Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
es nicht besser sei, davonzulaufen. In erster Linie aber sah sie Elayne und Nynaeve an. Elayne konnte nicht entscheiden, ob die Frau als Nächstes in Tränen ausbrechen oder in Ohnmacht fallen werde.
»Lasst sie dort hinübergehen«, sagte Nynaeve und nickte in Richtung der Ecke, in der Luci immer noch zitternd kauerte, die Arme um die Knie geschlungen, »und helft Elayne. Ich habe noch nie etwas von Spaltwurzeltee gehört, aber Gehen scheint zu helfen, die Wirkung aufzuheben. Man kann sich die meisten Dinge vom Hals laufen.«
Juilin wies mit dem Messer in die Ecke, und Frau Macura hastete hinüber und setzte sich neben Luci, wobei sie sich ständig ängstlich die Lippen befeuchtete. »Ich … hätte nicht getan … was ich getan habe … aber, ich … hatte Befehle. Das müsst Ihr doch verstehen. Ich hatte Befehle erhalten.«
Juilin half Elayne sanft auf die Beine und stützte sie beim Gehen. Sie konnten ja nur wenige Schritte in jeder Richtung zurücklegen und kreuzten dabei ständig den Weg des anderen Paares. Sie wäre lieber an Thoms Seite gegangen. Juilins Arm um ihre Taille war ihr viel zu vertraulich.
»Von wem stammen diese Befehle?«, fuhr Nynaeve Frau Macura an. »Wem in der Burg schickt Ihr eure Berichte?«
Die Näherin sah aus, als sei ihr schlecht, doch sie hielt entschlossen den Mund.
»Wenn Ihr nicht redet«, sagte ihr Nynaeve mit finsterer Miene, »überlasse ich Euch Juilin. Er ist ein Diebefänger aus Tear, und er weiß, wie er genauso schnell wie ein Folterknecht der Weißmäntel ein Geständnis aus Euch herausbringt. Oder nicht, Juilin?«
»Ein Stück Seil, um sie zu fesseln«, sagte er mit einem so schurkischen Grinsen, dass Elayne beinahe einen Schritt von ihm weggetreten wäre, »einen Lumpen, um sie solange zu knebeln, bis sie bereit ist, zu reden, ein wenig Olivenöl und Salz …« Sein Lachen ließ Elayne das Blut gefrieren. »Sie wird alles ausplaudern, verlasst Euch darauf.« Frau Macura lehnte steif an der Wand und starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Luci sah ihn an, als habe er sich soeben in einen Trolloc verwandelt, acht Fuß groß und mit Hörnern bewehrt.
»Sehr gut«, sagte Nynaeve nach einem Augenblick des Wartens. »Ihr solltet alles, was Ihr benötigt, in der Küche finden, Juilin.« Elaynes erstaunter Blick wanderte von ihr zu dem Diebefänger und zurück. Sicher hatten sie doch nicht wirklich vor …? Doch nicht Nynaeve!
»Narenwin Barda«, keuchte die Näherin plötzlich. Nun überschlugen sich die Worte beinahe, so sprudelte sie los: »Ich habe meine Berichte an Narenwin Barda geschickt in eine Schenke in Tar Valon. Sie heißt Zum Dammweg . Avi Shendar hält für mich am Stadtrand einige Brieftauben. Er weiß nicht, wem ich meine Botschaften schicke oder woher ich sie beziehe, und es ist ihm auch gleich. Seine Frau hatte die Fallsucht, und …« Ihre Worte verklangen, und sie schauderte, als sie Juilin anblickte.
Elayne kannte Narenwin oder hatte sie zumindest in der Burg kennengelernt. Eine schmächtige, kleine Frau, die so ruhig war, dass man ihre Anwesenheit glatt übersehen konnte. Und freundlich dazu. An einem Wochentag ließ sie regelmäßig Kinder ihre Haustiere auf das Gelände der Burg bringen, um sie zu heilen. Kaum die Art von Frau, die man bei den Schwarzen Ajah erwartete. Andererseits war auch eine der Frauen auf der Liste der Schwarzen Marillin Gemalphin, und die liebte Tiere über alles und nahm jede streunende Katze auf, die sie entdeckte.
»Narenwin Barda«, stellte Nynaeve grimmig fest. »Ich will weitere Namen hören, innerhalb und außerhalb der Burg.«
»Ich … ich kenne keine anderen«, sagte Frau Macura eingeschüchtert.
»Das werden wir ja sehen. Wie lange gehört Ihr schon zu den Schattenfreunden? Wie lange dient Ihr den Schwarzen Ajah?«
Luci entschlüpfte ein empörter Aufschrei: »Wir sind keine Schattenfreunde!« Sie blickte Frau Macura an und schob sich ein Stück von ihr weg. »Ich bin jedenfalls keine! Ich wandle unter dem Licht! Ganz bestimmt!«
Die Reaktion der anderen Frau war keine Spur schwächer. Ihr fielen vor Schreck fast die Augen aus dem Kopf. »Die Schwarzen …! Soll das heißen, dass es sie wirklich gibt? Aber die Burg hat das immer abgestritten … Ich habe doch Narenwin danach gefragt, an dem Tag, als sie mich für ihre Augen-und-Ohren auswählte, und ich konnte erst am nächsten Morgen mit Weinen aufhören und wieder aus dem Bett kriechen. Ich gehöre nicht – nicht! – zu den Schattenfreunden!
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