Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
geduldig dastehenden Mulis. Zu ihrer Überraschung trug eine der Gestalten, die das Gepäck der Töchter des Speers aufluden, ein schwarzes Gewand anstatt eines weißen. Der Größe nach musste es eine Frau sein. Sie wankte unter dem Gewicht eines gut verschnürten Bündels auf ihrem Rücken. Sie bückte sich im Vorbeireiten, um einen Blick unter die Kapuze der Frau werfen zu können, und erblickte Isendres verhärmtes Gesicht. Schweiß rann der Frau bereits jetzt über die Wangen. Sie war froh, dass die Töchter ihr erspart hatten, mehr oder weniger nackt nach draußen zu gehen, aber es erschien ihr auch unnötig grausam, sie in Schwarz zu kleiden. Wenn sie jetzt schon derart schwitzte, würde sie beinahe umkommen, wenn die Hitze des Tages erst richtig zuschlug.
Trotzdem, die Angelegenheiten der Far Dareis Mai gingen sie nichts an. Das hatte ihr Aviendha sanft, aber entschieden beigebracht. Adelin und Enaila wären fast grob geworden deshalb, und eine drahtige, weißhaarige Tochter des Speers namens Sulin hatte ihr tatsächlich gedroht, sie an den Ohren zu den Weisen Frauen zurückzuschleifen. Trotz ihrer Anstrengungen, Aviendha davon abzuhalten, sie ständig als Aes Sedai anzureden, hatte es sie aufgeregt, dass sich nach einer Weile der Unsicherheit ihr gegenüber der Rest der Töchter entschlossen hatte, sie lediglich als eine weitere Schülerin der Weisen Frauen zu behandeln. Sie ließen sie noch nicht einmal ihr Dach betreten, wenn sie nicht behauptete, einen Auftrag erledigen zu müssen.
Die Schnelligkeit, mit der sie ihr Pferd weiter durch die Menge lenkte, hatte nichts damit zu tun, dass sie den Urteilsspruch der Far Dareis Mai akzeptierte oder mit dem kribbelnden Bewusstsein, von den Töchtern beobachtet zu werden, zweifellos bereit, ihr einen Vortrag zu halten, falls sie sich hätte einmischen wollen. Es hatte nicht einmal sehr viel mit ihrer Abneigung Isendre gegenüber zu tun. Sie wollte gar nicht erst an den kurzen Eindruck von den Träumen dieser Frau denken, den sie empfand, bevor Cowinde kam, um sie zu wecken. Das waren Albträume gewesen von Folter, von Dingen, die man dieser Frau antat und vor denen Egwene entsetzt floh, mit etwas Dunklem und Bösem im Hintergrund, das sich amüsierte, als sie davor weglief. Kein Wunder, dass Isendre abgehärmt wirkte. Egwene war so schnell aus dem Schlaf hochgeschreckt, dass Cowinde, die ihr eine Hand auf die Schulter legen wollte, erschrocken zurückgesprungen war.
Rand stand auf der Straße vor dem Dach der Töchter. Er trug bereits die Shoufa als Sonnenschutz und einen blauseidenen Kurzmantel mit genug Goldstickerei, um in jeden Palast zu passen. Allerdings hatte er ihn vorn halb offen gelassen. Sein Gürtel wies eine neue Schnalle auf, ein kunstvoll geschmiedetes Ding in Form eines Drachen. Er fing wirklich an, sich etwas auf sich selbst einzubilden, das war offensichtlich. Er stand neben Jeade’en, seinem Apfelschimmelhengst, und unterhielt sich mit den Clanhäuptlingen und ein paar der Aielhändler, die in Rhuidean verbleiben würden.
Jasin Natael, der beinahe auf Rands Fersen trat, die Laute auf dem Rücken und die Zügel des gesattelten Maultiers, das er von Meister Kadere gekauft hatte, in der Hand, war sogar noch prachtvoller gekleidet. Silberstickereien bedeckten seinen schwarzen Mantel fast vollständig, und an Kragen und Manschetten quollen jeweils weiße Spitzen hervor. Selbst die Stiefel waren silberbeschlagen, wo sie am Knie heruntergeschlagen waren. Der Gauklerumhang mit seinen Flicken verdarb den Eindruck ein wenig, aber Gaukler waren eben ein seltsames Volk.
Die Männer unter den Händlern trugen die Cadin’sor , und obwohl die Messer an ihren Gürteln kürzer waren als bei den Kriegern, wusste Egwene, dass sie alle gut mit dem Speer umzugehen wussten, wenn es notwendig war. Sie hatten etwas an sich von der tödlichen Eleganz ihrer Brüder, die den Speer trugen. Die Frauen unter ihnen waren leichter von ihren kämpfenden Schwestern zu unterscheiden, weil sie lose hängende, weiße Blusen aus Algode und lange Wollröcke trugen, dazu Stirnbänder und Schultertücher. Abgesehen von den Töchtern und den Gai’shain – und Aviendha – sah man bei allen Aielfrauen unzählige Armreifen und Halsgehänge aus Gold und Elfenbein, Silber und Edelsteinen, manches davon aus der eigenen Herstellung, manches gekauft und viele als Beutestücke mitgebracht. Diejenigen unter den Aielhändlern allerdings trugen noch mindestens doppelt so viel Schmuck wie
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