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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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so eine schmutzige Fantasie haben?
    »Glaube, was du glauben willst«, flüsterte sie schließlich. »Maffeo ist schwer krank. Er ist dem Tod heute Nacht gerade mal eben von der Schippe gesprungen, wie wir in meiner Heimat sagen. Es stünde dir gut zu Gesicht, ein bisschen mehr Mitgefühl zu zeigen. Immerhin ist Maffeo dein Herr.«
    Ming wollte gerade etwas entgegnen, als sich die Tür öffnete und Dschinkim den Raum betrat. Hastig verneigte sich die alte Chinesin vor dem Bruder des Kaisers und hielt ihren Mund. Doch Beatrice war sicher, dass sie keine Reue empfand. Ming gehörte zu den Menschen, die niemals einen Irrtum begehen – das war wenigstens ihre Sicht der Dinge.
    Dschinkims Blick glitt achtlos über die Dienerin hinweg, streifte das Bett, blieb einen Moment lang überrascht auf Maffeo haften und wandte sich dann Beatrice zu. Ob er Mings schmutzige Gedanken teilte, war nicht zu erkennen. Doch sein Gesicht, das vor wenigen Augenblicken noch freundlich und beinahe fröhlich ausgesehen hatte, war nun mit einem Mal wieder kühl und abweisend.
    »Beatrice, Frau aus dem Norden des Abendlandes, der große und mächtige Khubilai Khan wünscht dich zu sehen.«
    »Gut, sobald ich…«
    Doch weiter kam Beatrice nicht.
    »Du hast mich wohl nicht richtig verstanden, Weib!«, unterbrach Dschinkim sie spöttisch. »Der große Khan wünscht dich sofort zu sprechen.«
    »Jetzt?«
    »Ja, genau. Jetzt.«
    Beatrice starrte Dschinkim entgeistert an. Dann warf sie einen verzweifelten Blick zu Maffeo. Konnte sie ihn sich selbst überlassen? Das war unter Umständen gefährlich. Wenn er einen Rückfall bekam…
    »Ming, schicke jemanden zu Li Mu Bai. Er soll im Haus der Heilung alles stehen und liegen lassen und sofort hierher kommen. Bis dahin bleibst du bei Maffeo. Aber wehe, du weckst ihn auf. Dann werde ich persönlich dafür sorgen, dass du für den Rest deines Lebens nur noch die Kohlenfeuer hütest!«
    Ming verneigte sich kurz. Die Alte konnte ihren Zorn kaum verbergen. Aber es hatte den Anschein, als ob sie Beatrices Drohung ernst nahm.
    »Komm endlich. Der Khan ist nicht sehr geduldig.«
    Beatrice und Dschinkim verließen das Zimmer. Schweigend gingen sie nebeneinander her. Es war ein unangenehmes Schweigen. Keiner sah den anderen an. Eine unausgesprochene Frage hing zwischen ihnen wie eine galleartige, klebrige Masse, die Beatrice langsam zu ersticken drohte.
    Ich sollte mit Dschinkim reden, dachte sie. Je eher, desto besser. Wenn jemand hier im Palast ihr Glauben schenken würde, dass Maffeo vergiftet worden war, dann Dschinkim. Er würde wissen, wer als Täter infrage kam und was als Nächstes zu tun war. Ganz abgesehen davon hatte sie den dringenden Wunsch, ihm zu erklären, weshalb Maffeo die Nacht in ihrem Bett verbracht hatte. Aber das mochte sie nicht einmal sich selbst eingestehen.
    »Dschinkim, ich muss dir etwas sagen. Maffeo…«
    Doch er brachte sie mit einer ungeduldigen Geste zum Schweigen. »Nein. Du bist mir keine Rechenschaft schuldig«, sagte er. »Weder du noch Maffeo.«
    Seine Stimme klang seltsam heiser, schroff und sogar ein wenig enttäuscht. Aber das Merkwürdigste war, dass es Beatrice leid tat und sie ein schlechtes Gewissen bekam. Am liebsten hätte sie sich bei ihm entschuldigt und ihn um Verzeihung gebeten, auch wenn sie nicht genau wusste, wofür.
    »Ich kann mir vorstellen, was du denkst. Trotzdem solltest du keine voreiligen Schlüsse ziehen, sondern mir zuhören.« Sie versuchte, ihre Tranen hinunterzuschlucken. Er brauchte sie nicht zu sehen. »Maffeo wurde vergiftet. Und es scheint, als wäre es mir gerade noch gelungen, ihn zu retten.«
    Dschinkim fuhr herum und sah sie mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Vergiftet?«
    »Ja. Li Mu Bai hatte bereits die Vermutung. Aber da er nicht herausfinden konnte, um welches Gift es sich handelte, hat er Maffeo zu mir geschickt.« Beatrice seufzte. »Zum Glück hat Maffeo Li Mu Bais Rat unverzüglich befolgt, und ist noch gestern Abend in mein Zimmer gekommen. Er litt bereits unter hohem Fieber und Wahnvorstellungen. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn er noch bis heute früh gewartet hätte. Wahrscheinlich wäre dann jede Hilfe zu spät gekommen.«
    Dschinkim schwieg, während sie weitergingen, als hätten sie sich über nichts Wichtigeres als das Wetter unterhalten. Anscheinend musste er diese Nachricht erst einmal verkraften.
    »Ich will alles wissen, was du weißt«, sagte er nach einer Weile. »Aber nicht jetzt. Lass uns später darüber

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