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Das Rätsel der Templer - Roman

Titel: Das Rätsel der Templer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ehrliches Kompliment, das sie ebenso unerwartet traf wie die vorherige Messerattacke.
    »Sît ir einiu zouberærinne?« Mit seinen großen, blauen Augen sah er sie erwartungsvoll an.
    Eher unbewusst strich sie sich eine dunkelrote Strähne aus dem Gesicht, und schon alleine diese Bewegung verursachte bei ihrem
     Gegenüber ein ängstliches Blinzeln. Wenn die Lage nicht so verworren gewesen wäre, hätte sie laut losgelacht. Hatte sie schon
     jemals jemand ernsthaft danach gefragt, ob sie eine Zauberin oder vielleicht eine Hexe sei?
    Hannah räusperte sich und versuchte so ernst zu bleiben, wie es die Situation erforderte. Ohne Zögern in der Stimme antwortete
     sie: »Nainaa, ich en-bin dechainü zauberäärinne noch hekse noch truude – bie mienere trüüwe!«
    Sie hob ihre rechte Hand und legte die Linke auf ihren Oberschenkel wie zu einem Ehrenwort.
    Matthäus entspannte sich ein wenig. »Danne sît ir einiu faie?« Die Brauen des Jungen hoben sich, und ein hoffnungsfroher Ausdruck
     leuchtete in seinen Augen auf.
    War sie eine Fee? Nein, leider musste sie erneut passen.
    »Eß tuot mir laide, Matthäus, ich en-bin ouch dechainü faie, ich bin ain gemaineß wiep.« Leider musste sie ihn enttäuschen.
     Insgeheim hoffte sie darauf, dass der Junge ihr nach soviel Ehrlichkeit die gerade gewonnene Anerkennung nicht unversehens
     entzog.
    »Waz sît iu danne? Eigeniu ode frîiu?«
    Leibeigne oder Freie? Langsam schien er Gefallen daran zu finden, sie auszufragen. Rasch überlegte sie, was es bedeutete,
     frei zu sein. Im Mittelalter hieß es, dass man über sich selbst verfügte, nicht an jedermann |267| verkauft werden konnte wie ein Stück Vieh und niemandem gegenüber verpflichtet war, irgendwelche Dienste zu leisten. Keinem
     musste man Rechenschaft ablegen, wenn man heiraten wollte und sich nicht vorschreiben lassen, wer der Auserwählte zu sein
     hatte. Wenn sie es recht betrachtete, war sie also frei. Schließlich besaß sie einen gut gehenden Buchladen und hatte sich
     nach niemandem zu richten. Was das Heiraten betraf, war sie leider nicht im Vorteil, aller Freiheit zum Trotz. Es stand definitiv
     niemand in Aussicht, dem sie den Vorzug hätte geben können.
    »Ja, ich bin ain frieeß wiep«, sagte sie schließlich mit einem Lächeln.
    Matthäus legte den Kopf schief. Anscheinend wollte er nun genau wissen, mit wem er es zu tun hatte. »Einiu krâmærinne? Ode
     gehœret ir zu einere dere zümfte?
    Händlerin? Klang passend. Zünfte? Nun ja, sie gehörte dem Börsenverband des deutschen Buchhandels an. Aber das zu erklären,
     kam ihr nicht in den Sinn.
    »Ja, ich haan ainen kraam met buochern«, antwortete sie ihm.
    »Met buocher?« Seine Stirn kräuselte sich in ungläubigem Zweifel.
    »Ja«, versicherte ihm Hannah. Er schien sie tatsächlich zu verstehen.
    Unvermittelt kam ihr Professor Marbach in den Sinn. »Denken Sie immer daran«, pflegte er seinen Germanistikstudenten gegenüber
     zu dozieren, »wir können allenfalls erahnen, wie Mittelhochdeutsch in seiner originalen Aussprache geklungen hat, genau wissen
     können wir es nicht.«
    Hannah entschlüpfte ein weiteres Lächeln, und diesmal lächelte Matthäus vorsichtig zurück.
    Der Blick des Jungen richtete sich auf den Halogenstrahler an der Decke, den sie vorsorglich ausgeschaltet hatte. »Waz ist
     daz vür ein wunderlieht in dîneme kerzstalle? Ez ist alsô liht als der tac, vil lihter danne der schîn dere kerzen.«
    Hannah überlegte einen Augenblick. »Kerzenstall« bedeutete Leuchter. Und dass es den Ausdruck »elektrisches Licht« im Mittelhochdeutschen
     nicht gab, war selbstverständlich. Umso mehr rührte sie die Beschreibung des Jungen. Wunderlicht, lichter als der helle Tag.
     Klang fast poetisch. Wie sollte sie dieses Wunderlicht im Gegenzug umschreiben? Er würde es sowieso nicht auf Anhieb verstehen.
    |268| Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern. Natürlich sollte sie als ehemalige Lebensgefährtin eines Physikgenies wissen,
     wie elektrisches Licht zustande kam. Aber vielleicht reichte es dem Jungen, wenn sie ihm versicherte, dass keine Gefahr davon
     ausging. »Wenn ich bie der wahrhait bliebe, ich ne en-weiß, wie ich eß dir soll erklären. Aber eß ist vil nütze und ahne geferde.«
     Dann fiel ihr etwas ein, womit sie das Vertrauen des Jungen vielleicht gewinnen konnte. »Haastu etewan hunger odder durst?«
    Die Antwort folgte prompt.
    »Jâ, wenn ir etewaz brôtes unde wazzers vür mih hettet?«
    Spätestens jetzt

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