Das Rätsel der Templer - Roman
Moment den Anschein, als wollte er Hagen gegenüber salutieren. Nach einem Augenblick der Sammlung
fand er den Mut, nach vorn zu gehen, um den Professor zu einem möglichst abgelegenen Rechner zu geleiten. Hastig zog er seine
Chipkarte hervor, die an einer langen Kette baumelte, und entriegelte damit den Sicherheitsmechanismus, um den bislang verwaisten
Quantenrechner zu starten. Mit einem ungeduldigen Seitenblick, der Henderson vermittelte, dass er sich nun entfernen durfte,
gab Hagen wiederum seine eigene Chipkarte ein.
Einem lauernden Krokodil gleich verfolgte der Professor, wie Henderson sich unterwürfig davonschlich, bis sich seine Schritte
hinter einer Reihe von systematisch aufgestellten Paravents verloren.
Erst dann setzte Hagen sich in den bequemen Computersessel und startete das Programm, in der Gewissheit, dass niemand hier
im Raum es wagen würde, ihn während der nächsten halben Stunde zu stören.
Hagens Finger flogen über die Tastatur, während er an dem empfindlichen Rechner eine Magnetkartusche nach der anderen wechselte.
Nachdem er das Arbeitsprotokoll gelöscht hatte, entnahm er seine Chipkarte und verließ die heiligen Hallen ebenso lautlos,
wie er sie betreten hatte.
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Samstag, der 13. 11. 2004 – Tom Stevendahl – der Unfall
Eigentlich sollte Doktor Tom Stevendahl seinen Dienst gegen 11 Uhr im US-militärischen Forschungsinstitut CAPUT beginnen,
in einem abgelegenen Eifelörtchen rund einhundertzwanzig Kilometer entfernt. Jetzt war es Viertel vor zehn, und er stand immer
noch im Flur seines Bonner Appartements und suchte in aufkommender Verzweiflung nach seinem Autoschlüssel. Erst nachdem er
die Augen geschlossen hatte und für einen Moment in eine Art geistige Versenkung übergegangen war, kam ihm die Idee, im Waschkeller
nachzuschauen. Zwischen Handtüchern und Bettlaken wurde er fündig, als er in einem der vielen Waschkörbe seine älteste Jeans
mit einem verräterischen Klingeln in der Hosentasche zutage brachte.
Schon oft hatte er darüber nachgedacht, dass es praktischer wäre, in die Nähe des Instituts zu ziehen, doch obschon er Däne
war und seine Eltern in Kopenhagen lebten, fühlte er sich in der gemütlichen Stadt am Rhein wie zu Hause. Gewöhnlich verrichtete
er von Montag bis Freitag seinen Dienst, wenn nicht irgendwelche Sonderschichten dazwischenkamen, die allerdings immer rechtzeitig
angekündigt wurden. Daher hatte es ihn gewundert, dass er und sein Kollege Paul Colbach den Dienst bereits fest eingeteilter
Kollegen am Wochenende übernehmen mussten, und das plötzlich und ohne ersichtlichen Grund. Doktor James Piglet, der Referent
seines Vorgesetzten, der für die Einteilung der wissenschaftlichen Assistenten zuständig war, hatte irgendetwas von Personalgesprächen
verlauten lassen, die ihr Vorgesetzter, Professor Hagen, mit den beiden anderen Kollegen im Laufe des Nachmittags führen wollte.
Toms silberner BMW Z3 Roadster streikte unvermittelt beim Starten, daher blieb ihm nichts weiter übrig als Leo, seinen Nachbarn
zu bemühen, der sich in Sachen Kraftfahrzeugelektronik mindestens so gut auskannte wie Tom in Quantenphysik.
»Kannst du mir deinen Volvo borgen?«, fragte Tom übergangslos, als Leo wenig später in Unterwäsche und völlig verschlafen
in seiner Wohnungstür erschien.
|222| »He, Smörebröd, sag jetzt nicht, deine Nobelkarre hat sich’ne Auszeit genommen?« Leo gähnte, während er sich mit der Hand
durch sein zerzaustes Haar fuhr. »Es ist Samstag, und du bist geradezu unverschämt früh. Weißt du das?«
»Die Elektronik hat’ne Macke, schätze ich mal«, antwortete Tom. »Vielleicht ist nur ein Kabel locker. Ich muss zur Arbeit
und bin eh schon spät. Ich mach’s irgendwann wieder gut. Wenn du’s hinbekommst, kannst du ruhig deine Runden drehen. Bin erst
spät zurück.«
»In Ordnung«, flüsterte Leo heiser und verschwand für einen Moment hinter der knarrenden Wohnungstür. Kurz darauf drückte
er Tom den Wagenschlüssel für seinen alten Volvo Kombi in die Hand.
»Danke«, sagte Tom. »Ist Sprit drin?«
»Bis in die Eifel müsste es reichen«, murmelte Leo.
Frustriert drückte Tom aufs Gas. Obwohl er geistesgegenwärtig abgebremst hatte, zeigte der Tacho immer noch 133 Stundenkilometer,
als die gut getarnte Radaranlage auf Höhe des Rodderbergs ihn mit einem Blitzlichtgewitter beglückte. Leo würde sich freuen,
dachte Tom resigniert. Dabei überlegt er schon jetzt, wie
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