schwoll mit jedem Schritt, den
er tat. Er konnte nicht anders als zurückzulächeln. Seine Füße wollten sich
ihrem Tanz anschließen, und kaum hatte er daran gedacht, da tanzte er auch
schon, und er setzte seine Schritte so sicher, als kenne er sie bereits seit
seiner Geburt. Er warf den Kopf in den Nacken und lachte; seine Schritte waren
beschwingter als je zuvor, wenn er mit … Er konnte sich an den Namen nicht
erinnern, aber es erschien ihm auch nicht wichtig.
    Es ist dein Schicksal, flüsterte eine Stimme in seinem Kopf, und das Flüstern war
wie ein Teil des gesamten Lobgesangs um ihn herum.
    Wie ein Zweig, der vom Schaumkamm einer
Woge getragen wird, schwemmte ihn die Menge auf einen riesigen Platz im
Stadtzentrum, und zum ersten Mal sah er, dass sich der weiße Turm aus einem
hellen Marmorpalast erhob, der weniger gebaut als vielmehr von einem Bildhauer
geformt erschien, mit elegant geschwungenen Wänden, schwellenden Kuppeln und
graziösen Türmchen, die nach dem Himmel griffen. Vor Ehrfurcht stockte ihm der
Atem. Breite Treppen aus kantig geformtem Stein führten vom Platz aus hinauf,
und die Menschen blieben am Fuß dieser Treppen stehen, doch ihr Lied schwoll
immer stärker an. Die andächtigen Stimmen trugen seine Füße empor. Dein Schicksal, flüsterte die
Stimme eindringlich.
    Er tanzte nicht mehr, blieb aber
keineswegs stehen. Ohne Zögern schritt er die Treppen hinauf. Er gehörte
hierher.
    Die massiven Türflügel am oberen Ende der
Treppe waren mit Runen bedeckt, dermaßen verflochtenen und feinen Gravierungen,
dass er sich keine Klinge vorstellen konnte, die fein genug wäre, um das zu
vollbringen. Das Tor öffnete sich, und er schritt hinein. Die Türflügel
schlossen sich mit einem Donnerhall hinter ihm.
    Â»Wir haben auf dich gewartet«, zischte
der Myrddraal.
    Rand schnellte hoch, schnappte nach Luft und zitterte, die
Augen weit aufgerissen. Tam schlief noch in seinem Bett. Langsam beruhigte sich
Rands Atem. Halb verglühte Holzscheite loderten im Kamin. Um sie herum war ein
Ring aus Kohle aufgehäuft; jemand musste das getan haben, während er schlief.
Zu seinen Füßen lag eine Decke, die ihm beim Hochschnellen heruntergefallen
war. Auch die provisorische Bahre war verschwunden, und die Umhänge hingen
ordentlich an der Tür. Mit einer immer noch zitternden Hand wischte er sich
kalten Schweiß von der Stirn. Er fragte sich, ob es den Dunklen König auch auf
ihn aufmerksam machen könne, wenn er ihn im Schlaf nannte.
    Draußen dämmerte es, der volle Mond stand
hoch am Himmel, und über den Verschleierten Bergen funkelten die Abendsterne.
Er hatte den Tag verschlafen. Er rieb sich über einen schmerzenden Fleck an der
Seite. Offensichtlich war er eingeschlafen, obwohl ihn der Schwertgriff in die
Rippen drückte. Das und ein leerer Magen und die ereignisreiche Nacht zuvor:
kein Wunder, wenn er Albträume hatte.
    Sein Magen knurrte, und so stand er steif
auf und trat zum Tisch, auf dem Frau al’Vere das Tablett abgestellt hatte. Er
zog das weiße Tuch beiseite. Obwohl er einige Zeit geschlafen hatte, war die
Rindfleischbrühe noch warm, genau wie das Brot mit seiner knusprigen Rinde. Es
wurde ihm schnell klar, was Frau al’Vere getan hatte: Das Tablett war
ausgetauscht worden. Wenn sie einmal beschlossen hatte, dass jemand eine warme
Mahlzeit brauchte, dann gab sie nicht auf, bis man sie gegessen hatte.
    Er trank ein wenig Brühe, legte rasch
Fleisch und Käse zwischen zwei Scheiben Brot und stopfte sich alles in den
Mund. Zwischen den ersten Bissen ging er zum Bett zurück. Frau al’Vere hatte
sich offensichtlich auch um Tam gekümmert. Seine Kleider lagen sauber und
zusammengelegt auf dem Nachttisch, und eine Decke war ihm bis unter das Kinn
hochgezogen worden. Als Rand die Stirn seines

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