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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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behandelt wird. Es handelt sich um den Fall aus Kaperow, der heute früh bei Ihnen eingeliefert wurde.“
    „Bitte nehmen Sie Platz. Sie können unbesorgt sein, Ihr Patient wird noch gar nicht behandelt.“
    „Danke“, sagte der Arzt einfach und setzte sich.
    Monika Baatz erläuterte dem Arzt in wenigen Worten den Charakter der Vergiftung. Sie bezog dabei die neuesten Erkenntnisse und Hypothesen ein, insbesondere die Ergebnisse der Berechnungen an der Strukturformel des Toxins, und erklärte, daß diesen Berechnungen zufolge das Gift in den in Frage kommenden Gehirnzellen ein natürliches Enzym verdrängt habe und nun nicht abgebaut werden könne. Eine Grundfrage, die entschieden werden müsse, sei jedoch die, ob das Gift, also das verdrängende Enzym, an den Einschlaf- oder an den Weckstoffen mitwirke. So sei der derzeitige Stand, und deshalb könne an eine Behandlung im eigentlichen Sinne noch nicht gedacht werden. Dann bat sie den Arzt, über den Patienten zu berichten.
    Dr. Meiner räusperte sich und begann: „Mein Patient hatte vor etwa zwei Jahren einen schweren Betriebsunfall, der ihm die weitere Arbeit in seinem Beruf unmöglich machte. Nach seiner Rehabilitation nahm er eine Umschulung auf, konnte sie jedoch nicht einmal bis zum Zwischenabschluß bringen, weil er ständig an den verschiedensten Krankheiten litt. Ich kam nun eines Tages dahinter, daß alle seine Erkrankungen psychisch bedingt waren – er studierte die veröffentlichten Symptome zum Beispiel einer neuen Grippeform und reproduzierte sie, ohne sich dessen bewußt zu sein. Daher mußten natürlich die üblichen Behandlungsmethoden – Medikamente, Spritzen und so weiter – versagen. Ich behandelte ihn mit Hypnose, und das half. Von Mal zu Mal besser. Schließlich kam er schon zu mir, wenn er bei sich Anzeichen von Interesse für eine neue Krankheit bemerkte. Dieser Tage war ich leider abwesend, und das Ergebnis erfuhr ich heute vormittag. Ich muß Sie jetzt bitten, mir die Behandlung zu überlassen. Ich vermute, er wird irgendwann aufwachen – dann muß ich da sein. Ich werde mich also in seinem Zimmer aufhalten. Das heißt, wenn Sie ein eigenes Zimmer für ihn zur Verfügung stellen können. Alles andere habe ich mitgebracht.“
    Dr. Baatz sagte ihm das Zimmer zu, mußte dann aber den Telefonhörer abheben. Nach einer Weile legte sie wieder auf und sagte: „Sie haben recht. Wieder ist eins der vielen Rätsel geklärt. Ihr Patient ist soeben aufgewacht, hat sich umgesehen, auf die Seite gelegt und ist wieder eingeschlafen.“
     
    Der Sturm hatte noch an Stärke zugenommen. Der schwere Wagen schaukelte wie ein Angelkahn, draußen war es nachtschwarz, die Regentropfen wurden mit solcher Wucht gegen Dach und Scheiben geschleudert, daß es sich anhörte, als säße man in einer großen Trommel. Am schlimmsten aber war das Geräusch, das der Sturm auf der Außenhaut des Wagens erzeugte – es war kein Heulen und Pfeifen, sondern mehr ein alles durchdringendes Zischen. Als das Telefon klingelte und Fred den Hörer abnahm, verstand er zunächst gar nichts. Er bat um langsame und laute Wiederholung. Dann hörte er: „Sie – sollen – in – das – Kreiskrankenhaus – kommen – Ihre – Frau –“
    Im selben Augenblick stieß der Fahrer einen kurzen, warnenden Laut aus und bremste heftig. Fred wurde nach vorn geschleudert, der Wagen schlingerte, in Bruchteilen von Sekunden nahm sein Gehirn auf, was da vor ihnen geschah: Ein Baum neigte sich, unendlich langsam, wie es schien, es reichte noch aus, er würde vor den Wagen fallen, aber da begann er sich zu drehen, der Wagen hielt noch nicht, jetzt war der Baum aus dem Gesichtsfeld verschwunden, Fred riß die Arme vor das Gesicht, es krachte und knirschte – dann war es ruhig. Nein, nicht ruhig, der Regen trommelte, der Sturm tobte, Fred öffnete die Augen – es war dunkel. Aber die Armaturen leuchteten. Offenbar waren nur die Scheinwerfer erloschen. Vorsichtig regte Fred die Glieder – er fühlte keine Schmerzen.
    „Endstation“, sagte der Fahrer neben ihm.
    „Alles in Ordnung?“ fragte Fred.
    „Bei mir ja“, sagte der Fahrer. Er kramte herum, zündete sich eine Zigarette an. „Sie auch?“ fragte er.
    Fred schüttelte den Kopf, obwohl das der andere ja höchstens ahnen konnte. Dann suchte er den Telefonhörer. Als er endlich die Schnur gefunden hatte und den Hörer an das Ohr hielt, vernahm er nichts. Kein Brummen, kein Rufzeichen. „Hallo!“ rief er.
    „Der ist hin!“ sagte der

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