Das Rätsel der Rückkehr - Roman
Hals. Das Paar steht immer noch Mund-an-Mund. Der Zug streckt sich in die Länge und fährt. Das Mädchen hat das Buch auf dem Sitz vergessen. Sie ist bereits weit weg. Wie der Zug sollte das Buch sie nur zu ihm bringen.
Ich denke wieder an meinen ersten Koffer, den ich in einem der engen staubigen Zimmer der Stadt vergaß. Glücklicherweise habe ich alle Dinge, die es wert waren, wieder bekommen. Ein Brief von meiner Mutter, in dem sie mir in allen Einzelheiten erklärt, wie in einem Land zu leben ist, das sie nie besucht hat. Und dieses zerlesene Exemplar von
Zurück ins Land der Geburt
des Dichters Aimé Césaire aus Martinique. Beides trage ich immer bei mir.
Der Anruf mitten in der Nacht. Sind Sie Windsor Laferrière? Ja. Hier ist das
Brooklyn Hospital
… Windsor Laferrière ist soeben verstorben. Wir haben denselben Namen. Meine Nummer hatten sie bei ihm gefunden. Am Telefon war die Krankenschwester, die ihn pflegte. Mit sanfter gleichmäßiger Stimme erzählte sie mir, er sei zu ihr gekommen, wenn es ihm nicht gut ging. Manchmal in schweren Krisen. Keinen außer mir ließ er dann an sich ran. Ein sehr lieber Mann, trotz all der Wut, die in ihm tobte. Ihr Vater starb mit einem Lächeln, mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Auf dem Rücken liegend habe ich lange Zeit an die Decke gestarrt.
In Toronto steige ich kurz aus. Um bei einem alten Freund vorbeizuschauen, der Maler ist. Wir tranken ein Glas in einer Bar in der Nähe der Galerie, wo er gerade ausstellte. Da wir gleich alt sind, erlebten wir vieles zur gleichen Zeit. Sein Vater ist am Anfang dieses Jahres gestorben, er musste ungefähr um die gleiche Zeit fliehen wie der meine. Wir sind eine Generation von Söhnen ohne Väter, erzogen von Frauen, deren Stimmen noch schriller wurden, wenn die Ereignisse sie überforderten. Anschließend tranken wir Rum in seinem kleinen düsteren Atelier. Im Morgengrauen brachte er mich zum Bahnhof.
Ich reise immer mit dem Gedichtband von Césaire. Beim ersten Lesen fand ich ihn eher fad, vor vierzig Jahren. Ein Freund hatte ihn mir geliehen. Es kommt mir heute seltsam vor, dass ich so etwas mit fünfzehn las. Ich verstand bisher nicht, warum dieses Buch junge Antillaner so ins Schwärmen brachte. Ich sah wohl, es war das Werk eines hochintelligenten Mannes, den eine schreckliche Wut beherrschte. Ich bemerkte die aufeinandergepressten Zähne, die von Tränen verschleierten Augen. Das alles sah ich, aber nicht die Poesie. Der Text kam mir zu prosaisch vor. Zu nackt. Und jetzt, in dieser Nacht, da ich endlich zu meinem Vater fahre, erkenne ich plötzlich den Schatten Césaires hinter den Worten. Ich sehe genau, an welcher Stelle er seinen Zorn überwunden und in diesem Abenteuer der Sprache ganz neue Gefilde beschritten hat. Die eindringlichen Bilder von Césaire tanzen vor meinen Augen. Ich meine, seine bohrende Wut geht eher aus dem Wunsch hervor, in Würde zu leben, als den Kolonialismus anzuprangern. Mit Hilfe des Dichters gelingt es mir, den Schmerz, der mich zerreißt, und das hintergründige Lächeln meines Vaters zu verbinden.
Es gibt ein Foto von Césaire,
das ihn auf einer Bank sitzend zeigt.
Das Meer in seinem Rücken.
In einer zu weiten Khakijacke,
so dass er wie ein zierlicher Vogel aussieht.
Sein erloschenes Lächeln
und seine Augen, so groß und sanft,
lassen nichts von der Wut erkennen,
die ihn vor unseren Augen
in einen verkohlten Baumstumpf verwandelt.
Manhattan im Regen
Regenschirme in allen Farben. In New York ist es sehr warm, während man in Montréal noch friert. Für meine Onkel ist diese Wärme willkommen, wenn auch etwas merkwürdig. Als wäre es Sommer. Manhattan in den Tropen. Onkel Zachée behauptet, es sei ein Geschenk der Natur an meinen Vater, da er die Kälte hasste und sie mit der Ungerechtigkeit der Menschen verglich. Für ihn kam der Regen zu spät.
Eine Menge in der großen Kirche von Manhattan
eines Mannes wegen, der völlig allein
die letzten Jahres seines Lebens verbrachte.
Er war nicht vergessen.
Da er niemanden sehen wollte,
hatten sie geduldig auf seinen Tod gewartet,
um ihm die Ehre zu erweisen.
Jetzt, da er nicht mehr fliehen konnte,
wurde er mit Lob überschüttet.
Die Sesshaften lieben es,
wenn der Nomade gezwungen ist zu bleiben.
Eingezwängt in einen langen Kasten,
den er sicher für eine Piroge hält,
in der er, wie in Kindertagen,
über den Fluss Guinaudée gleitet.
Alte Taxifahrer aus Haiti, in Begleitung ihrer Frauen, meist
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