Das Rätsel der Templer - Roman
Verbeugung, während
Amelie huldvoll wie eine Prinzessin ihr Haupt neigte.
»Ihr erkennt mich vielleicht noch«, begann Gero seine Vorstellung. »Ich bin der jüngste Sohn des Richard von Breydenbach.«
»Selbstverständlich, junger Bruder, erkenne ich Euch«, erwiderte der Komtur freudig. »Euer Vater war vor nicht allzu langer
Zeit hier, um seine Konten zu prüfen.«
Wenig später, als die Pferde versorgt waren und die kleine Gesellschaft aus Bar-sur-Aube zusammen mit dem Komtur am Tisch
des Refektoriums Platz genommen hatten, war die gute Laune des Ordensvorstands dahin geschmolzen wie Schnee an der Sonne.
»Um Himmels willen«, flüsterte er, und die Furcht stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Verfolgt? In Franzien? Wir werden Boten
entsenden müssen. Nach Roth an der Our und die Mosel hinauf bis nach Koblenz. Was ist mit unserer Komturei in Metz?«, fragte
der Komtur und kratzte sich nervös hinterm Ohr. »Habt Ihr die dortigen Brüder benachrichtigt?«
»Nein, damit hätten wir ein zu großes Risiko auf uns genommen«, antwortete Gero bedauernd. »Wir sind froh, dass wir es bis
hierher geschafft haben. Man hat uns bis nach Lothringen verfolgt. Wenn der Bischof von Metz mit dem König von Franzien im
Bunde steht oder auf Geheiß des Papstes sich dessen Meinung anschließt, ist unseresgleichen selbst dort nicht mehr sicher.«
»Heilige Jungfrau Maria«, stöhnte Godefridus, und seine ansonsten so freundlichen Augen füllten sich mit Tränen. »Was soll
nur werden?«
»Wir sind auf dem Weg zur Komturei nach Brysich, von dort aus wollen wir Meister Alban und Meister Fredericus warnen«, erklärte
Gero rasch. »Damit uns in den deutschen Landen nicht das gleiche Schicksal ereilt wie in Franzien.«
Die Trierer Brüder nickten sprachlos. Für einen Moment des Schreckens war ein jeder von ihnen mit sich selbst beschäftigt
und überlegte, was diese Nachricht für jeden einzelnen bedeuten konnte.
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Montag 16. Oktober 1307 – Saalholz – Reise in Ungewisse
Nach dem Essen verabschiedeten sich Gero und seine Freunde von den Trierer Brüdern. Wenigstens das Wetter ließ sie nicht im
Stich. Ein Blick in den kaum bewölkten Himmel versprach, dass es ein trockner Tag bleiben würde. Die Händler und Bauern, die
ihnen auf der alten Römerbrücke zum gegenüberliegenden Moselufer entgegen kamen, schlugen einen großen Bogen um die majestätischen
Streitrösser, und nicht wenige riskierten einen zweiten Blick auf deren verwegene Reiter, die das legendäre rote Kreuz auf
der Brust trugen. Allem Anschein nach hatte d’Our Recht behalten. Bis hierher war die Kunde vom Schicksal der Templer in Franzien
noch nicht vorgedrungen. Die Blicke der Menschen ließen weder Verachtung noch Argwohn erkennen.
»Was ist mit dem Jungen?«, warf Johan leise ein, weil er nicht wollte, dass Matthäus, der mit seinem Flamländer ein Stück
zurückgefallen war, ihn hörte. »Kann er nicht doch mit uns kommen?«
»Erstens weiß ich nicht, was uns in Heisterbach erwartet, und zweitens habe ich d’Our geschworen, dass ich ihn zu den Brüdern
nach Hemmenrode bringe, ob es mir gefällt oder nicht. Je nachdem, wo wir hingelangen, werde ich ihn nachholen, falls es die
Lage erlaubt«, antwortete Gero mit einem Blick zurück.
Matthäus, der wusste, was ihm bevorstand, saß mit hängendem Kopf in seinem Sattel, während Arnauds Flamländer ausnahmsweise
stoisch hinter Struans Rappen hertrottete.
Auch Amelie schien nicht sonderlich erfreut zu sein, obwohl Struan ihr versichert hatte, dass sie nirgendwo besser aufgehoben
sein würde als bei Geros Mutter.
Die Wege nach Hemmenrode waren nicht besonders gut ausgebaut. Immer wieder durchquerten sie sumpfige, zerklüftete Täler, bis
sie endlich am frühen Abend einen luftigen Höhenzug erreichten, der einen ungetrübten Blick ins Hemmenroder Land erlaubte.
»Wenn es dir bei den Zisterziensern nicht gefällt, sorge ich dafür, dass wir wieder zusammen kommen«, sagte Gero zu Matthäus,
um ihn ein wenig zu beruhigen. »Versprochen.«
|176| Amelie bedachte die Templer mit einem kritischen Blick. »Sagt nichts, was Ihr nicht halten könnt«, bemerkte sie leise und
doch laut genug, dass es jeder verstand. Die ganze Zeit auf dem Schiff hatte sie versucht, aus Struan herauszubekommen, wie
es um ihr weiteres Schicksal stand. Dabei hatte er ihr lediglich versichert, dass sie auf der Burgfeste Breydenbach Zuflucht
finden dürfte und dass er sie vor
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