Das Rad der Zeit 13. Das Original: Mitternachtstürme (German Edition)
Ausgehuniformen durch diese frühsommerliche Hitze zu schleppen. Aber diese Männer würden in ihrem Namen in die Schlacht reiten; sie konnten warmes Wetter ertragen. Davon abgesehen, wie oft bekamen die Gardisten wohl die Ehre, ihre Königin tragen zu können?
Birgitte ging neben dem Bett her, und der Bund verriet, dass sie sich amüsierte. Elayne hatte befürchtet, sie würde diesen Ausflug verhindern wollen, aber stattdessen hatte sie gelacht ! Birgitte musste zu dem Schluss gekommen sein, dass die Aktivitäten dieses Tages kein Risiko für Elayne oder ihre Kinder darstellten – auch wenn sie Melfane sicherlich aufregen würden. Für die Behüterin bedeutete das die Gelegenheit, erleben zu können, wie Elayne durch die Stadt getragen wurde und albern aussah.
Elayne zuckte innerlich zusammen. Was würden wohl die Leute sagen? Die Königin auf einer Trage, die man zur äußeren Stadtmauer brachte? Nun, sie würde sich nicht von Gerüchten davon abhalten lassen, dem Test persönlich beizuwohnen, genauso wenig, wie sie sich von einer tyrannischen Hebamme herumkommandieren lassen würde.
Sie hatte einen erstaunlichen Ausblick von der Mauer. Zu ihrer Linken lagen die Felder, die nach Aringill führten; zu ihrer Rechten brodelte die Stadt vor Leben. Auch diese Felder waren braun. Berichte aus dem Reich waren schrecklich. Neun Felder von zehn waren verdorrt.
Elaynes Träger brachten sie zu einem der Türme an der Stadtmauer, dann gab es eine Verzögerung, als ihnen klar wurde, dass die Stangen der Trage zu lang waren, um durch das Treppenhaus im Turm zu kommen; die Demonstration sollte oben auf seiner Spitze stattfinden. Glücklicherweise gab es für solche Situationen Griffe. Sie entfernten die Stangen, nahmen die Griffe und gingen weiter.
Während man sie nach oben schleppte, lenkte sie sich mit dem Gedanken an Cairhien ab. Alle dortigen Adelshäuser behaupteten, es gar nicht abwarten zu können, dass sie kam und sich den Thron nahm, doch niemand bot ihr mehr als ein Lippenbekenntnis, wenn es um Unterstützung ging. Daes Dae’mar war in vollem Gange, und die Rangelei um die beste Ausgangsposition für Elaynes Thronbesteigung – oder ihr Scheitern – hatte in dem Moment angefangen, in dem Rand seine Absicht erwähnt hatte, ihr diese Nation zu überlassen.
In Cairhien bliesen stets hundert verschiedene politische Winde in hundert verschiedene Richtungen. Sie hatte nicht die nötige Zeit, um sämtliche verschiedene Fraktionen kennenzulernen, bevor sie sich auf den Thron setzte. Davon abgesehen, betrachtete man sie als Mitspielerin im großen Spiel, würde man sie als jemanden betrachten, den man besiegen konnte. Sie musste eine Möglichkeit finden, den Sonnenthron zu ergreifen, ohne sich zu sehr in die örtliche Politik der Adelshäuser einzumischen.
Die Trage erklomm ächzend die Turmspitze. Oben stand Aludra mit einem ihrer Drachenprototypen. Die Bronzeröhre war relativ lang und steckte auf einem Holzrahmen. Das war bloß ein Modell. Ein zweiter, funktionierender Drachen war auf dem nächsten Turm entlang der Mauer aufgebaut worden. Das war weit genug weg, um Elayne bei einer Panne nicht in Gefahr zu bringen.
Die schlanke Tarabonerin schien sich keine Gedanken über die Tatsache zu machen, dass sie der Königin einer fremden Nation eine möglicherweise die Welt verändernde Waffe überließ; offenbar schien sich Aludra nur dafür zu interessieren, sich an den Seanchanern zu rächen, zumindest hatte Mat es so erklärt. Als Elayne mit Lucas Zirkus gereist war, hatte sie einige Zeit mit der Frau verbracht, aber sie war sich noch immer nicht sicher, wie vertrauenswürdig sie letztlich war. Sie würde sie von Meister Norry im Auge behalten lassen.
Immer natürlich vorausgesetzt, die Drachen funktionierten. Elayne warf noch einen Blick auf die Menschen in der Tiefe. Erst da wurde ihr bewusst, in welcher Höhe sie sich eigentlich befand. Beim Licht!
Ich bin sicher, erinnerte sie sich. Mins Vision. Nicht, dass sie so etwas zu Birgitte sagte, das nicht mehr. Und sie wollte wirklich damit aufhören, so viele Risiken einzugehen. Das hier war kein Risiko. Nicht, wenn man es genau nahm.
Sie wandte den Blick ab, bevor ihr schwindlig werden konnte, und konzentrierte sich auf den Drachen. Er war im Prinzip geformt wie eine große Bronzeglocke, nur länger und schmaler. Wie eine gewaltige Vase, die man auf die Seite gelegt hatte. Elayne hatte mehr als einen Brief von den aufgebrachten Glockengießern der Stadt erhalten.
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