Das Rätsel der Templer - Roman
von Bar-sur-Aube in die deutschen Lande. Unser Ziel war der Zisterzienserkonvent
von Heisterbach, jenseits des Rheins. Ich sollte dort warten, bis sich ein Bruder des Hohen Rates bei mir melden und ich ihm
eine geheime Losung geben würde. Dann sollte ich mit ihm und meinen Brüdern einen Ort aufsuchen, an dem sich ein Geheimnis
verbarg, das den Bruder des Hohen Rates wiederum in die Lage versetzen sollte, uns einen weiteren Auftrag zu erteilen.«
»Du warst nicht allein?« Hannah sah ihn überrascht an.
»Sagte ich es nicht?«
»Wie kommt es, dass nur du und der Junge transferiert wurden?«
»Das musst du deinen Maleficus fragen«, antwortete Gero gereizt.
»Vielleicht haben sich die anderen nicht auf dem Feld befunden«, warf Paul ein.»Denkst du, es könnte sein, dass heute noch
etwas von dem übrig ist, was du damals in Heisterbach vorfinden solltest?«
|433| »Wie soll ich das wissen?«, antwortete Gero ratlos. »Ich habe die Abtei bisher nicht zu Gesicht bekommen.«
Hatte er sie nicht nach dem Kloster gefragt? dachte Hannah. Vor ein paar Tagen auf der Burgruine seiner Vorfahren? Danach
hatte er nicht mehr davon gesprochen. Selbst ihr gegenüber hatte er also geschwiegen, und das, obwohl sie miteinander geschlafen
hatten.
»Man wollte etwas Bedeutendes vor Philipp IV. von Frankreich verbergen, etwas, das für die Miliz Christi sehr wichtig gewesen
sein muss«, sagte Gero leise, während er die Tischplatte fixierte, als ob er dort die Ereignisse, die ihn in seiner Erinnerung
immer noch quälten, noch einmal vor sich ablaufen sah. »Es nennt sich ›Haupt der Weisheit‹ und scheint ein Quell des Wissens
zu sein, das dem Orden zu all seinem Reichtum und Einfluss verholfen hat.« Unsicher blickte er auf. »Wenn alle Wege heutzutage
so gut sind wie jene, die ich bisher gesehen habe, ist es für euch mit euren schnellen Wagen gewiss ein Leichtes nach Heisterbach
zu gelangen.«
»Und?« Tom sah ihn auffordernd an. »Wie muss ich mir dieses ominöse Haupt der Weisheit vorstellen?«
»Ich weiß es nicht«, entgegnete Gero gereizt. »Ich war nur so weit eingeweiht, wie es mein Auftrag erforderte.«
»Welcher Idiot nimmt einen Auftrag an und weiß nicht, worum es sich dabei genau handelt?«
»Wenn ich recht sehe«, erwiderte Gero, »geht es dir nicht besser als mir, sonst säßen wir nicht hier, und du müsstest dich
nicht fragen, warum euer Meister euch nicht in all seine Machenschaften eingeweiht hat.«
Es dauerte einen Moment, bis Toms Blick verriet, dass er die Antwort durchaus verstanden hatte.
»Der Kandidat hat hundert Punkte«, bemerkte Paul und grinste süffisant.
»Jesus Christ, das wird ja immer besser«, konstatierte Jack Tanner, nachdem die Übersetzung vorlag. »Sofort sicherstellen,
dass das gesamte Observationsteam in Stellung geht. Für den Fall, dass die sich auf den Weg machen, wohin auch immer.«
»Ab sofort gilt Code Red«, bestimmte Colonel Pelham wenig später |434| in Absprache mit General Lafour. »Nur die engsten Mitarbeiter werden eingeweiht. Und mobilisieren Sie Hertzberg, er soll ins
Lagezentrum kommen. Ich will ihn hier haben, damit er die Sache aus Sicht eines Historikers beurteilt.«
Ein dunkelblauer Landrover fuhr langsam in den Hof und parkte direkt vor Hannahs Garage. Anselm Stein hatte sich auf dem Weg
zu einem Geschäftstermin, von Neugier getrieben, dazu entschieden, seinen neuen Bekannten einen Besuch abzustatten. Auf dem
Rücksitz lag etwas, das er Hannahs Freund unbedingt zeigen wollte. Es handelte sich um eine Auftragsarbeit, bei der er Alter
und Herkunft einer Waffe schätzen sollte, die – seltsam genug – funkelnagelneu aussah. Vielleicht konnte er Gero um ein abschließendes
Urteil bitten.
Nachdem Anselm den Wagen verlassen hatte, blieb er einen Augenblick in der wärmenden Morgensonne stehen und ließ seinen Blick
anerkennend über das hübsche Anwesen wandern. Am Rande einer Koppel stand eine kräftige, braune Stute an einem Holzgatter
angebunden. Bei genauerer Betrachtung erkannte er in dem Jungen, der sie striegelte, den Jungen von gestern Abend, der seltsamerweise
– wie sein großer Begleiter – die Langue d’oil zu beherrschen schien.
Zögernd näherte sich Anselm der Koppel. »Hey, du!«, rief er dem Jungen zu, der daraufhin erschrocken aufblickte. »Komm mal
her!« Anselm hatte ihn absichtlich in Altfranzösisch angesprochen. Er betrachtete es sozusagen als Experiment. Wenn der Junge
ihn
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