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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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er immer benutzte und die auf ihn abgestimmt waren, aber trotzdem verlangte die fast feinmechanische Arbeit hohe Konzentration.
    Er schaltete den Bildschirm ein und sah die Manipulatorhände. Es gehörte viel Erfahrung dazu, die dreidimensionalen Bewegungen auf einem zweidimensionalen Bild zu kontrollieren, und es gelang ihm, die vier Ampullen mit Sigmaphagin schnell in den Containern unterzubringen, die dann automatisch in die aktive Zone des Reaktors eingeführt wurden.
    Es war vorgesehen, die vier Proben unterschiedlichen Strahlungsdosen auszusetzen, um dann die günstigste Variante für den Tierversuch zu nutzen.
    Nach der festgelegten Zeit tauchte der erste Container wieder auf. Leif manipulierte geschickt die Ampulle aus dem Container heraus und legte sie in den Transporter. Sekunden später summte es, und auf dem Tisch, an dem er saß, leuchtete eine rote Lampe auf. Ein Meßgerät zeigte die Stärke der Radioaktivität an. Sie war hinreichend schwach, so daß er die Ampulle herausnehmen konnte.
    Leif gab sie Onkel Richard. Der hielt die Ampulle gegen das Licht, brummte etwas und legte sie in einen Laseranalysator. „Tja“, sagte er dann. „Radioaktiv markiert haben wir jetzt – aber Sigmaphagin haben wir nicht mehr.“
    „Was?“ rief Leif erschrocken. „Wieso?“
    „Ganz einfach“, sagte der Chemiker, „es hat sich zersetzt.“
    „Also wieder alles umsonst! Führt denn hier jeder Weg in die Irre?“
    „Nein“, antwortete der Chemiker nachdenklich. „Es ist vielleicht sogar besser so. Diese Zersetzung hat mich von Anfang an am meisten interessiert, und jetzt kommen wir ihr auf die Spur. Achte nur darauf, daß die Bestrahlungszeiten genau eingehalten werden! Das übliche Sortiment von Chromatografen werdet ihr doch hier am Lager haben, wie?“
    „Zersetzung, Zersetzung!“ empörte sich Leif. „Und was wird aus den Kranken, wenn jetzt auch dieser Weg verbaut ist?“
    „Ja“, sagte der Chemiker, als wehre er einen lästigen Einwand ab. Er war mit seinen Gedanken offenbar schon ganz woanders.
     
    Es ging auf Mitternacht zu, als Herbert in Wiebkes Labor trat. Erst jetzt, da die Produktion von Sigmaphagin auf vollen Touren lief und die wichtigsten Probleme der dreischichtigen Besetzung geklärt waren, hatte er wieder Zeit, sich um Wiebke zu kümmern.
    Er fand sie bei der Arbeit, sie war in ruhiger Stimmung, fast heiter, und als er hinsah, was sie da tat, entdeckte er erstaunt, daß sie an ihrem Forschungsauftrag Plastvermüllung arbeitete.
    „Du kannst hier – so einfach weitermachen, als ob – als ob nichts gewesen wäre?“ fragte er fassungslos.
    „Nicht weitermachen“, sagte Wiebke, „ich kann meine Arbeiten abschließen. Heute abend schließe ich sie ab.“
    „Und ich hab schon befürchtet“, sagte Herbert bitter, „du sitzt hier und machst dir Gewissensbisse.“
    „Gewissensbisse sind ja sehr moralisch“, sagte Wiebke, „aber sie helfen niemandem. Um eins oder zwei bin ich mit dem Kram hier fertig, und dann nehme ich mir das Material von eurer Datenbank vor, ich hab es vorhin schon mal überflogen, da liegt es. Ab morgen früh stehe ich dir dann voll zur Verfügung. Ich übernachte gleich hier. Weck mich bitte um acht! Und jetzt sei lieb und hab ein bißchen Vertrauen zu mir. Tschüs bis morgen früh!“
    Herbert stand noch einen Augenblick hilflos herum, dann ging er. Als er gegangen war, saß Wiebke ein paar Minuten wie betäubt da. Dann nahm sie das Mikrofon und diktierte weiter. Ihre Stimme zitterte leicht. Zum erstenmal hatte sie ihren Mann belogen.
     

FREITAG
    Herbert und Fred hatten bis tief in die Nacht diskutiert, aber sie waren keinen Zentimeter weitergekommen, vielleicht ausgenommen die Tatsache, daß Fred seinen Schock überwunden hatte.
    Gründlich hatten sie noch einmal alles überprüft, alles durchdacht, was von Anfang an gewesen war, und dabei das Video und die Datenbank nicht geschont. Aber es schien doch so zu sein, daß sie ihre Aufgabe erfüllt hatten und alles weitere nun von den Medizinern abhing. Was hätten sie noch tun können? Sie hatten Schritt für Schritt die Quelle der Vergiftung aufgespürt, hatten die versiegte Quelle neu zum Sprudeln gebracht; aber daß sie das trotz manchen Ungeschicks in erstaunlich kurzer Zeit fertiggebracht hatten, war kein Trost für sie, wenn sie nun dazu verurteilt waren, die Hände in den Schoß zu legen.
    Schließlich hatten sie in der müden Hoffnung, daß der Morgen klüger sei als der Abend, die fruchtlose Debatte

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