Das Rätsel Sigma
schon stimmen“, meinte Fred verwirrt, „ich kenne ja Ihr Haus gar nicht, aber nun lassen Sie mich doch endlich erklären, weshalb ich hier bin! Frau Martens hat mir Ihre Adresse gegeben.“ Der Mann blickte verwirrt. „Sie kommen nicht wegen dem Abriß?“
„Was denn für ein Abriß?“ fragte Fred, noch verwirrter. Jetzt lachte der Mann dröhnend. „Dann entschuldigen Sie man den kühlen Empfang“, sagte er. „Heute sollte eine Kommission vom Kreis kommen, weil wir nicht aus unserm Haus raus wollen, obwohl sie uns alle dauernd beknien!“
„Die werden bei dem Wetter kaum eintreffen!“ Fred lachte.
„Und nach dem Sturm werden sie wohl ihre Meinung ändern!“ fügte der Mann hinzu. „Wissen Sie was, darauf nehmen wir erst mal 'n Kleinen!“ Er blinkerte seiner Frau zu, die denn auch eine Flasche Doppelkorn aus dem Kühlschrank zog.
„Hier haben nämlich schon unsere Urgroßeltern gewohnt“, sagte sie, „und ich will hier nicht raus. Bei Alfred ist das anders, der ließe sich vielleicht noch belatschern, mit Einsicht in die Notwendigkeit und Landschaftsgestaltung und so, aber bei mir nicht!“
„Sie brauchen doch auch nicht raus, wenn Sie nicht wollen“, sagte Fred verwundert.
„Nee, natürlich nicht“, erwiderte die Frau, „aber sie sollen auch aufhören, Alfred dauernd zu agitieren. Aber nun Schluß damit. Weshalb sind Sie denn nun hier?“
„War der Hinrich Martens gestern bei Ihnen?“ fragte Fred.
„Ja, war er“, sagte die Frau. „Nun muß ich aber staunen – ein Polizeier, der nach Hinrich Martens fragt? Hat er was ausgefressen?“
„Das nicht“, entgegnete Fred, „aber vielleicht hat er hier was gegessen oder getrunken?“
„Ja, seine Stullen“, antwortete die Frau, „er nimmt nichts von Fremden, sagt er. Aber ein Glas Milch hat er doch getrunken.“
Fred hatte Mühe, seine Erregung zu verbergen. „Woher war denn die Milch?“
„Na, von unserer Kuh natürlich. Aber wollen Sie nicht lieber sagen, was das nun eigentlich soll?“
„Ja, das ist wohl besser“, erwiderte Fred und erklärte ihnen alles – von der Krankheit, von der Milch aus Großhennersdorf, vom Fall des Kombinefahrers Hinrich Martens, der alles wieder verwirrt hatte und nun vielleicht die Spur war, die sie weiterbrachte.
„Warum sind wir dann nicht krank geworden?“ fragte die Frau.
Fred erklärte es, so gut er es konnte, und fragte dann: „Überlegen Sie mal – was hat Ihre Kuh mit den Kühen in Großhennersdorf gemeinsam?“
Die Frau sah den Mann an. „Sag du's ihnen!“ sagte sie. Der Mann war etwas verlegen. „Ich arbeite in der Kooperation Pflanzenproduktion“, erklärte er. „Wenn wir nun Futter machen und ich komm gerade hier durch, dann werf ich ein paar Gabeln voll vom Wagen runter. Ist vielleicht nicht ganz in Ordnung, aber ich denke, in diesem Fall soll man's nicht verschweigen. Machen ja auch alle so, die noch Vieh haben, und das sind nicht mehr viele. Einer“, er lachte plötzlich, „einer hat's mal bezahlen wollen, da haben wir ihn aus der Buchhaltung rausgeschmissen.“
„Sie haben also Futter gemacht für Großhennersdorf, wann war denn das?“
„Freitagabend, dort hinterm Eberkopf“, sagte der Mann.
„Dann weiß ich schon wo“, sagte Freds Fahrer, der die ganze Zeit geschwiegen hatte. „Bis dahin schaffen wir's auch noch.“
„Lange haben wir nicht mehr so zusammengesessen, bei Kaffee und Kuchen!“
Mehr noch als diese Bemerkung des Chefarztes beunruhigte Monika Baatz der Ton, in dem sie gesprochen wurde. Wenn er jetzt bloß nicht anfängt und mir Anträge macht, daß wir wieder zusammenbleiben! dachte sie. Obwohl, er hat sich verändert, zum Vorteil, kein Zweifel… Aber ich hab mich ja auch geändert, ich empfinde nichts mehr für ihn…
„Ja“, sagte sie leichthin, „eine gestohlene Viertelstunde.“
Der Chefarzt räusperte sich und wollte zu einer längeren Rede ansetzen, aber da gab es eine Unterbrechung. Vor der Tür fand ein heftiger Wortwechsel statt, dann wurde sie aufgerissen, jemand stürmte herein, blieb plötzlich stehen und sah die beiden mit großen Augen an – ein älterer, bebrillter Herr, heftig atmend, mit allen Anzeichen großer Erregung.
„Wer sind Sie, wieso dringen Sie hier ein?“ fragte Dr. Baatz mit gespieltem Unwillen – in Wirklichkeit war sie recht froh über diese Störung.
„Ich bin Doktor Meiner vom Bezirkskrankenhaus, entschuldigen Sie mein Eindringen, aber ich zittere um einen Patienten, daß er nicht falsch
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