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Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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als sie durch die Palastkorridore rauschte. Das hieß, sie versuchte zu rauschen. Die Tochter-Erbin von Andor, imposant und erhaben. Sie wollte rennen, obwohl ihre dunkelblauen Röcke sie vermutlich bei dem Versuch hätten stolpern lassen. Sie konnte förmlich spüren, wie die staunenden Blicke des stämmigen Mannes ihr und ihren Begleiterinnen folgten. Ein geringfügiges Ärgernis, und eines, das vergehen würde, ein Sandkorn in ihrem Halbschuh. Der verdammte Rand al’Thor, der verflucht noch mal zu wissen glaubt, was für alle am besten wäre, ist wie ein juckender Ausschlag auf meinem Rücken!, dachte sie. Wenn es ihm diesmal gelang, ihr aus dem Weg zu gehen, dann …!
    »Denkt daran«, sagte sie entschieden. »Er erfährt nichts über Spione oder Spaltwurzel oder sonst etwas davon!« Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war seine Entscheidung, sie zu ›retten‹. Männer kamen auf solchen Unsinn; Nynaeve nannte es ›mit den Haaren auf der Brust denken‹. Licht, er würde vermutlich versuchen, die Aiel und Saldaeaner zurück in die Stadt zu holen! In den Palast! So bitter es auch war, dies zugeben zu müssen, sie konnte ihn nicht aufhalten, wenn er es versuchte, jedenfalls nicht ohne einen Krieg anzufangen, und möglicherweise nicht mal dann.
    »Ich sage ihm nie Dinge, die er nicht zu wissen braucht«, bemerkte Min und betrachtete stirnrunzelnd eine schmächtige Dienerin mit weit aufgerissenen Augen, deren Hofknicks dazu führte, dass sie beinahe auf den rotbraunen Fliesenboden fiel. Elayne warf Min einen Blick zu und erinnerte sich an die Zeit, in der sie selbst Kniebundhosen getragen hatte, und sie fragte sich, ob sie es nicht noch einmal versuchen konnte. Sie boten mit Sicherheit größere Bewegungsfreiheit als Röcke. Allerdings nicht die hochhackigen Stiefel, entschied sie wohlüberlegt. Sie machten Min beinahe so groß wie Aviendha, aber selbst Birgitte schwankte in ihnen, und mit den eng anliegenden Hosen und einem Mantel, der kaum ihre Hüften bedeckte, bot Min definitiv einen skandalösen Anblick.
    »Du lügst ihn an?« Aviendhas Tonfall war voller Misstrauen. Sogar die Art und Weise, wie sie ihr dunkles Schultertuch zurechtrückte, kündete von Missbilligung, und sie starrte Min an Elayne vorbei an.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Min scharf und starrte zurück. »Nur wenn es unbedingt nötig ist.« Aviendha kicherte, dann sah sie überrascht aus, dass sie es getan hatte, und setzte eine steinerne Miene auf.
    Was sollte sie mit ihnen machen? Sie mussten einander mögen. Sie mussten es einfach. Aber die beiden Frauen hatten sich seit ihrem Zusammentreffen wie fremde Katzen in einem kleinen Zimmer angestarrt. Oh, sie hatten allem zugestimmt – sie hatten keine andere Wahl gehabt, da keine von ihnen auch nur erahnen konnte, wann ihnen der Mann das nächste Mal zur Verfügung stand –, aber sie hoffte, dass sie einander nicht wieder zeigten, wie geschickt sie mit ihren Messern umgehen konnten. Ganz beiläufig, ohne jede angedeutete Drohung, aber auch ganz offen. Andererseits hatte Aviendha die Zahl der Messer, die Min am Leib trug, durchaus beeindruckt.
    Ein junger Diener, der ein Tablett mit hohen Zylindern für die Kandelaber trug, verbeugte sich, als sie vorbeirauschte. Unglücklicherweise starrte er sie so gebannt an, dass er vergaß, auf seine Last zu achten. Das Geräusch auf den Bodenfliesen zersplitternden Glases hallte durch den Korridor.
    Elayne seufzte erneut. Sie hoffte, dass sich jeder bald an die neue Ordnung der Dinge gewöhnt hatte. Natürlich war nicht sie allein das Objekt der Aufmerksamkeit, oder Aviendha oder selbst Min, obwohl sie sicher einen Teil davon auf sich zog. Nein, es waren Caseille und Deni, die ihnen dichtauf folgten, die Diener stolpern und die Augen aufreißen ließen. Sie hatte jetzt acht Leibwächterinnen und diese beiden hatten vor ihrer Tür Wache gestanden, als sie aufgewacht war.
    Einige der ungläubigen Blicke rührten vermutlich daher, dass Elayne überhaupt von einer Leibwache begleitet wurde, aber mit Sicherheit lag es daran, dass es Frauen waren. Daran hatte sich noch keiner gewöhnt. Aber Birgitte hatte gesagt, sie würde dafür sorgen, dass sie wie eine Zeremonienwache aussahen, und das hatte sie auch getan. Nachdem sie Elaynes Gemächer in der vergangenen Nacht verlassen hatte, musste sie jede Näherin und Hutmacherin des Palasts an die Arbeit gesetzt haben. Jede der Frauen trug einen hellroten Hut mit einer langen weißen Feder, die sich flach

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