Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
der Ablösung Ituraldes hatte Darlin offiziell den Befehl über das Schlachtfeld. Er war kein General, aber die Tairener stellten den größten Teil der Truppen, und die Verteidiger des Steins waren ihre Eliteeinheit. Ihr Kommandant Tihera war ein guter Taktiker, und Darlin hörte auf die Vorschläge des Mannes. Sicherlich gehörte Tihera nicht zu den Großen Hauptmännern, aber er war sehr klug. Er, Darlin und Rhuarc hatten nach Ituraldes Sturz die Schlachtpläne geschmiedet …
In der Dunkelheit übersah Aviendha um ein Haar die drei Gestalten, die direkt neben Darlins Zelt in der Dunkelheit hockten. Stumm gaben sie einander Zeichen, und Aviendha vermochte nur wenig von ihnen zu erkennen – nicht einmal ihre Kleidung. Sie hob ihr Messer, und dann zerriss ein Blitz den Himmel und verschaffte ihr einen besseren Blick auf einen der dort Lauernden. Der Mann trug einen Schleier. Aiel.
Auch sie haben den Eindringling bemerkt, dachte sie, schlich zu ihnen und hob eine Hand, damit sie sie nicht angriffen. »In der Nähe habe ich Machtlenken gespürt«, flüsterte sie, »und ich glaube nicht, dass das eine der Unseren ist. Was habt ihr gesehen?«
Die drei Männer starrten sie an, als wären sie völlig verblüfft, obwohl sie nicht viel von ihren Gesichtern erkennen konnte.
Dann griffen sie an.
Fluchend sprang Aviendha zurück, als Speere gezückt wurden und einer ein Messer in ihre Richtung schleuderte. Aiel-Schattenfreunde? Sie kam sich vor wie eine Närrin. Sie hätte es besser wissen müssen.
Sie griff nach der Quelle. Falls sich ein weiblicher Schattenlord in der Nähe befinden sollte, würde sie ihre Bemühungen fühlen, aber das ließ sich nicht ändern. Sie musste diese drei Angreifer abwehren.
Aber als sie nach der Einen Macht griff, peitschte etwas zwischen sie und die Quelle. Eine Abschirmung aus Geweben, die sie nicht wahrnehmen konnte.
Einer dieser Männer konnte die Macht lenken. Ihre Reaktion war purer Instinkt. Sie unterdrückte ihre Panik, hörte auf, nach der Quelle zu greifen, und warf sich auf den Angreifer, der ihr am nächsten stand. Sie wehrte seinen Speerstoß mit der freien Hand ab – ignorierte die Schmerzen, als die Klinge über ihre Rippen schnitt – und riss ihn nach vorn, um ihm ihr Messer in den Hals zu rammen.
Einer der anderen beiden fluchte, und plötzlich fand sich Aviendha in Gewebe aus Luft gehüllt und konnte weder sprechen noch sich bewegen. Blut tränkte ihre Bluse und sammelte sich auf ihrer verletzten Seite. Der Mann, den sie getroffen hatte, zappelte keuchend auf dem Boden, während er starb. Die anderen beiden machten nicht die geringsten Anstalten, ihm zu helfen.
Einer der Schattenfreunde trat geschmeidig auf sie zu; in der Dunkelheit war er fast unsichtbar. Er zog ihr Gesicht heran, um sie besser sehen zu können, dann winkte er dem anderen. Ein sehr schwaches Licht erschien zwischen ihnen und verschaffte ihnen einen besseren Blick auf Aviendha – und auf sie selbst. Sie trugen rote Schleier, aber dieser Kerl hatte seinen für den Kampf nach unten gezogen. Warum? Was hatte das zu bedeuten? Kein Aviendha bekannter Aiel verhielt sich so. Handelte es sich um Shaido? Hatten sie sich auf die Seite des Schattens geschlagen?
Die Männer gestikulierten schnell in der Handsprache. Nicht die Handsprache der Töchter, aber doch etwas Ähnliches. Der andere Mann nickte.
Aviendha wehrte sich gegen ihre unsichtbaren Fesseln. Sie rannte mit ihrem Willen gegen die Abschirmung an, biss auf ihren Knebel aus Luft. Der Aiel zu ihrer Rechten – der größere von ihnen, der vermutlich die Abschirmung hielt – grunzte. Sie hatte das Gefühl, als würden ihre Finger über die Kante einer fast geschlossenen Tür kratzen, hinter der Licht, Wärme und Macht lag. Aber die Tür gab keinen Zoll nach.
Der hochgewachsene Aiel starrte sie mit zusammengekniffenen Augen an. Er ließ das Licht verschwinden und tauchte sie in Dunkelheit. Aviendha hörte, wie er einen Speer zog.
In der Nähe ertönten Schritte. Die Rotschleier hörten sie und fuhren herum. Aviendha versuchte die Dunkelheit zu durchdringen, konnte den Neuankömmling aber nicht erkennen.
Die Männer standen reglos da.
»Was ist hier los?«, fragte eine Frauenstimme. Cadsuane. Mit einer Laterne in der Hand kam sie näher. Aviendha wurde durch die Luft gerissen, als der Mann, der ihre Gewebe hielt, sie in die Schatten beförderte, und Cadsuane schien sie nicht gesehen zu haben. Die Aes Sedai sah allein den anderen Mann, der
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