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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Wahrheit gepachtet haben, sondern dass es auch jenseits der chinesischen Grenzen den einen oder anderen klugen Menschen gibt.«
    Dschinkim sah sie an, und seine Lippen umspielte ein Lächeln. »Das waren die Worte eines Kriegers«, sagte er und nickte anerkennend. »Du hast mir aus dem Herzen gesprochen. Und ich schwöre dir, ich werde dir helfen und dich bei deinem Vorhaben unterstützen, so gut ich es vermag.«
    Er nahm ihre Hand und drückte sie. Seine Hand war rau, kräftig und voller Schwielen vom Griff des Schwerts und den Zügeln. Es war die eines Kriegers.
    Sieh an, er kann sogar nett sein, dachte Beatrice und blickte in seine leuchtenden katzengrünen Augen, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. Ob er wohl verheiratet ist?
    Dieser Gedanke kam so plötzlich, dass Beatrice über sich selbst erschrak und sich gleich darauf in Grund und Boden schämte. Vermutlich war dies die Wirkung des durch die Schwangerschaft gründlich veränderten Hormonspiegels. Vielleicht handelte es sich um einen Atavismus, ein Überbleibsel aus der Steinzeit, als schwangere Frauen noch einen Mann brauchten, um sie und ihre Neugeborenen vor Raubtieren und den Männern fremder Stämme zu beschützen. Ob Dschinkim ihre Gedanken gelesen hatte? Er ließ ihre Hand abrupt los und wandte sich verlegen ab.
    »Wir sollten Maffeo abholen und wieder nach Hause gehen«, sagte er. Seine Stimme klang seltsam heiser.
    »Ja, das ist eine gute Idee«, erwiderte Beatrice und kam sich ziemlich dumm vor. Aber sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte.
    Sie schickten einen der herumlaufenden Diener in den Garten, und wenig später kehrte dieser mit Maffeo zurück. Um Dschinkim nicht mehr ansehen zu müssen, musterte Beatrice den alten Mann mit besonderer Aufmerksamkeit. Die Ruhe schien ihm gut getan zu haben. Er war zwar immer noch ein wenig blass, aber er wirkte nicht mehr so grau und angegriffen wie noch vor wenigen Stunden.
    Trotzdem, morgen werde ich mit Li Mu Bai über Maffeo sprechen, nahm sich Beatrice fest vor.
    Den Heimweg legten sie in überaus gemächlichem Tempo zurück, als hätte keiner von ihnen es besonders eilig, wieder nach Hause zu kommen. Dschinkim begleitete sie sogar bis vor die Tür zu ihren Gemächern.
    Zu ihrer großen Überraschung stand Marco vor der Tür und schien auf sie zu warten. Er lehnte so betont lässig an der Wand, dass er in anderer Kleidung, mit Sonnenbrille und Zigarette ohne Schwierigkeiten eine Rolle in einem Mafiafilm hätte übernehmen können. Seltsamerweise freute sie sich nicht, ihn zu sehen.
    Ich fürchte, das ist heute nicht mein Tag, dachte sie und spürte, dass die Kopfschmerzen, die wie durch Zauberhand verschwunden waren, nun doch wiederkamen. Es wäre ja auch zu schön gewesen.
    Auch Dschinkim neben ihr versteifte sich, und Maffeo stieß einen tiefen Seufzer aus. Niemand schien sich über Marcos unerwartetes Auftauchen zu freuen.
    »Marco«, begrüßte Maffeo seinen Neffen ohne jede Begeisterung. »Was machst du denn hier?«
    Der junge Venezianer schnäuzte sich noch einmal mit einem Tuch, ließ es fallen und löste sich von der Wand. Elegant und geschmeidig wie ein Raubtier kam er ihnen ein paar Schritte entgegen.
    »Onkel, es freut mich, Euch bei guter Gesundheit zu sehen«, sagte er und ergriff Maffeos Hände, als hätte er die kühle Begrüßung nicht registriert. Vielleicht hatte er es tatsächlich überhört. Oder aber sein Ego war stark genug, um mit solchen Kleinigkeiten wie einer Abfuhr fertig zu werden. »Ich war in Sorge um Euch, verehrter Onkel. Als ich in Euren Gemächern nach Euch fragte, hat mir Euer Diener berichtet, dass Ihr Euch zum Haus der Heilung begeben habt.«
    »Ja, wir hatten dort einen Auftrag des edlen Khubilai Khans zu erfüllen«, erwiderte Maffeo. »Aber du hast doch nicht etwa auf mich gewartet, nur um dich nach meinem Befinden zu erkundigen?«
    Marco lachte. Sein Lachen klang angenehm und hinterließ ein wohliges Prickeln auf der Haut, wie perlender Champagner in einem kostbaren Kristallglas.
    »Tatsächlich, Onkel, Ihr habt mich ertappt«, erwiderte er belustigt und verneigte sich. »Euer Spürsinn hat Euch nicht betrogen. Zu meiner Schande muss ich zugeben, dass es wirklich nicht meine vorrangige Absicht war, mich von Eurem Wohlergehen zu überzeugen. In Wahrheit bin ich gekommen, um der überaus reizenden Beatrice meine Aufwartung zu machen. Ich grüße Euch, verehrte Beatrice.«
    Er wandte sich Beatrice zu, ergriff ihre Hand und führte sie an seine Lippen.

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