Das Rätsel der Templer - Roman
an«, bestätigte Paul und ließ sich demonstrativ in einen der dunkelroten Sessel fallen. »Also streng dich mal
an!« Er grinste spöttisch und sagte dann zu Hannah: »Weiß dein Besuch, dass wir noch nicht mal genaue Informationen haben,
wie er hierher gekommen ist, geschweige denn, wie wir ihn zurückbringen könnten?«
Hannah zuckte mit den Schultern. »Ich habe versucht, es ihm zu erklären, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass ihn meine
Ausführungen zufrieden gestellt haben.«
»Was soll der ganze Unsinn?«, polterte Tom. Mit einer wütenden Grimasse wandte er sich dem Templer zu. »Meinst du, ich wollte
dich hier haben? Ich habe dich nicht bestellt, das kannst du mir glauben! Und wenn es nach mir ginge, wärst du morgen wieder
verschwunden! Du kannst von Glück sagen, dass wir dich und den kleinen Bengel aufgelesen und hierher gebracht haben!« Tom
stemmte die Hände in die Hüften und sah seinem Kontrahenten herausfordernd ins Gesicht. »Wenn ich euch beide dort gelassen
hätte, wo ihr angekommen seid, hätte man euch längst in Stickstoff eingefroren und in kleine Scheibchen geschnitten.«
Hannah schüttelte verständnislos den Kopf. Wie konnte Tom nur so gemein sein?
Doch anstatt sich wieder zu beruhigen, redete er sich regelrecht in |378| Rage. Dabei kam er Gero gefährlich nahe. Dem Mönchsritter war anzusehen, dass Tom für ihn damit jedes Gefühl des Anstands
verletzte. »Außerdem sind in eurem verdammten Mittelalter Millionen Menschen an der Pest krepiert. Rein statistisch gesehen
darfst du hier ein paar Jährchen länger leben als in dem Elend, aus dem es dich herausgerissen hat! Also, du hast allen Grund,
dich zu freuen!«
Tom war nahe genug herangekommen, dass Gero ihn mühelos am Kragen seines Overalls packen konnte. Mit einer schnellen Handbewegung
schnürte er ihm regelrecht die Luft ab.
Mit einer Hand versuchte Tom, sich aus dem Griff seines Gegners zu befreien, und als ihm das nicht gelang, holte er mit der
anderen aus und versuchte dem Templer mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Schneller als vermutet landete Tom auf dem Rücken.
Der Kreuzritter hatte ihm gnadenlos das Knie in den Magen gerammt, und das Messer am Hals verurteilte ihn zu einer Art Erstarrung,
die ihm nur noch ein flaches Hecheln ermöglichte.
Paul war unterdessen aufgesprungen, offenbar unschlüssig, ob er seinem Freund helfen sollte.
Der schwache Geruch von Ziegenleder stieg Tom in die Nase. Die Augen des Mannes über ihm glitzerten gefährlich, und wie aus
großer Ferne hörte er die Stimme Hannahs, die den Templer anscheinend anflehte, ihn loszulassen.
»Schwöre du, Maleficus!«, zischte der Kerl, der ihn unbarmherzig niederhielt. »Schwöre, bei allen Heiligen, bei der heiligen
Jungfrau, dem heiligen Michael und dem heiligen Georg, dass du uns nach Hause bringen wirst, und zwar bald. Sonst …« Er machte
eine Pause, die Tom in seiner Atemnot endlos erschien. »Sonst … schneide ich dir das Herz heraus und verfüttere es an die
Ratten!«
Tom hatte Angst zu nicken, weil er fürchtete, dass sich die scharfe Spitze des Messers in sein Fleisch bohren würde.
»Ja … ich schwöre«, hauchte er kaum hörbar.
Gero spürte, wie ihm das Herz hart gegen die Brust schlug. Nur langsam ebbte sie ab, diese unbändige Lust zu töten. Wie viele
seiner Mitbrüder traf es ihn jedes Mal bis ins Mark, wenn er mit der dunklen Seite seiner Seele konfrontiert wurde.
|379| Für einen Moment schloss er die Augen, trotz des am Boden liegenden Feindes, und atmete tief durch. Eine Hand legte sich zaghaft
auf seine Schulter.
»Bitte«, sagte Hannah sanft. »Bitte lass von ihm ab, er hat es nicht so gemeint. Wenn du ihm etwas antust, kann er dir erst
recht nicht mehr helfen.«
Gero blickte auf. Zwei klare grüne Augen waren auf ihn gerichtet, so nah und so vertraut, dass es ihm wehtat. Ächzend erhob
er sich und steckte sein Messer an den Gürtel. Ihm schwindelte, und unvermittelt wandte er sich der Terrassentür zu und verschwand,
ohne sich noch einmal umzublicken, nach draußen.
»Gero?«, rief Hannah ihm halbherzig hinterher. Unentschlossen, ob sie ihm folgen sollte, blieb sie einen Moment stehen und
kam zu dem Schluss, dass es wohl besser war, wenn sie sich zunächst einmal um Tom kümmerte.
Tom lag am Boden wie tot. Dann jedoch hob er zitternd den Kopf und öffnete die Augen. In einem Reflex fasste er sich an den
Hals, dorthin, wo die Spitze des Messers gesessen
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