Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Mat verdutzt ansah. Juilin lächelte nicht – er lächelte nur noch selten –, aber auch er meinte, er wolle in der Nähe bleiben und würde vielleicht später mitkommen.
»Wie Ihr wollt«, sagte Mat und setzte sich seinen Hut wieder auf. »Vanin. Vanin!« Der dicke Mann schrak zusammen und unterbrach seine Anbetung Elaynes. Tatsächlich errötete er! Licht, die Frau übte einen schlechten Einfluss auf ihn aus.
Als Mat Pips umwandte, erklang Elaynes Stimme in seinem Rücken, die noch bereitwilliger klang als am Morgen. »Du wirst sie nicht zu viel trinken lassen, Meister Cauthon. Einige Männer wissen nicht, wann sie aufhören müssen. Und du solltest sicherlich nicht zulassen, dass ein kleiner Junge betrunkene Männer sieht.«
Er knirschte mit den Zähnen und ritt weiter über den Platz, ohne zurückzuschauen. Olver sah ihn an. Er würde die Männer warnen müssen, sich nicht vor dem Jungen zu betrinken, besonders Mendair. Licht, wie er es hasste, wenn sie ihm sagte, was er tun sollte!
Das Gasthaus hieß Die Wanderin , aber das Schild über der Tür und der Schenkraum versprachen alles, wonach es Mat verlangte. In dem Raum mit der hohen Decke und den breiten Bogenfenstern war es sicherlich kühler als draußen. Die Läden wiesen anscheinend mehr Löcher als Holz auf, aber sie spendeten dem Raum dennoch Schatten. Fremde saßen zwischen Einheimischen, ein schlaksiger Murandianer mit gedrehtem Schnurrbart, ein gedrungener Kandori mit zwei Silberketten über der Vorderseite seines Umhangs und andere, die Mat nicht sofort erkannte. Schwacher Pfeifendunst erfüllte die Luft, und zwei Frauen, die auf schrillen Flöten spielten und ein Bursche mit einer Trommel zwischen den Knien boten eine seltsame Musik dar. Das Beste war aber, dass die Schenkmädchen hübsch waren und an vier Tischen Männer würfelten. Der Kandori-Händler spielte Karten.
Die stattliche Wirtin stellte sich als Setalle Anan vor, obwohl sie mit ihren haselnussbraunen Augen niemals in Ebou Dar geboren sein konnte. »Mein Lord.« Große goldene Ringe in ihren Ohren schwangen mit, als sie vor Mat und Nalesean den Kopf beugte. »Darf Die Wanderin Euch bescheidene Unterkunft bieten?«
Sie war trotz einer Spur Grau im Haar hübsch, aber Mat beobachtete ihre Augen. An einer engen Halskette trug sie einen Hochzeitsdolch, dessen Heft mit roten und weißen Steinen sich zwischen ihre üppigen Brüste schmiegte, und auch an ihrem Gürtel steckte einer jener gebogenen Dolche. Er konnte dennoch nicht umhin zu grinsen. »Frau Anan, ich habe das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein.«
Das Seltsame war, dass der Würfel in seinem Kopf aufgehört hatte umherzurollen.
KAPITEL 48
Auf dem Dolch ausruhen
N ynaeve kletterte aus der großen Kupferwanne, ein weißes Handtuch um den Kopf geschlungen, und trocknete sich langsam ab. Die rundliche, grauhaarige Dienerin wollte ihr beim Anziehen helfen, aber Nynaeve schickte sie fort, achtete nicht auf bestürzte Blicke und Einwände, sondern zog sich selbst mit großer Sorgfalt an und betrachtete sich in dem dunkelgrünen Gewand mit dem breiten Kragen aus heller Merada-Spitze in dem hohen, schmalen Standspiegel. Lans schwerer goldener Ring ruhte in ihrer Tasche – sie sollte besser nicht daran denken – zusammen mit dem gewundenen Ring- Ter’angreal , und die Große Schlange schimmerte golden um den dritten Finger ihrer rechten Hand. Ihre rechte Hand. Sie sollte auch daran besser nicht denken.
Die hohe Decke war mit einem blauen Himmel und weißen Wolken hübsch bemalt, und auch wenn die Möbel auf beunruhigend großen vergoldeten Löwenfüßen standen und die schmalen Bettpfosten und Stuhlbeine für ihren Geschmack zu viele Verzierungen und Gold aufwiesen, war dies dennoch ein behaglicherer Raum, als sie ihn seit langer Zeit bewohnt hatte. Ein freundlicher Raum. Angenehm kühl. Sie versuchte, sich zu beruhigen.
Es gelang ihr natürlich nicht. Sie hatte die Gewebe Saidars gespürt, und sobald sie aus ihrem Schlafzimmer trat, bemerkte sie den unsichtbaren Schutzschirm erneut, den Elayne geschaffen und um das Wohnzimmer gelegt hatte. Birgitte und Aviendha waren ebenfalls bereits dort, alle frisch gebadet und mit sauberer Kleidung.
In einer, wie Birgitte behauptete, eher zufälligen Anordnung flankierten vier Schlafräume den Wohnraum, der ebenfalls eine mit Himmel und Wolken bemalte Decke aufwies. Vier hohe Bogenfenster führten auf einen breiten Balkon mit einem weiß gestrichenen schmiedeeisernen Gitter, das so
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