Das Rätsel der Templer - Roman
schluckte hart. Während er Gero mit seinen schwarzen Augen ansah, drückte seine ganze Körperhaltung Unsicherheit, aber
auch Kummer aus.
»Es wäre allerdings nicht gut, wenn dein Fehltritt in der momentanen Lage ans Licht käme«, fuhr Gero fort. »Die Ordensleitung
wird wohl kaum erfreut sein, wenn Papst und König sich in ihrer Annahme bestätigt sehen, dass bei den Templern allzu lockere
Sitten herrschen. Das könnte dich den Mantel kosten.«
Ein unechtes, heiseres Lachen entwich Struans Kehle. »Das ist im Augenblick mein geringstes Problem.«
Gero rückte näher an ihn heran und legte ihm vertrauensvoll eine Hand auf die mächtige Schulter. »Es gibt nichts, was sich
nicht regeln ließe.«
»Nicht hier«, zischte Struan und fuhr sich nervös mit den Fingern durch die schwarzen, kurzen Haare. Er blickte dabei nach
allen Seiten, |43| um sicher zu gehen, dass keine ungebetenen Zeugen in der Nähe lauerten.
Dann machte er kehrt und wandte sich den Waschräumen zu, während Gero ihn unaufgefordert begleitete.
Um ganz sicher zu gehen, dass sich auch wirklich niemand sonst dort aufhielt, zog Struan den Kopf ein und eilte durch einen
niedrigen, wenn auch breiten Durchgang. Gero folgte ihm im Lichtkegel einer Pechfackel, die durch ein offenes Fenster von
draußen herein leuchtete. Gemeinsam ließen sie sich auf dem Rand eines Steinbottichs nieder.
Gero hob seine Brauen zu einer fragenden Miene.
Struan hatte die Hände in den Schoß gelegt und lenkte sein Augenmerk auf das heruntergebrannte Kaminfeuer. Dann räusperte
er sich erneut, doch seine Stimme blieb belegt. »Sie erwartet ein Kind.«
Einen Moment später schaute er Gero doch ins Gesicht, dabei hob er entwaffnend die Schultern. Es hatte keinen Sinn, an diesem
Umstand etwas zu beschönigen oder zurückzuhalten.
Gero riss vor Überraschung die Augen auf. »Ein Kind? Von dir?«
»Würde ich es sonst erwähnen, du Einfaltspinsel«, erwiderte Struan, dabei sackte er resigniert in sich zusammen.
»Wie konnte so etwas geschehen?«, fragte Gero, nachdem er seine Fassung wieder erlangt hatte.
»Wie wohl?«, knurrte Struan. Er kratzte sich verlegen hinterm Ohr und lächelte säuerlich. »Schau sie dir doch an! Sie hat
den prachtvollsten Hintern, den man sich vorstellen kann und Brüste wie reife Pfirsiche. Und sie hatte keinerlei Scham mir
all diese Schätze zu offenbaren.«
»Stru, wenn es dich so sehr nach einer Frau verlangt hat, warum bist du nicht zu den Huren in Voigny gegangen? Sie sind diskret,
und es kostet dich nicht mehr als einen fetten Kapaun, wenn du ihnen eine Stunde beiwohnen möchtest.«
Die Augen des Schotten weiteten sich vor Entrüstung. »Du kannst Amelie Bratac nicht mit irgendwelchen dahergelaufenen Huren
vergleichen«, stellte er mit Nachdruck klar. »Sie ist eine außergewöhnliche Schönheit, und darüber hinaus bin ich selten so
einer gescheiten Frau begegnet.«
»So gescheit, dass sie dir hemmungslos den Kopf verdreht hat.« Gero kniff die Lippen zusammen und schenkte seinem Freund einen |44| verständnislosen Blick. »Ehrlich gesagt, hatte ich dich für vernünftiger gehalten.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, ihren weichen Körper zu spüren, ihre sanften Küsse … wie es sich anfühlt, wenn
sie mich berührt, leicht wie eine Feder … und doch so voller Leidenschaft wie ein tosender Orkan«, rechtfertigte sich Struan
flüsternd. Sein Blick war abwesend und fixierte ein im Halbdunkel kaum noch auszumachendes, verlassenes Schwalbennest. Dann,
als würde er aus einem Traum erwachen, wandte er sich seinem besten Freund zu, und eine trotzige Entschlossenheit lag in seiner
Stimme. »Um bei ihr zu liegen, würde ich alles riskieren, nicht nur meine Ehre.«
»Auch deinen Mantel?«
»Vielleicht«, antwortete Struan und senkte zerknirscht den Kopf. Gleich darauf hob er ihn wieder, und sein Blick verdüsterte
sich. »Verdammt, was sollte ich denn machen? Sie wollte mich. Sag mir einen, der einer solchen Frau entwischen kann. Entweder
ist er nicht normal im Kopf oder ein Sodomit.«
»Oder ein Mönchsritter, der sich an sein Gelübde hält …«, gab Gero vorsichtig zu bedenken.
Der schottische Bruder erwiderte nichts, sondern nickte nur mit einem tiefen Seufzer.
»Wie lange geht die Geschichte schon?«
»Seit April«, antwortete Struan leise. »Kurz bevor wir nach Poitiers aufgebrochen sind, habe ich sie das erste Mal heimlich
getroffen.«
»Und wie lange ist sie schon
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