Das Rätsel der Templer - Roman
»Nein«, sagte er, »ganz und gar nicht.«
Hannah schaute ihn irritiert an.
Er kam ihr ein ganzes Stück näher, bis er dicht vor ihr stand. Dann hob er ihr Kinn an und überraschte sie mit einem warmen,
ausdauernden Kuss. Es war ihm gleichgültig, ob irgendjemand dabei zuschaute.
Paul rief ihn und Hannah mit einem Wink zu sich. Tom war inzwischen hinter den kläglichen Überresten der Apsis verschwunden,
offenbar um die Umgebung zu erkunden. Hannah ergriff Geros Hand, und mit einem Mal fiel alle Last von ihm ab, und er folgte
ihr mit der Leichtigkeit eines glücklichen Mannes.
»Hast du was gefunden?«, fragte Hannah den Luxemburger neugierig.
»Ja, hier gibt es so was wie einen Einstieg. Dort drüben, südlich der Apsis, ungefähr einhundert Meter entfernt im Wald.«
Hannah entdeckte im Dämmerlicht zwischen ein paar in der Nähe stehenden Buchen ein halbhohes, von Efeu umranktes Gemäuer,
in das ein kleines Eisentor eingelassen war.
|456| »Genau da, aber der Eingang ist verschlossen«, fügte Paul erklärend hinzu.
Er hockte auf dem Boden und tippte ein paar Informationen in einen kleinen Laptop ein, den er auf einem glatten Stein abgestellt
hatte. »Ich habe im Internet einen Plan gefunden, der bestätigt, dass es hier direkt unter uns ein ausgedehntes, begehbares
Kanalnetz gibt, das erst vor zwei Jahren gefunden und untersucht wurde. Aber längst nicht alles davon ist erforscht.«
Gero verdrängte sein Erstaunen über die seltsame Maschine, die per Knopfdruck Buchstaben hervorbrachte und passende Bilder
wie von Zauberhand erscheinen ließ. Plötzlich hallten d’Ours Worte in seinem Gedächtnis wider, die er ihm am Vorabend der
Katastrophe anvertraut hatte …
Das Haupt befindet sich in einer geheimen Kammer unterhalb des Refektoriums. Über den darunter liegenden Gewölbekeller gelangt
Ihr zu einer eisernen Tür. Sie führt zum Abwasserkanal. Öffnet sie und geht zwölf Schritte in östliche Richtung, dort macht
der Gang einen leichten Knick und wendet sich Richtung Nordosten. Von dort aus sind es noch einmal zwölf Schritte, und Ihr
befindet Euch direkt unter dem Klosterfriedhof. Dort wendet Ihr Euch nach rechts. Zwischen den Mauersteinen findet Ihr eine
Stelle, die mit Lehm verputzt ist. Brecht sie auf und bedient den darunter liegenden Hebel. Dahinter befindet sich die Kammer.
»Warte«, sagte Gero, während sein Blick dem Grundriss der Kirche folgte und dem in seiner Erinnerung daran anschließenden
Refektorium und dann bei der kleinen Eisentür landete, die halb aus dem Erdreich hervorragte.
»Das
ist
der Zugang«, sagte er schließlich. »Wenn ich mich Recht erinnere, ging es zu meiner Zeit an dieser Stelle hinab in den Gewölbekeller.
Angeblich führte von dort aus eine Türe zum Kanal.« Als ob er von Hannah eine Bestätigung seiner Überlegungen erwartete, sah
er sie triumphierend an. »Etwas weiter vorne befanden sich die Latrinen. Die Abflüsse führten direkt in den ummauerten Gang
hinein.«
»Wie appetitlich«, entfuhr es Hannah. Sie rümpfte unwillkürlich die Nase.
»Anselm!« rief Paul. Wenig später erschien Anselm hinter einem Mauerfragment. Er war Tom gefolgt, der das Gelände eines uralten
Friedhofs inspiziert hatte.
|457| »Sei so gut und hol dein Werkzeug«, bat Paul. »Und sag Tom Bescheid. Das hier wird ihn interessieren.«
»Wir müssen nach Heisterbach«, bestimmte Professor Hagen mit fester Stimme.
Doktor Piglet stand vor ihm – ausnahmsweise in einem beigefarbenen Anzug – und sah ihn entgeistert an.
»Sofort?«
»Ja, sofort!«
»Aber warum?« Piglets Miene war immer noch zweifelnd. »Ich denke, die NSA hat alles im Griff?« Angesteckt von der Nervosität
seines Vorgesetzten, fuhr er mit dem Zeigefinger unter den Kragen seines Nylonhemdes.
»Hertzberg hat die Sprache analysiert, und Doktor Baxter hat das DNA-Profil bestätigt. Zudem passte das, was der Verdächtige
gestern Abend und heute Morgen von sich gegeben hat, absolut ins Bild«, stieß Hagen hervor. »Können Sie mir verraten, Piglet,
warum die NSA den Burschen weiter frei herumlaufen lässt?!«
»Nein.«
»Sehen Sie? Ich auch nicht. Und deshalb machen wir beide jetzt einen kleinen Ausflug.«
Mit Unbehagen beobachtete Piglet, wie Hagen seinen Laptop zusammenpackte und ein paar Unterlagen in eine Aktenmappe stopfte.
Doch dann tat er etwas, das Piglets ängstliches Gemüt erst recht in Alarmbereitschaft versetzte. Er holte seine Pistole aus
dem
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