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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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wieder.
    Nynaeve wagte einen kurzen Blick. Der Raum war leer. Sie gab einen ächzenden Laut von sich. Dass sie vorhatten, zu warten, tröstete sie wohl, doch die endgültige Antwort konnte immer noch alles bringen. Anaiyas Bemerkung hatte ihr gezeigt, dass sie nach wie vor Rand genauso reserviert gegenüberstanden wie Elaida. Vielleicht sogar noch mehr. Elaida versammelte schließlich keine Männer um sich, die mit der Macht umgehen konnten. Und wer war dieses ›beeinflussbare Kind‹? Nein, das war unwichtig. Sie konnten fünfzig verschiedene Intrigen am Kochen haben, von denen sie keine Ahnung hatte.
    Das Wachgewebe erlosch und Nynaeve erschrak. Es war höchste Zeit, von hier zu verschwinden. Sie rappelte sich schnell hoch und klopfte sich mit lebhaften Bewegungen den Staub von den Knien, als sie sich von der Hauswand entfernen wollte. Doch es reichte nur zu einem Schritt. Dann blieb sie stocksteif stehen, gebückt, die Hände noch an den verschmutzten Stellen ihres Rocks, und blickte Theodrin in die Augen.
    Die Domanifrau mit den Apfelbäckchen erwiderte ihren Blick und sagte kein Wort.
    Nynaeve überlegte fieberhaft, verwarf aber die dumme Behauptung, sie habe am Boden nach einem verlorenen Gegenstand gesucht. Stattdessen richtete sie sich auf und schritt gemächlich an der anderen Frau vorbei, als gebe es nichts zu erklären. Theodrin ging schweigend neben ihr her, die Hände auf Hüfthöhe gefaltet. Nynaeve überlegte, welche Möglichkeiten sie habe. Sie konnte Theodrin eins über den Kopf verpassen und wegrennen. Sie konnte auf die Knie fallen und betteln. Beide Möglichkeiten erschienen ihr nicht besonders gut, sie war aber nicht in der Lage, einen anderen Ausweg zu finden.
    »Habt Ihr die Ruhe bewahrt?«, fragte Theodrin und blickte dabei stur geradeaus.
    Nynaeve fuhr wieder zusammen. Das war der Rat gewesen, den ihr die andere Frau erst gestern gegeben hatte, nachdem sie versucht hatte, ihren eigenen Block mit Gewalt zu brechen. Bewahrt die Ruhe; bleibt sehr ruhig; denkt nur ruhige, beherrschte Gedanken. »Natürlich.« Ein schwächliches Lachen begleitete ihre Worte. »Was hätte mich hier auch aufregen können?«
    »Das ist gut«, sagte Theodrin ernst. »Heute will ich eine etwas … direktere Methode anwenden.«
    Nynaeve sah sie an. Keine Fragen? Keine Beschuldigungen? So, wie sich dieser Tag entwickelt hatte, konnte sie kaum glauben, so leicht davonzukommen.
    Sie blickte nicht zu dem Steingebäude zurück, und so bemerkte sie auch nicht die Frau, die sie und Theodrin von einem Fenster im zweiten Stock aus beobachtete.

KAPITEL 13

    Unter dem Staub
    N ynaeve fragte sich, ob sie ihren Zopf ausflechten solle, während sie unter einem rot gestreiften Handtuch hervor ihr Kleid und den Unterrock anschaute, die über Stuhllehnen hingen und auf die sauber gefegten Bohlen des Fußbodens tropften. Ein weiteres um sie gewickeltes Handtuch, grün und weiß gestreift und um einiges größer als das andere, diente ihr im Moment als Bekleidung. »Jetzt wissen wir also, dass auch ein Schock nichts hilft«, grollte sie Theodrin an, und sofort musste sie aufstöhnen. Ihr Unterkiefer schmerzte, und ihre Wange brannte noch immer. Theodrin hatte schnelle Reflexe und einen kräftigen Arm. »Ich kann jetzt gerade die Macht lenken, aber für einen Augenblick war vorhin Saidar das Allerletzte, was ich im Sinn hatte.« In jenem durchnässten Moment des Nach-Luft-Schnappens, als sie die Gedanken flohen und der reine Instinkt durchbrach.
    »Dann benützt die Macht, um Eure Sachen zu trocknen«, knurrte Theodrin.
    Nynaeves Kinn schmerzte gleich nicht mehr so sehr, als sie beobachtete, wie Theodrin in eine dreieckige Spiegelscherbe blickte und nach ihrem Auge fühlte. Die Haut wirkte bereits leicht geschwollen, und Nynaeve erwartete, dass sich dies zu einem ausgesprochen auffallenden Blauen Auge entwickeln werde, falls es nicht behandelt wurde. Ihr Arm war keineswegs so schwächlich, und ein Blaues Auge hatte Theodrin allemal verdient!
    Vielleicht war die Domani der gleichen Ansicht, denn sie seufzte: »Das versuche ich nicht noch einmal. Aber wie auch immer, ich werde Euch beibringen, Euch Saidar zu öffnen, ohne vorher so wütend zu sein, dass Ihr stattdessen die Macht beißen könntet.«
    Nynaeve blickte mit finsterer Miene auf ihre durchnässte Kleidung und überlegte eine Weile. Sie hatte noch nie so etwas unternommen. Ihre Hemmung, Alltagsarbeiten mithilfe der Macht zu erledigen, war sehr stark ausgeprägt, und das aus gutem

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