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Das Rätsel

Titel: Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Achseln, wandte sich vom Bett ab und warf sich stattdessen auf ihren Schreibtischstuhl. Sie spielte ein wenig auf ihrer Computertastatur herum und machte sich klar, dass sie sich für den Mann, der ihr nach ihrer festen Überzeugung das Leben gerettet hatte, eine weitere Botschaft aus den Fingern saugen musste.
    Sie ließ den Kopf in die Hände fallen und schüttelte ihn ein paarmal kräftig.
    Von dem Mann gerettet, der mich bedroht.
    Die Ironie der Situation hätte sie wesentlich besser zu schätzen gewusst, hätte sie jemand anderen betroffen; deshalb konnte sie nur müde lachen. Dann hob sie das Gesicht und fuhr den Computer hoch.
    Sie probierte Worte und Phrasen aus, fand jedoch nichts,was ihr gefiel – vor allem, weil sie nicht wusste, was sie sagen wollte.
    Frustriert stand sie vom Schreibtisch auf und ging zu ihrem Schrank. An seiner Rückwand hatte sie ihre sämtlichen Waffen aufgereiht: das Sturmgewehr, mehrere Pistolen sowie Patronenschachteln. Auf einem angrenzenden Regal befanden sich einige Fliegenrollen und Angelschnüre, ein Waidmesser in einer Scheide und drei Fliegenboxen vollgestopft mit leuchtend bunten Attrappen sowie Cockroach-Tarpon-Fliegen, ein paar Nachahmungen von Pistolenkrebsen, Crazy-Charly- und blassbraunen Krabbenfliegen, die sie benutzte, wenn sie nach Pompanos fischte. Sie nahm eine Box und schüttelte sie.
    Irgendwie seltsam: Die erfolgreichsten Köder waren selten die naturgetreuesten Imitationen. Oft deutete derjenige, mit dem sich am besten angeln ließ, Form und Farbe nur vage an, ein Anreiz, hinter dem sich ein tödlicher, salzwasserresistenter Stahlhaken verbarg.
    Susan stellte die Box zurück und griff nach dem langen Filetiermesser. Sie zog es aus der Kunstlederscheide und hielt es vor sich hin. Sie strich mit dem Finger die stumpfe Seite entlang. Die Klinge war schmal und leicht nach oben gebogen, wie das selbstzufriedene Grinsen eines Henkers im Moment des Todes, außerdem rasierklingenscharf. Sie drehte das Messer um und legte den Finger sacht auf die Schneide; sie achtete darauf, es keinen Millimeter hin und her zu bewegen, denn das würde ihr das Fleisch aufschlitzen. Mehrere Sekunden lang hielt sie ihre Hand in dieser gefährlichen Stellung. Dann richtete sie die Waffe plötzlich nach oben und schwang sie wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt.
    Etwas in dieser Art, sagte sie sich. Sie machte vor sich in der Luft eine Schnittbewegung, so wie sie es zuvor im Wohnzimmerihrer Mutter vorgeführt hatte. Sie lauschte angespannt, als dieses echte Messer durch den leeren Raum schnitt.
    Es macht kein Geräusch, stellte sie fest. Nicht mal ein Wispern zur Warnung.
    Mit einem Schaudern steckte sie die Waffe wieder in die Scheide und legte das Ganze auf das Regal zurück. Dann ging sie erneut an den Computer. Sie tippte schnell:
    Wieso folgen Sie mir?
    Was wollen Sie?
    Um fast flehentlich hinzuzufügen:
Ich will, dass Sie mich in Ruhe lassen
.
    Susan starrte auf die Worte, die sie geschrieben hatte, und machte sich mit einem tiefen Seufzer daran, sie in ein Rätsel einzukleiden, das sie ihrer Kolumne beifügen konnte.
Mata Hari
, flüsterte sie ihrem Alter Ego zu,
finde etwas wirklich Kryptisches und Schwieriges, damit er was zum Beißen hat, denn ich hätte gerne ein paar Tage Zeit, um mir darüber klar zu werden, was ich als Nächstes unternehmen will
.
     
    Diana kauerte auf dem Bettrand und dachte über den Krebs nach, der sie langsam, aber sicher von innen her zerfraß. Auf eine perverse Art und Weise fand sie sie interessant – diese Krankheit aus heiterem Himmel, die sich aus einer Laune heraus an ihre Bauchspeicheldrüse geheftet hatte. Immerhin hatte sie sich den größten Teil ihres Lebens über so viele Dinge Sorgen gemacht, ohne dass es ihr je in den Sinn gekommen wäre, dieses Organ tief in ihrem Bauch könnte sich eines Tages als Verräter erweisen. Sie zuckte die Achseln und fragte sich nicht zum ersten Mal, wie ihre Bauchspeicheldrüse wohl aussehen mochte. War sie rot? Grün? Violett? Waren die kleinen Krebsgeschwüre schwarz? Was tat sie für ihren Körper, abgesehen davon, dass sie ihn jetzt langsam tötete? Wozubrauchte sie überhaupt eine Bauchspeicheldrüse? Wozu brauchte sie die anderen Organe, die Leber, den Dickdarm, Magen und Dünndarm und die Nieren – und wieso hatte der Krebs nicht sie befallen? Sie versuchte, sich ihr eigenes Körpergewebe und ihre Organe vorzustellen, als wäre es eine Maschine, ein Motor, der wegen minderwertigem Sprit ins

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