Das Rätsel Sigma
Fahrer. „Viel zu empfindlich, das Ding!“ Was war mit seiner Frau? Fred hatte keine Ruhe, geduldig sitzen zu bleiben. Er versuchte, die Tür zu öffnen – der Griff ließ sich herunterdrücken, die Tür bewegte sich auch, aber nur ein paar Zentimeter. Eben, als der Fahrer sich die Zigarette anzündete, glaubte Fred gesehen zu haben, daß Scheiben und Dach unversehrt waren, die Tatsache, daß es im Wagen trocken und windstill blieb, deutete auch darauf hin. Aber plötzlich war er sich nicht mehr sicher. Er suchte nach Streichhölzern in seinen Taschen, da er jedoch nur sehr selten rauchte, hatte er natürlich keine bei sich.
„Wir stehen am linken Straßenrand“, sagte der Fahrer. „Der Baum stand rechts, er hat uns nicht voll getroffen. Ihre Tür wird wahrscheinlich von einem Ast zugehalten, bei mir wird's leichter gehen.“
„Geben Sie mir mal Ihre Streichhölzer?“ bat Fred.
Er hörte, wie der Fahrer irgendwo kramte, und plötzlich wurde es hell. Eine starke Taschenlampe leuchtete.
„Na, dann wollen wir mal!“ rief der Fahrer und drückte seine Zigarette aus.
Seine Tür öffnete sich leicht. Der Sturm riß sie ihm fast aus der Hand. „Bleiben Sie erst mal drin und sehen Sie sich's von innen an!“ sagte der Fahrer.
Im Schein der Taschenlampe erkannte Fred nach und nach, wie es um sie stand. Der Wagen war eingeklemmt zwischen zwei starken Ästen, von denen einer die Kühlerhaube und einer den Kofferraum eingedrückt hatte. Sie hatten beinahe sagenhaftes Glück gehabt. Fred kannte die Konstruktion des Wagens zwar nicht, aber ob das Dach einem dieser Äste standgehalten hätte…?
Prustend kam der Fahrer wieder hereingekrochen, er triefte vor Nässe. Er klappte die Rückenlehne des Fahrersitzes zurück, schob sich nach hinten und begann, an der hinteren Rückenlehne zu hantieren. „Wir müssen uns frei sägen“, sagte er, „von außen kommen wir an den Geräteraum nicht heran. Nehmen Sie mal ab!“
Er reichte rote Lampen, einen Signalbock, eine Axt und schließlich eine kleine Motorsäge heraus. „So“, sagte er, „es ist besser, wenn man bei Sturm so was mitschleppt. Sie stellen bitte die Signale auf, und dann leuchten Sie mir!“
Es dauerte keine Minute, da war Fred bis auf die Haut naß. Aber er fror nicht. Jeder Schritt gegen den Sturm kostete große Anstrengung, und zweimal warf ihn eine Bö um. Unter diesen Umständen war auch das Aufstellen der Signale eine schwere körperliche Arbeit, und Fred bewunderte den Fahrer, der dabei mit der gewiß nicht leichten Motorsäge hantierte.
Nach einer Viertelstunde hatten sie den Wagen frei. Er sprang nicht an, sie schoben ihn ein paar Meter weiter, um aus dem Geäst des Baumes herauszukommen. Dann hebelte der Fahrer mit einer Brechstange die Motorhaube auf, die sie verklemmt hatte. „Nicht so schlimm!“ schrie er. „Den haben wir bald wieder flott!“
Fred verstand nur die Hälfte der Worte, aber der Sinn war ihm klar. „Und dann sofort zum nächsten Telefon, Richtung Neuenwalde!“ schrie er zurück.
In der Kooperativen Pflanzenproduktion, die er von Großhennersdorf aus aufgesucht hatte, bat Herbert, daß man ihm den fraglichen Schlag genau beschreiben solle, nachdem er eine Karte des Kreises, die er schon am Vormittag besorgt hatte, auf dem Tisch ausgebreitet hatte.
„Ein Kollege von Ihnen war übrigens auch schon hier, heute nachmittag“, sagte der Mann, der ihm behilflich war. „Er wollte die Strecke wissen, die unser Hinrich Martens gestern gefahren ist. Der hat aber mit diesem Schlag nichts zu tun gehabt!“
„Ja, ja, ich weiß“, sagte Herbert und bedankte sich für die Unterstützung. „Ach so, noch etwas. Wie sieht dieser Schlag zur Zeit aus?“
„Warten Sie“, bat der andere und ging für einen Augenblick aus dem Zimmer. Dann kam er wieder und sagte: „Er wird gerade umgepflügt und neu bestellt. Normalerweise geschieht das in einem Arbeitsgang mit der Mahd, aber die Leute vom AWZ haben empfohlen, dort dieses Jahr eine Sonderbehandlung vorzunehmen, bakterielle Stoppelverrottung, Bitumenemulsion und so weiter, deshalb hat der Schlag von Freitagnacht bis heute mittag gelegen. Aber da fragen Sie am besten direkt im Agrowissenschaftlichen Zentrum, die können Ihnen das genauer sagen.“
„Die Arbeiten müssen eingestellt werden, bis wir den Schlag untersucht haben“, erklärte Herbert.
„Jetzt während des Sturm können sie sowieso nicht arbeiten, aber ich werde über Funk die notwendigen Anweisungen geben.
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