Das Rätsel der Templer - Roman
ansehen. Was erwartete er eigentlich von
ihr? Sollte sie ihm etwa um den Hals fallen? Es grenzte ohnehin an ein Wunder, dass sie ihm überhaupt in dieser verrückten
Angelegenheit zur Seite stand.
»Ich melde mich, sobald ich kann«, sagte er mit ernster Miene.
»Das will ich meinen.« Hannah erwiderte seinen Blick mit einigem Unverständnis. »Ich hoffe, dir ist klar, dass ich ab sofort
die Verantwortung für eine Familie trage. Glaub ja nicht, es ist damit getan, die zwei bei mir unterzubringen und dafür zu
sorgen, dass dein verrückter Professor sie nicht findet.«
»Wenn mir eine Alternative eingefallen wäre«, sagte er und bedachte den schlafenden Jungen mit einem Nicken. »Hätte ich dich
wohl kaum gefragt. Ich bin mir sicher, dass die beiden nirgendwo besser aufgehoben sind.«
Mit einem unglücklichen Ausdruck in den braunen Augen kramte er in seiner Hosentasche nach dem Autoschlüssel.
Hannah nahm vorsichtshalber den Dolch an sich, der immer noch auf dem Tisch lag, und verstaute ihn in einer Schrankschublade,
bevor sie Tom zur Haustür begleitete.
»Komm mal her«, sagte sie zu Tom, als er in der offenen Haustür stand und sich ihr noch einmal zum Abschied zuwandte. Mit
einer |275| schnellen Bewegung zog sie Toms Kopf zu sich herab und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
Er lächelte schwach. »Danke«, sagte er nur. »Für alles.«
»Fahr vorsichtig«, erwiderte sie zum Abschied.
17
Sonntag, 14. 11. 2004 – Das Verhör
Das einzige Hindernis, das Tom den Weg zum US-Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem erschwerte, war das Kirchentaxi, das sich durch
die engen Straßen der Eifeldörfer schlängelte wie ein Thrombus auf seiner Reise durch eine verkalkte Arterie. Nur schwer konnte
er es ertragen, erheblich langsamer zu fahren, als es seinem aufgewühlten Gemüt und seinem BMW gut tat.
Kurz vor der Einfahrt zu McDonalds lenkte er seine Aufmerksamkeit auf die Acht-Uhr-Nachrichten eines Lokalsenders. Doch der
Unfall auf dem Gelände der amerikanischen Streitkräfte war kein Thema für die Frühmeldungen. Allein der gigantische Stromausfall
von gestern Abend, der sich kurzzeitig von Wittlich über Trier bis hin nach Luxemburg und in Teilen von Frankreich ausgedehnt
hatte, fand eine intensivere Beachtung. Der Nachrichtensprecher betonte, dass die Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerke
und Vattenfall Europe immer noch nicht bekannt gegeben hatten, wie es dazu kommen konnte. Lediglich in einem Nebensatz wurde
erwähnt, dass die Störung vermutlich auch an einer nicht näher bezeichneten Explosion auf dem Gelände der amerikanischen Streitkräfte
in der Nähe der US-Air Base Spangdahlem Schuld sein sollte.
Allem Anschein nach hatten die US-Streitkräfte bereits dafür gesorgt, dass niemand herausfand, dass es umgekehrt war.
Der rotblonde Schopf des Luxemburgers leuchtete ihm entgegen, noch bevor Tom die Glastür zum Restaurant geöffnet hatte.
»Da bist du ja endlich«, stellte Paul nervös fest. »Ich befürchtete schon, du hättest es dir anders überlegt und wärst bereits
auf dem Weg in die Karibik.«
|276| »Du hast Ideen«, erwiderte Tom ärgerlich und setzte sich sichtlich erschöpft auf die gegenüberliegende Seite des Tisches.
»Mein Gott, du siehst ja aus wie der Tod auf Kur.« Paul sah ihn besorgt an.
»Kunststück!«, erwiderte Tom, unter dessen Augen tiefe Schatten lagen. »Um es genau zu sagen, habe ich seit sechsunddreißig
Stunden kein Auge mehr zugetan.«
»Warte einen Moment.« Paul erhob sich und stellte Tom wenig später einen Cappuccino und zwei Croissants vor die Nase. »Erzähl!«,
forderte er ihn auf.
In kurzen Zügen berichtete Tom, was nach der Krankenhauseinlieferung des bewusstlosen Templers geschehen war.
Paul hob seine Brauen. »Wenn er zu sich kommt, braucht er etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf. Und keiner von uns weiß,
für wie lange. Ist deine Ex-Verlobte sich darüber im Klaren, welche Verantwortung auf sie zukommt?«
»Sie hat sich bereit erklärt zunächst einmal alle Kosten zu übernehmen, bis die Luft wieder rein ist. Sie war sogar damit
einverstanden, dass ich den Typen als ihren Ehemann ausgebe.«
»Ihr scheint doch noch was an dir zu liegen. Immerhin sind ihr der Mann und das Kind wildfremd.«
Tom trank geräuschvoll seinen Kaffee. »Er hatte einen ledernen Brustbeutel um den Hals hängen. Darin befand sich eine Art
Ausweisdokument.«
»Und?«
»Du hattest Recht.« Tom setzte den Becher
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