Das Rätsel der Templer - Roman
Truppe.
|133| Erst als sie sich halbwegs in Sicherheit glaubten, gaben sie den Tieren die Sporen und galoppierten in Richtung Nordosten
davon.
Als der Bauer zu seinem Gehöft zurückkehrte, erwartete ihn eine böse Überraschung. Die Blauröcke waren während seiner Abwesenheit
in seinen Hof eingedrungen und hatten alles auf den Kopf gestellt. Seine Frau stand jammernd in der Tür und flehte die Männer
an, ihr Mobiliar nicht zu zertrümmern.
»Seid Ihr der Familienvorstand?«, herrschte ihn ein drahtig aussehender Offizier mit schütterem, braunem Haar an. Vom Kinn
bis zur linken Braue zog sich eine wulstige Narbe, die seine düstere Miene noch furchterregender erscheinen ließ.
»Ja … Herr Hauptmann«, antwortete der Bauer unsicher.
»Stimmt es, dass Ihr Angehörige vom Orden der Templer beherbergt?«
Der Bauer wechselte einen raschen, ängstlichen Blick mit seiner Frau.
Sie nickte stumm. »Wir wussten nicht, dass es Templer waren«, versuchte er, sich zu verteidigen.
»Wo sind sie?«
»Ich weiß es nicht. Sie sind fort.«
Der Schlag kam so plötzlich, dass der Bauer noch nicht mal hatte davor zurückschrecken können. Seine ganze rechte Gesichtshälfte
brannte, und er spürte, wie sich ein warmer Blutstrom von der Nase über seine Lippen ergoss. Seine Frau begann, hysterisch
zu schreien.
»Bringt das vermaledeite Weib zum Schweigen und durchsucht Haus und Hof!«, brüllte der Offizier einige der umstehenden Soldaten
an, bevor er sich wieder dem Bauern zuwandte. Ein bulliger Scherge drohte der Frau mit einer eindeutigen Geste Schläge an.
Ihr Geschrei verwandelte sich augenblicklich in ein unterdrücktes Schluchzen, während sich eine Gruppe von Soldaten Zutritt
zum Wohnhaus verschaffte.
»So, Kerl, versuch dich nicht rauszureden«, erklärte der Hauptmann schneidend. »Hier ist jemand, der bezeugen kann, dass du
genau gewusst hast, um wen es sich handelte, und du hast sie sogar beköstigt und ihnen Wein angeboten.«
Der Bauer schluckte. Seine Knie begannen zu schlottern, als der vermeintliche Knecht seiner geflohenen Gäste hervortrat.
»Ja, ich sagte Euch doch, das ist der Mann. Wenn sie nicht mehr im |134| Haus sind, hat er ihnen bestimmt zur Flucht verholfen.« Guy de Gislingham setzte ein höhnisches Grinsen auf und nahm eine
herrschaftliche Haltung an, die so gar nicht zu seiner schäbigen Kleidung passen wollte.
Einen Moment lang überlegte der Bauer, ob es sinnvoll wäre, den Mann zu belasten und preiszugeben, dass er zusammen mit den
anderen gestern hier angekommen war und obendrein noch seinen Sattel gestohlen hatte. Aber irgendetwas hielt ihn zurück. Bereits
am gestrigen Abend hatte er sich gewundert, dass dieser seltsame Diener so vorlaut nach Wein verlangt hatte, nachdem man den
Gästen zunächst nur Wasser angeboten hatte. Wohlmöglich stand er bereits länger auf Seiten der Soldaten, und vielleicht hatten
die Templer gar nicht gewusst, welche Natter sie da an ihrer Brust nährten.
»Herr, Herr …«, fing die Bauersfrau an zu lamentieren. »Sagt uns doch in Gottes Namen, was ist mit den Templern? Seit wann
ist es ein Verbrechen, ihnen ein Nachtlager zu gewähren? Stehen sie nicht unter dem Schutz unseres heiligen Vaters?«
»Einfältige Kuh«, schnaubte der Anführer. »Seine Hoheit, König Philipp IV. hat vorgestern alle Templer in Franzien verhaften
lassen. Seit gestern Morgen werden überall Anschläge verteilt, die die Bevölkerung zur Mithilfe bei der Ergreifung von flüchtenden
Ordensangehörigen aufruft. Hinweise, die zur Ergreifung führen, werden mit zwei Pfund Tournosen belohnt. Wer ihnen jedoch
zur Flucht verhilft, dem droht die Kerkerhaft, und wer weiß …«, sagte er und weidete sich an dem entsetzten Blick der Frau.
»Vielleicht erwartet Euren Gemahl auch der Galgen. Sollte sich herausstellen, dass er Verbindungen zum Orden hatte«, fuhr
der Soldat ungerührt fort, »wird Euer gesamter Besitz zu Gunsten des Königs beschlagnahmt.«
Hinter dem Bauern traten zwei blau gewandete Gestalten aus der Tür.
»Die Gesuchten sind nicht mehr hier. Wir haben nur einen Sattel gefunden und ein passendes Zaumzeug, beides mit dem Croix
Patée der Templer versehen«, meldete ein junger Rekrut.
Ein Stich des Entsetzens durchfuhr den Hausherrn. Verdammt, an das verbliebene Rüstzeug für das verschwundene Pferd hatte
in der Eile wohl niemand gedacht!
»Fesselt ihn!«, brüllte ihr Anführer den beiden zu. Die Soldaten |135| banden die
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