Das Rad der Zeit 14. Das Original: Das Vermächtnis des Lichts (German Edition)
welkes Laub, dabei gab es ja gar keine Bäume. Vermutlich hätte er sich in seine eigenen Träume zurückversetzen können; obwohl er nie so gut wie die Verlorenen darin gewesen war, in den Träumen zu wandeln, war er dazu immerhin fähig. Neugier trieb ihn weiter.
Ich sollte nicht hier sein, dachte er. Ich habe Schutzgewebe erzeugt. Wie war er an diesen Ort gekommen, und wer hatte ihn erschaffen? Er hatte da einen Verdacht, erinnerte sich an jemanden, der oft Traumsplitter benutzt hatte.
In der Nähe fühlte er eine Präsenz. Er ging einfach weiter, ohne den Kopf zu drehen, aber er wusste, dass plötzlich jemand neben ihm ging.
»Elan«, sagte er.
»Lews Therin.« Elan trug noch immer seinen neuesten Körper, den hochgewachsenen, stattlichen Mann, der Rot und Schwarz trug. »Es stirbt, und bald herrscht der Staub. Der Staub … dann nichts.«
»Wie bist du an meinen Schutzgeweben vorbeigekommen?«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Moridin. »Ich wusste, dass du dich zu mir gesellst, wenn ich diesen Ort erschaffe. Du kannst dich nicht von mir fernhalten. Das erlaubt das Muster nicht. Wir werden voneinander angezogen, du und ich. Immer wieder und wieder. Zwei Schiffe, die am selben Strand festgemacht sind, die bei jeder neuen Flut gegeneinanderstoßen.«
»Wie poetisch. Wie ich gesehen habe, hast du Mierin endlich von der Leine gelassen.«
Moridin blieb stehen, und Rand folgte seinem Beispiel und sah ihn an. Die Wut schien Hitzewellen gleich aus dem Verlorenen herauszuströmen.
»Sie kam zu dir?«, verlangte er zu wissen.
Rand schwieg.
»Tu bloß nicht so, als hättest du gewusst , dass sie noch lebt. Das hast du nicht, das konntest du unmöglich.«
Rand schwieg weiter. Seine Gefühle bezüglich Lanfear – oder wie auch immer sie sich jetzt nannte – waren kompliziert. Lews Therin hatte sie gehasst, aber Rand hatte sie hauptsächlich als Selene gekannt und sie gemocht – zumindest bis sie versucht hatte, Elayne und Aviendha zu töten.
Der Gedanke an sie ließ ihn auch an Moiraine denken und auf Dinge hoffen lassen, die er nicht hoffen sollte.
Wenn Lanfear noch immer lebt … könnte das dann nicht auch für Moiraine gelten?
Er betrachtete Moridin mit ruhigem Selbstvertrauen. »Sie jetzt loszulassen macht keinen Unterschied mehr«, sagte er. »Sie hat nicht länger Macht über mich.«
Moridin nickte. »Ja. Ich glaube dir. Aber sie sieht das anders, und ich vermute, sie hat noch immer etwas an der Frau auszusetzen, die du gewählt hast. Wie war noch einmal ihr Name? Die, die sich als Aiel bezeichnet, aber Waffen trägt?«
Rand ließ sich nicht provozieren.
»Wie dem auch sei, Mierin hasst dich jetzt«, fuhr Moridin fort. »Ich glaube, sie macht dich für das verantwortlich, was mit ihr passiert ist. Du solltest sie jetzt Cyndane nennen. Man hat ihr verboten, den Namen zu benutzen, den sie für sich wählte.«
»Cyndane …« Rand betonte das Wort langsam. »›Letzte Chance‹? Wie ich sehe, hat dein Meister an Humor dazugewonnen.«
»Das war nicht humorvoll gemeint.«
»Nein, ich schätze, das war es wohl nicht.« Rand betrachtete die endlose Landschaft aus totem Gras und Blättern. »Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass ich anfangs so viel Angst vor dir hatte. Bist du damals in meine Träume eingedrungen, oder hast du mich in einen dieser Traumsplitter geholt? Ich bin da nie auf eine vernünftige Erklärung gekommen.«
Moridin schwieg.
»Ich erinnere mich da an eine Gelegenheit …«, sagte Rand. »Ich saß da von Albträumen umgeben, die sich wie das Tel’aran’rhiod anfühlten. Du wirst nicht dazu fähig gewesen sein, jemanden mit seinem Körper in die Welt der Träume zu holen, aber ich bin kein Traumgänger, der sie aus eigener Kraft betreten kann.«
Wie viele der Verlorenen war auch Moridin für gewöhnlich nicht schlafend im Traum nach Tel’aran’rhiod gegangen, sondern hatte es körperlich betreten, was gefährlich war. Es wurde behauptet, dass es eine schlimme Sache war, es mit dem Körper zu betreten, dass man dadurch einen Teil seiner Menschlichkeit verlor. Andererseits steigerte es die Macht, die man hatte.
Moridin verriet nicht, was in jener Nacht tatsächlich geschehen war. Rand erinnerte sich nur undeutlich an diese Tage, als er in Richtung Tear gewandert war. Aber er konnte sich noch an Visionen dieser Nacht erinnern, Visionen seiner Freunde und Familie, die versuchen würden, ihn zu töten. Moridin … Ishamael … hatte ihn gegen seinen Willen in Träume
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