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Das Raetsel von Flatey

Das Raetsel von Flatey

Titel: Das Raetsel von Flatey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingólfsson
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klingelte. Kjartan sah sich um und holte
tief Luft. Hier drinnen herrschte ein eindringlicher, aber nicht
unangenehmer Geruch. Die Holzeinrichtung gab in dieser
Geruchssinfonie den Ton an, begleitet von unzähligen Nuancen
aus dem Warensortiment. Bonbons, Schuhcreme, Kaffee, Nägel,
Bücher, Hafermehl, Angelhaken, Kartoffeln, Nähnadeln,
Backpulver, Thermoskannen, Rosinen, Sensenblätter,
Kandiszucker, Lack, Limonade, Schleifsteine, Schnupftabak,
Schirmmützen, Erbsen, Galoschen, Vanillezucker, Heurechen,
Schokolade und Schwimmkugeln für die Netze. Das alles und noch
vieles andere lag ungeordnet in den Regalen gestapelt, die
sämtliche Wände des Kramladens bedeckten. Einige Waren
lagen zusammengehäuft auf dem Boden oder auf der
Ladentheke.
    Kaufmann Ásmundur erschien
schneller als erwartet auf der Bildfläche. Er war klein und
fett, hatte eine Glatze und ein rundes, sympathisches Gesicht. Er
trug einen weißen Ladenkittel, der über dem Bauch
zusammengebunden war. In der Brusttasche steckten zwei Bleistifte
und ein Zollstock. Der Kaufmann grüßte freundlich:
»Guten Tag, junger Mann. In dieser Woche sind Taschenmesser
und Vitaminpillen im Sonderangebot, Kraftfutter haben wir
vorrätig und jetzt auch wieder Melkfett, außerdem Schuhe
für bessere Gelegenheiten, und zwar der letzte Schrei aus
Reykjavík.«
    »Ich habe nicht vor, etwas zu
kaufen, entschuldige bitte die Störung. Ich habe ein ganz
anderes Anliegen«, sagte Kjartan nach der
Begrüßungsrede des Kaufmanns, und dann stellte er ihm
die gleichen Fragen wie den Bauern, mit denen er sich gerade
unterhalten hatte. Ásmundurs Antworten lauteten
ähnlich. Er erinnerte sich gut an den dänischen Gast. Er
war in den Laden gekommen und hatte nach Filmen
gefragt.
    »Leider hatte ich keine Filme
vorrätig. Die bestelle ich immer extra aus Reykjavík,
wenn jemand danach verlangt. Da dieser Däne sowieso auf dem
Weg in die Stadt war, lohnte es sich nicht, die Filme für ihn
zu bestellen«, erklärte Ásmundur. »Ich
konnte ihm aber zwei Paar Wollsocken verkaufen.« Dann
überlegte er und fügte hinzu: »Mein Boot ist in
dieser Zeit bestimmt nicht ausgefahren.«
    »Wozu verwendest du dieses
Boot?«, fragte Kjartan.
    »Hauptsächlich zu
kleineren Warentransporten wegen des Geschäfts«,
entgegnete der Kaufmann. »Es kommt einem manchmal gut
zustatten, wenn man ein anständiges Motorboot besitzt, um
entweder zum Festland oder zu den inneren Inseln zu fahren, wenn
die Bauern im Sommer wegen der Arbeit nicht vom Hof wegkönnen.
Der Genossenschaftsladen bietet keineswegs so einen Kundendienst
an, und auf diese Weise bringt man sich ins Geschäft. Ich
fahre aber nie bis nach Stykkishólmur, denn das Postschiff
kommt einmal pro Woche mit allem, was man braucht. Wenn die
Schlachtzeit zu Ende ist, liegt mein Boot immer an Land, und im
Winter im Schuppen. Für Fahrten im Winter bin ich nicht zu
haben, denn mir wird sehr schnell kalt, und außerdem bin ich
nachtblind. Die Bauern haben im Übrigen im Winter viel mehr
Zeit, und für sie ist es eine Abwechslung, zum Handelsplatz zu
kommen.«
    »Kannst du dir irgendwie
vorstellen, wie es diesen Dänen nach Ketilsey verschlagen
hat?«, fragte Kjartan.
    »Hier am Ort wird ja kaum
über etwas anderes geredet«, antwortete der Kaufmann.
»Aber kein Mensch versteht das. Wer um Himmels willen hat
diesen Mann dort zurückgelassen? Ich kenne jede Menschenseele
hier auf den Inseln und möchte behaupten, dass kein Einziger
von ihnen zu einer Schlechtigkeit fähig ist, ganz zu schweigen
von so etwas. Vielleicht ist es ein Unfall gewesen. Vielleicht ist
der Mann an Bord des Postschiffs gegangen, ohne dass die Besatzung
es mitgekriegt hat. Er hat vielleicht an der Reling gestanden, ist
ohnmächtig geworden und über Bord gefallen. Dann ist er
vielleicht wieder zur Besinnung gekommen und herumgepaddelt, bis er
irgendein Stück Treibholz zu fassen bekam, und bei schnell
einfallender Flut kann es ihn womöglich die ganze Strecke bis
nach Ketilsey getragen haben. Trotzdem klingt das alles so
unwahrscheinlich, dass niemand hier daran glauben
mag.«
    Kjartan stand in dieser Ermittlung
kurz davor, zu kapitulieren. Er war in Bezug auf das Schicksal von
Gaston Lund keinen Schritt weitergekommen.
    »Was kosten denn diese
Taschenmesser bei dir?«, fragte er.
    *
    »3. Frage: Setzte dem Hakon
Ladejarl eine Laus in den Arsch. Erster Buchstabe.
    Thorleif besuchte den Jarl zu Lade
am Heiligen Abend und hatte sich als Bettelmann verkleidet. Der
Jarl ließ ihn

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