Das Rätsel der Templer - Roman
denn machen? Ihn Hagen überlassen?«
»Jetzt sei doch nicht so gereizt!«, rief Paul in den Hörer. »Sei froh, dass du abhauen konntest. Was denkst du eigentlich,
was ich alles über mich ergehen lassen musste? Die gesamte Institutsleitung hat sich zu einer Untersuchung mit einem eilig
zusammengerufenen Beraterstab im Stützpunkt eingenistet. Der Präsident der Vereinigten Staaten wurde umgehend informiert.
Noch heute Nacht macht sich eine Untersuchungskommission des Pentagon mit einer Sondermaschine aus Washington auf den Weg
hierher. Hagen hat mich unterdessen persönlich in die Mangel genommen. Er war not amused, dich nicht anzutreffen. Ich habe
ihm gesagt, dass du unter Schock standest und erstmal nach Hause fahren wolltest. Das hat er überhaupt nicht begriffen. Er
wollte, dass ich dich anrufe. Sofort, auf dem Handy – aber glücklicherweise warst du nicht zu erreichen.«
»Hat Hagen noch etwas gesagt?«
»Dass er davon ausgeht, dass wir spätestens morgen früh um neun bei ihm antanzen. Er will einen detaillierten Bericht über
den Ablauf der Testreihe. Ersten Berechnungen zufolge ergibt sich ein Sachschaden von knapp zwei Milliarden Dollar, und es
gab mindestens fünfzehn Verletzte, drei davon schwer. Um das Gelände herum sind ganze Heerscharen von Übertragungswagen aufgefahren.
Frag mich, wie die Presse so schnell davon Wind bekommen hat. Piglet hat eine Erklärung herausgegeben, um sie zu verscheuchen.
Er sagte, dass die Möglichkeit einer leichten Verstrahlung des Bodens in Betracht gezogen werden müsse und dass das Gebiet
im Umkreis von zwei Kilometern zu räumen sei. Colonel Pelham hat alles weitläufig absperren lassen. Ich wusste gar nicht,
dass uns so viele Soldaten zur Verfügung stehen. Eine Eilanfrage der Fraktion der Grünen haben die Amerikaner auch schon auf
dem Tisch liegen. Hier brennt im wahrsten Sinne des Wortes die Luft.«
»So, wir fahren jetzt die Krankenhausauffahrt hinauf, ich muss Schluss machen!«, rief Tom, der Mühe hatte, seinen Wagen auf
der kurvenreichen Straße zu halten. »Bevor wir morgen gemeinsam in die |261| Höhle des Löwen vordringen, müssen wir uns unbedingt treffen. Ich schlage vor, um acht bei McDonalds in Bitburg. In Ordnung?«
»Geht klar«, erwiderte Paul, »Vielleicht telefonieren wir später noch mal.«
»Ja«, sagte Tom und beendete das Gespräch.
Der Krankenwagen fuhr zu einem hell erleuchteten Rolltor. Tom stellte seinen Volvo ein paar Meter entfernt ab.
Um keine Zeit zu verlieren, rannte er zum Eingang des Gebäudes, wo die Trage mit dem Mann aus dem Mittelalter auf ein Gestänge
mit Rollen umgeladen und dann in den unterirdischen Krankenhaustrakt geschoben wurde.
Als er gemeinsam mit den Sanitätern durch eine doppelseitige Milchglastür schlüpfen wollte, fragte ihn eine energische Stimme
von der Seite. »Sind Sie Angehöriger?«
Tom überlegte kurz.
War er das? Ja, entschied er, irgendwie schon.
Er schaute sich um. Eine herrische Frau mittleren Alters starrte ihn erwartungsvoll an.
Schwester Cordula
prangte auf ihrem Namensschild.
»Der Verletzte ist mein Schwager«, gab er kurz entschlossen zurück.
»Na, dann kommen Sie mal mit«, meinte die ganz in Blau gekleidete Frau eine Spur freundlicher. »Die verwaltungstechnischen
Angelegenheiten regeln Sie bitte bei der Patientenaufnahme im Erdgeschoss«, redete sie weiter.
Tom sah, wie die Sanitäter und ein Krankenhausarzt, den er daran zu erkennen glaubte, dass er ein Stethoskop um den Hals trug,
mit dem Verletzten hinter einer Schwingtür verschwanden.
Röntgen – kein Zutritt
, stand darauf.
»Wo … wo bringen sie ihn hin?«, fragte Tom nervös.
»Machen Sie sich keine Sorgen! Ihr Schwager wird erst mal gründlich untersucht. Sie können später noch mal zu ihm. Wenn Sie
mir jetzt bitte folgen würden?« Die Schwester lächelte künstlich und deutete in Richtung Treppenaufgang.
Die Patientenaufnahme gestaltete sich schwierig. Tom stotterte sich ein paar biographische Daten zusammen, von denen er meinte,
dass sie auf den Mann zutreffen könnten. Er schätzte ihn auf knapp dreißig und nannte ihn Gerard Schreyber – nach dem Vornamen,
der auf dem Pergament gestanden hatte, und nach Hannahs Nachnamen. Damit |262| machte er ihn – zusammen mit den Angaben zu ihrer Krankenversicherung – praktischerweise zu ihrem Ehemann. Ein Umstand, der
den heimatlosen Ritter aus dem vierzehnten Jahrhundert in die bevorzugte Kaste eines Privatpatienten
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