Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
verweigern. Er presste die Hände gegen seine Schläfen. Sein Kopf schien platzen zu wollen. »Ein Mann ist in der Stadt, Mat Cauthon. Ihr werdet …« Sie zuckte abermals leicht zusammen, und er runzelte die Stirn. »Ihr kennt ihn?«
»Ich habe den Namen gehört«, sagte sie vorsichtig. Und ärgerlich, hätte er behauptet. »Nur wenige, die mit al’Thor verbunden sind, bleiben lange unbekannt.« Als er näher herantrat, kreuzte sie schützend die Arme vor sich und blieb nur zögerlich am Fleck stehen. »Was macht ein schäbiger Bauernjunge in Ebou Dar? Wie ist er …«
»Belästigt mich nicht mit törichten Fragen, Shiaine.« Er hatte noch niemals solche Kopfschmerzen gehabt. Noch nie. Es fühlte sich an, als würde ihm zwischen den Augen ein Dolch in den Schädel getrieben. Niemand überlebte … »Ihr werdet Euren Kreis anweisen, Cauthon sofort ausfindig zu machen. Sie alle.« Der Alte Cully kam heute Nacht durch die Rückfront der Ställe herein. Sie brauchte nicht zu wissen, dass auch noch andere da sein würden. »Nichts anderes darf dazwischenkommen.«
»Aber ich dachte …«
Sie brach keuchend ab, als er ihren Nacken ergriff. Ein schmaler Dolch erschien in ihrer Hand, aber er entwand ihn ihr. Sie drehte sich und versuchte, sich ihm zu entziehen, aber er zwang ihr Gesicht auf die Tischplatte, wobei sie mit der Wange noch feuchte Tinte auf dem vergessenen Brief an Pedron Niall verwischte. Der Dolch, der unmittelbar vor ihren Augen niedersauste, ließ sie erstarren. Zufällig hatte die Klinge, die das Papier durchbohrt hatte, auch eine Ameise an einem Bein erwischt. Sie kämpfte genauso nutzlos, wie das Tier es getan hatte.
»Ihr seid ein Insekt, Mili.« Der Schmerz in seinem Kopf ließ seine Stimme rau klingen. »Es ist an der Zeit, dass Ihr das begreift. Ein Insekt ist wie das andere, und wenn eines seine Aufgabe nicht erfüllt …« Ihr Blick folgte seinem herabsinkenden Daumen, und als er die Ameise zerdrückte, zuckte sie zurück.
»Ich lebe, um zu dienen und zu gehorchen, Meister«, keuchte sie. Sie hatte das jedes Mal zu dem Alten Cully gesagt, wenn sie ihnen zusammen begegnete, aber niemals zuvor zu ihm.
»Und so werdet Ihr gehorchen …« Niemand überlebte Ungehorsam. Niemand.
KAPITEL 16
Eine Berührung an der Wange
D er Tarasin-Palast erstrahlte in schimmerndem Marmor und weißem Putz mit geschützten Balkonen aus weiß bemaltem Schmiedeeisen und Säulengängen bis vier Stockwerke über dem Boden. Tauben schwirrten um spitz zulaufende Kuppeln herum, und hohe, mit Balkonen verzierte Erker, die durch rote und grüne Ziegel miteinander verbunden waren, glänzten in der Sonne. Prächtige Bogentore im Palast selbst führten auf verschiedene Höfe, und weitere befanden sich in den hohen Mauern, die die Gärten verbargen; tiefe, schneeweiße, zehn Spann breite Stufen führten auf die dem Mol-Hara-Platz gegenüberliegende Seite zu großen, mit gehämmertem Gold belegten Türen hinauf, die wie die Balkongitter mit gewundenen Mustern verziert waren.
Die ungefähr ein Dutzend Wächter, die sich vor diesen Türen aufgereiht hatten und in der Sonne schwitzten, trugen vergoldete Brustharnische über grünen Umhängen und sackartigen weißen Hosen, die in dunkelgrünen Stiefeln steckten. Grüne Schnüre sicherten dichte Geflechte weißen Stoffs um Goldhelme, deren lange Enden ihre Rücken hinabhingen. Selbst die Hellebarden und die Scheiden ihrer Dolche und Kurzschwerter schimmerten golden. Wächter, die imponieren, aber nicht kämpfen sollten. Aber als Mat ihnen nahe kam, konnte er die Schwertkämpfer-Schwielen an ihren Händen erkennen. Er war zuvor stets durch einen der Stallhöfe hereingekommen, um die Palastpferde im Vorbeigehen zu überprüfen, aber dieses mal betrat er den Palast, wie ein Lord es tun würde.
»Das Licht segne Euch alle«, sagte er zum wachhabenden Offizier, ein Mann, der nicht viel älter war als er selbst. Ebou Dari waren höfliche Menschen. »Ich bin gekommen, um Nynaeve Sedai und Elayne Sedai eine Nachricht zu hinterlassen. Oder sie ihnen zu überbringen, falls sie schon zurückgekehrt sind.«
Der Offizier sah ihn bestürzt an und blickte dann auf die Stufen. Die goldenen Schnüre wie auch das Grün an seinem Spitzhelm bezeichneten einen Rang, den Mat nicht kannte, und er trug ein vergoldetes Stangenbajonett anstatt einer Hellebarde, die ein scharfes Ende und einen Haken wie ein Ochsen-Treibstock aufwies. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte niemand den
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