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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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gelegt und schluckte die ersten Sonnenstrahlen, die versuchten, bis zur Erde durchzudringen. Von seinem Fenster aus erschien Jeffrey die Welt wie eine einzige kompakte Masse aus Beton und Asphalt, von Stahl und Ziegelmauern eingefasst, mit rostigem Maschen- und Stacheldraht bewehrt.
    Als das Flugzeug über dem nördlichen Stadtgebiet kreiste, konnte er die Narben der Unruhen sehen – verkohlte Häuserblocks, die nach und nach verfielen. Aus der Luft waren die Linien, an denen sich Nationalgarde und Polizei formiert hatten, um der Flut der Brandstifter und Plünderer Einhalt zu gebieten, ebenso gut zu erkennen wie die Viertel, die man dem Verfall überließ. Als die Turbinen gedrosselt wurden unddas Fahrgestell auf dem Boden aufsetzte, ertappte er sich dabei, wie er sich nach der offenen Weite und den sauberen Stadtanlagen des Einundfünfzigsten Staates sehnte. Er schlug sich den Gedanken aus dem Kopf und rieb sich die Augen, um den Halbschlaf abzuschütteln, dann bereitete er sich auf die Kälte vor, die ihn erwartete.
    Es herrschte dichter, stockender Verkehr, als er mit seinem Leihwagen den Flughafen verließ. Der Stau setzte sich bis zur Schnellstraße und noch weitere zwanzig Meilen fort, so dass Jeffrey, als er endlich die Hauptstadt, Trenton, erreichte, sich nahtlos in die morgendliche Rushhour einfädeln konnte.
    Er nahm die Ausfahrt Perry Street, die an dem quadratischen Gebäude aus Schlackenstein und Glas der
Trenton Times
vorbeiführte. Die Seite des wuchtigen alten Baus war von schwarzen Rußstreifen verunstaltet, besonders in der Nähe der Laderampen, vor denen zerbeulte blaugelbe Lieferwagen in einer Schlange warteten, um die Morgenausgabe abzuholen. Ein halbes Dutzend Fahrer hatte sich um ein Feuer in einem alten Blechfass geschart und wartete auf das Zeichen zum Beladen. Er wendete und fuhr ein paar Blocks näher an das Capitol heran, bis er das goldene, kuppelförmige Dach im Morgenlicht glänzen sah. Auf halbem Weg wurde er an einer Straßensperre aus Sandsäcken und Stacheldraht durchgewinkt, die eine Gegend städtischer Verwüstung und ausgebrannter, verbretterter Ruinen von den schmucken Reihenhäusern trennte, die im Rahmen des Stadtsanierungsprogramms wieder aufgebaut wurden. Die Polizeipräsenz war etwas gelockert, aber allenthalben spürbar, um sicherzustellen, dass die Wogen der Frustration nicht in die Straßen schwappten, in die Gelder investiert worden waren, oder gar bis zum Capitol. Jeffrey fand einen Parkplatz und lief zu Fuß weiter.
    Die Anwaltskanzlei war kaum einen Häuserblock von denRegierungsgebäuden in einem altmodischen Brownstone-Haus untergebracht, das sich seine ursprüngliche, betont elegante Fassade erhalten hatte. An der Eingangsschleuse öffnete ihm ein mürrischer und gelangweilt wirkender Wachmann die Türen.
    »Haben Sie einen Termin?«, fragte er und blickte auf sein Klemmbrett.
    »Ich will zu Mr. Smith«, erwiderte Jeffrey.
    »Einen Termin?«, beharrte der Wachmann.
    »Ja«, log er. »Jeffrey Clayton, neun Uhr.«
    Der Wachmann suchte auf seinem Blatt. »Steht hier nicht«, stellte er fest und zog augenblicklich eine schwerkalibrige Handfeuerwaffe, die er auf den Professor richtete. Jeffrey ignorierte die Drohung.
    »Das muss ein Irrtum sein«, sagte er.
    »Uns passieren keine Irrtümer«, erklärte der Mann. »Sie gehen jetzt besser.«
    »Wie wäre es, wenn Sie Mr. Smiths Sekretärin anrufen würden? Dazu sind Sie doch sicher bereit?«
    »Wieso sollte ich? Sie stehen nicht auf der Liste.«
    Jeffrey lächelte. Langsam griff er in seine Jacke und zog seinen befristeten Pass von der Staatssicherheit im Einundfünfzigsten Bundesstaat hervor. Er ging davon aus, dass der Mann angesichts des Abzeichens und des goldenen Adlers nicht auf die Gültigkeit achten würde.
    »Sie wären gut beraten, meiner Bitte nachzukommen, denn wenn Sie es nicht tun, kehre ich mit einer Verfügung, einem Fahndungsteam und einer Spezialeinheit zurück, und wir walzen das Büro Ihres Chefs platt; früher oder später wird ihm dann aufgehen, welcher Vollidiot an der Rezeption ihm die Suppe eingebrockt hat. Reicht das als Grund?«
    Der Wachmann griff zum Telefon und sagte: »Hab hier ’nBullen, der Mr. Smith sprechen will, obwohl er keinen Termin hat. Woll’n Sie runterkommen und mit dem Mann reden?«
    Er legte auf und erklärte: »Die Sekretärin kommt sofort.« Er richtete weiterhin seine Waffe auf Jeffreys Brust. »Waffe dabei, SS-Mann?«
    Als Jeffrey den Kopf schüttelte, da er seine

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