Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
leicht, seine Befriedigung zu verbergen. Rand al’Thor oder Lews Therin Telamon, er würde ruhiger schlafen, wenn der Kerl tot war. »Bevor er die Welt und uns zerstören kann. Dies macht es noch wichtiger, ihn zu finden.«
»Ihn töten?« Moridin bewegte die Hände, als würde er etwas abwägen. »Falls es nötig werden wird, ja«, sagte er schließlich. »Aber ihn zu finden ist kein Problem. Wenn er den Choedan Kal berührt, werdet ihr wissen, wo er ist. Und ihr werdet euch dorthin begeben und ihn holen. Oder ihn töten, falls es nicht anders geht. Der Nae’blis hat gesprochen.«
»Wie der Nae’blis befiehlt«, sagte Cyndane eifrig und senkte den Kopf. Das Echo dieser Worte hallte durch den Raum, auch wenn Aran’gar mürrisch, Osan’gar verzweifelt und Graendal seltsam nachdenklich klang.
Den Kopf zu senken schmerzte Demandred genauso sehr, wie diese Worte auszusprechen. Also würden sie sich al’Thor holen – während er versuchte, die Choedan Kal zu benutzen, das müsste man sich einmal vorstellen, während er und irgendeine Frau genug von der Einen Macht tranken, um ganze Kontinente zu zerschmelzen! –, aber es hatte keinen Hinweis gegeben, dass Moridin ihnen zur Seite stehen würde. Oder seine Schoßtiere Moghedien und Cyndane. Im Augenblick war der Mann Nae’blis, aber vielleicht konnte man die Dinge so arrangieren, dass für ihn bei seinem nächsten Tod kein neuer Körper zur Verfügung stand. Und vielleicht konnte man es sogar bald arrangieren.
KAPITEL 14
Was ein Schleier verbirgt
D ie Sieg von Kidron rollte in ein tiefes Wellental und ließ die vergoldeten Lampen der Heckkabine an ihren Aufhängungen schwingen, aber Tuon saß ganz ruhig da, während das Rasiermesser in Selucias sicherer Hand über ihre Kopfhaut glitt. Die hohen Heckfenster gaben den Blick auf die anderen Großschiffe frei, welche die graugrüne Dünung in weiß aufstiebenden Gischtwolken durchbrachen, Hunderte von ihnen, die sich Bug an Bug bis zum Horizont erstreckten. Viermal so viel waren in Tanchico zurückgelassen worden. Die Rhyagelle , die in die Heimat zurückkehrten. Die Corenne , die Wiederkehr, hatte begonnen.
Ein dahingleitender Albatros schien der Kidron zu folgen, in der Tat ein Omen des Sieges, auch wenn die langen Flügel des Tieres schwarz statt weiß waren. Es musste trotzdem das Gleiche bedeuten. Omen veränderten sich nicht, nur weil sich die Gegend änderte. Ein Eulenruf zur Morgendämmerung verkündete den Tod und Regen ohne Wolken einen unerwarteten Besucher, egal, ob man in Imfaral oder Noren M’Shar war.
Das morgendliche Ritual mit dem Rasiermesser ihrer Ankleidedame war beruhigend und genau das, was sie heute brauchte. Am vergangenen Abend hatte sie von Wut erfüllt einen Befehl gegeben. Kein Befehl sollte von Wut erfüllt gegeben werden.
Sie fühlte sich beinahe sei’mosiev , als hätte sie ihre Ehre verloren. Ihr Gleichgewicht war gestört, und das war ein genauso schlechtes Vorzeichen für die Wiederkehr wie der Verlust von Sei’taer , Albatros oder kein Albatros.
Selucia wischte mit einem feuchten Tuch den letzten Rest Rasierseife ab, benutzte dann ein trockenes Tuch und puderte schließlich Tuons glatte Kopfhaut mit einem Pinsel ein. Als ihre Ankleidedame schließlich zurücktrat, erhob sich Tuon und ließ ihren aufwendig bestickten blauen Seidenmorgenmantel auf den mit goldenen und blauen Mustern verzierten Teppich fallen. Sofort rief die kalte Luft eine Gänsehaut auf ihrer dunklen nackten Haut hervor. Vier ihrer zehn Zofen erhoben sich anmutig von der Stelle, wo sie an der Wand gekniet hatten; ihre hauchzarten weißen Gewänder betonten ihre schlanken, anmutigen Glieder. Sie alle waren sowohl ihres Erscheinungsbildes als auch ihrer Fertigkeiten wegen gekauft worden und sie waren sehr geschickt. Während der langen Reise von Seanchan hatten sie sich an die Bewegungen des Schiffs gewöhnt, und sie eilten los, um die auf den Truhen bereitgelegten Kleidungsstücke zu holen und sie Selucia zu bringen. Selucia erlaubte den Da’covale niemals, ihr tatsächlich etwas anzuziehen, nicht mal die Strümpfe oder die Schuhe.
Als sie ein mit Falten versehenes Gewand von der Farbe gealterten Elfenbeins über Tuons Kopf schob, konnte die junge Frau nicht widerstehen, sie in dem hohen Spiegel, der an der Innenwand befestigt war, verstohlen zu mustern. Die blonde Selucia war eine vornehme, hellhäutige Schönheit mit kühlen blauen Augen. Wäre ihre linke Kopfseite nicht glatt rasiert gewesen, hätte
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