Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
stellt.«
»Egwene al’Vere kann trauern«, sagte Egwene und stand auf. »Egwene al’Vere hat den Mann verloren, den sie liebte, und sie fühlte ihn durch einen Behüterbund sterben. Die Amyrlin hat Mitgefühl mit Egwene al’Vere, so wie sie Mitgefühl für jede Aes Sedai hätte, die einen solchen Verlust erleidet. Und angesichts der Letzten Schlacht würde die Amyrlin erwarten, dass sich die Frau zusammenreißt und zur Front zurückkehrt.«
Sie ging durch das Zimmer, und jeder neue Schritt wurde energischer. Sie streckte die Hand aus und deutete auf Voras Sa’angreal , das Silviana noch hielt. »Das werde ich brauchen.«
Silviana zögerte.
»Falls Ihr beide nicht entdecken wollt, wozu ich im Augenblick fähig bin«, sagte Egwene leise, »würde ich Euch nicht empfehlen, ungehorsam zu sein.«
Silviana sah Rosil an, die seufzte und zögernd nickte. Silviana übergab den Stab.
»Ich billige das keineswegs, Mutter«, sagte Rosil. »Aber wenn Ihr darauf besteht …«
»Das tue ich.«
»… dann gebe ich Euch diesen Rat. Gefühle werden Euch zu zermalmen drohen. Das ist die Gefahr. Nach dem Verlust eines Behüters wird es schwer sein, Saidar zu ergreifen. Wenn Ihr es schafft, wird die Ausgeglichenheit einer Aes Sedai vermutlich unmöglich zu erringen sein. Das kann gefährlich werden. Sehr gefährlich.«
Egwene öffnete sich Saidar . Wie Rosil gesagt hatte, fiel es schwer, die Quelle zu umarmen. Zu viele Gefühle kämpften um ihre Aufmerksamkeit, überwältigten sie, verjagten die Ruhe. Sie errötete, als sie es zum zweiten Mal nicht schaffte.
Silviana öffnete den Mund, zweifellos um vorzuschlagen, dass sie sich wieder hinsetzte. In diesem Augenblick fand Egwene Saidar , die Knospe in ihrem Geist erblühte, und die Eine Macht strömte in sie hinein. Sie schenkte Silviana einen trotzigen Blick, dann fing sie an, ein Wegetor zu weben.
»Ihr habt noch nicht den Rest meines Rates gehört, Mutter«, sagte Rosil. »Ihr werdet nicht dazu in der Lage sein, die Gefühle zu vertreiben, die Euch zu schaffen machen, jedenfalls nicht vollständig. Eure einzige Wahl ist eine schlechte, nämlich diese Gefühle der Trauer und des Schmerzes mit stärkeren Gefühlen zu überlagern.«
»Das dürfte überhaupt nicht schwer sein«, sagte Egwene. Tief Luft holend zog sie noch mehr von der Einen Macht in sich hinein. Sie erlaubte sich, Wut zu fühlen. Zorn auf das Schattengezücht, das die Welt bedrohte, Zorn auf sie , weil sie ihr Gawyn genommen hatten.
»Ich werde jemanden brauchen, der mich im Auge behält«, sagte Egwene und widersprach damit Silvianas vorheriger Bemerkung. Gawyn war für sie keine Schwäche gewesen. »Ich werde einen anderen Behüter brauchen.«
»Aber …«, setzte Rosil an.
Egwene brachte sie mit einem Blick zum Schweigen. Ja, die meisten Frauen warteten. Ja, Egwene al’Vere litt unter der Qual ihres Verlusts, und niemand konnte Gawyn ersetzen. Aber sie glaubte an Behüter. Die Amyrlin brauchte jemanden, der ihren Rücken schützte. Darüber hinaus war jeder mit einem Behüterbund ein besserer Kämpfer als jemand ohne ihn. Ohne Behüter loszuziehen verweigerte dem Licht einen weiteren Soldaten.
Hier gab es jemanden, der ihr Leben gerettet hatte. Nein, sagte ein Teil von ihr, als ihr Blick auf Leilwin fiel. Keine Seanchanerin.
Ein anderer Teil von ihr, die Amyrlin, lachte sie dafür aus. Hör auf, dich wie ein Kind zu benehmen. Sie würde eine Behüterin bekommen. »Leilwin Schiffslos«, sagte Egwene laut, »wollt Ihr diese Pflicht übernehmen?«
Die Frau fiel auf die Knie und senkte den Kopf. »Ich … ja.«
Egwene formte das Gewebe für den Behüterbund. Leilwin stand auf, sah plötzlich weniger erschöpft aus und holte tief Luft. Egwene öffnete ein Wegetor zur anderen Seite des Raumes, dann benutzte sie ihre schlagartig erfolgte Kenntnis dieses Zimmers, um ein weiteres zu dem Ort zu öffnen, an dem ihre Leute kämpften. Explosionen, Schreie und der klirrende Aufprall von Waffen auf Schilden drang aus der Öffnung.
Egwene betrat wieder das Schlachtfeld, und sie brachte den Zorn der Amyrlin mit.
Demandred war ein Klingenmeister. Galad war davon ausgegangen, aber er zog es vor, seine Annahmen einer Prüfung zu unterziehen.
Die beiden tänzelten im Kreis der zusehenden Sharaner vor und zurück. Galad trug eine leichte Rüstung, ein Kettenhemd unter dem Wappenrock, und bewegte sich schneller. Die miteinander verwobenen Münzen Demandreds waren schwerer als eine normale Rüstung, boten aber
Weitere Kostenlose Bücher