Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
eine der Palastmauern zu gehen. Von der Seite her war das Tor unsichtbar. Höchstens ein paar, die ganz in der Nähe standen, würden etwas wie ein langes, dünnes, straff gespanntes Haar erkennen.
Vier Schritt Durchmesser war das größte, was Rand fertigbrachte. Es gebe Grenzen bei dem, was ein einzelner Mann schaffen konnte, behauptete Asmodean. Wie es schien, gab es überall und immer Grenzen. Die Menge an Saidin , die man in sich aufnahm, spielte dabei keine Rolle. Die Eine Macht hatte mit den Wegetoren wirklich nicht viel zu tun und wurde nur beim Öffnen gebraucht. Was jenseits lag, war eine ganz andere Sache. Den Traum eines Traums hatte Asmodean es genannt.
Er trat hindurch auf etwas, das wie ein Pflasterstein aus dem Palasthof aussah, doch hier hing die graue Steinplatte mitten in vollkommener Dunkelheit. Man hatte das Gefühl, dass sich, gleich in welcher Richtung, absolut nichts befand. Eine Ewigkeit des Nichts. Es war nicht wie die Nacht. Er konnte sich selbst und die Steinplatte ganz klar sehen. Aber alles andere um ihn herum bestand nur aus Schwärze.
Nun war es an der Zeit, auszuprobieren, in welcher Größe er eine Plattform erschaffen könne. Schon bei diesem Gedanken erschienen sofort weitere Steinplatten, und es entstand eine genaue Nachbildung des Bodens im Palasthof. Er stellte es sich noch größer vor. Augenblicklich erstreckte sich der graue Steinboden, soweit er nur blicken konnte. Er fuhr zusammen, als er bemerkte, dass seine Stiefel begannen, in den Stein unter seinen Füßen einzusinken. Er sah nicht anders aus als vorher, gab aber langsam nach wie zäher Schlamm, der um seine Stiefel herum aufquoll. Hastig ließ er alles wieder auf die Größe des Hofs draußen zusammenschrumpfen, denn da war alles fest geblieben, und fügte dann langsam eine Reihe Steinplatten nach der anderen hinzu. Er brauchte nicht lang, um festzustellen, dass er die Plattform nicht viel größer machen konnte als bei seinem ersten Versuch. Die Steine sahen wohl aus, als sei alles in Ordnung, sanken auch nicht unter seinem Gewicht ein, aber die zweite Reihe bereits vermittelte ein Gefühl des Immateriellen, wie eine dünne Schale, die beim ersten falschen Schritt brechen würde. Lag es daran, dass dieses Ding gerade so groß wie eben möglich war? Oder weil er es sich zu Beginn nicht größer vorgestellt hatte? Wir alle setzen uns eigene Grenzen. Der Gedanke kam überraschend von irgendwoher in ihm hoch. Und wir verlegen sie weiter hinaus, als uns eigentlich zusteht.
Rand spürte, wie ihn schauderte. Im Nichts war das, als spüre er das Schaudern eines anderen. Es war gut, daran erinnert zu werden, dass sich Lews Therin immer noch in seinem Inneren befand. Er musste aufpassen, dass er nicht ausgerechnet mitten im Kampf gegen Rahvin um die Vorherrschaft im eigenen Verstand kämpfen musste. Wenn das nicht wäre, hätte er vielleicht … Nein. Was am Kai geschehen war, war vorüber. Er wollte es nicht wieder und wieder aufwärmen.
Er verkleinerte die Plattform um den Außenring an Steinplatten und wandte sich um. Bael wartete jenseits einer, wie es schien, riesigen quadratischen Türöffnung in den Sonnenschein. Die Treppe lag genau davor. Pevin an seiner Seite wirkte ob dieses Anblicks auch nicht verstörter als der Aielhäuptling, was heißen wollte, überhaupt nicht. Pevin würde diese Fahne ohne mit der Wimper zu zucken tragen, wo immer Rand sich hinbegab, wenn es sein musste, sogar zum Krater des Verderbens. Mat schob seinen Hut nach hinten und kratzte sich am Kopf. Dann zog er aber die Krempe wieder vor und über die Augen, wobei er etwas von Würfeln in seinem Kopf murmelte.
»Beeindruckend«, sagte Asmodean leise. »Wirklich beeindruckend.«
»Schmeichelt ihm ein andermal, Harfner«, sagte Aviendha.
Sie war die Erste, die hindurchtrat, wobei sie Rand im Auge behielt und nicht darauf achtete, wohin sie trat. Sie ging ganz nahe zu ihm hin, ohne irgendetwas anderes anzublicken als sein Gesicht. Als sie ihn erreichte, wandte sie sich allerdings abrupt von ihm ab, wickelte sich das Schultertuch um die Ellbogen und sah sich genau in der Dunkelheit um. Manchmal waren Frauen wirklich eigenartiger als alles, was der Schöpfer je erschaffen haben mochte.
Bael und Pevin folgten ihr und dann Asmodean, der mit einer Hand den Tragriemen seines Lautenbehälters gepackt hatte, während die andere mit vor Anstrengung weißen Knöcheln am Schwertgriff lag. Mat trat großspurig ein, wenn auch ein klein wenig zögerlich.
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