Das Rattenloch
auch bizarren Tanz in die Dunkelheit hinein. Sie griffen mit ihren zackigen Spitzen in die Dunkelheit.
Obwohl Suko recht hoch stand, war für ihn nicht zu erkennen, was sich in der Nähe des Feuers abspielte. Er sah dort niemand. Da bewegten sich keine Gestalten. Er hörte auch keine Töne, die von Ratten abgegeben wurden.
Ein ungewöhnliches Bild in der Dunkelheit. Wie ein Gemälde, des noch nicht fertig geworden war.
Einige Male glaubte er, auch Frauenstimmen zu hören, aber das konnte täuschen. Er stellte nur fest, dass ihm der Wind einen leichten Brandgeruch gegen die Nase wehte. Irgendwo kam ihm der so ehrlich vor. Als er ihn gerochen hatte, da wusste er, dass er noch mit beiden Beinen mitten im Leben stand.
Ratten sah er nicht.
In diesem Fall wunderte es ihn nicht mal. Die Tiere hatten sich dorthin zurückgezogen, wo ihre eigentliche Heimat lag oder sie sich wohlfühlten.
Suko schätzte ab, wie lange er wohl noch zu laufen hatte, um die Feuerstelle zu erreichen. Einige hundert Meter? Vielleicht einen Kilometer?
Da war einiges möglich, und auf dem Weg dorthin konnten ihm noch manche Gefahren über den Weg laufen...
***
Feuer! Flammen! Zuckende Arme, die nicht aufhörten, sich zu bewegen und immer wieder in verschiedene Richtungen griffen, als wären sie dabei, die Dunkelheit zu hassen.
Hinzu kam der Geruch, der Maxine und mir entgegenschlug. Daran gewöhnen konnten wir uns nicht, wobei wir zugleich Glück im Unglück hatten, denn der Wind stand günstig und wehte uns den Rauch nicht gegen die Gesichter, sondern von ihnen weg und zu den anderen Seiten hin. Manchmal nur, wenn der Wind Kapriolen trieb und sich dabei kurzzeitig drehte, erwischte uns die volle Ladung. Dann konnten wir kaum atmen, und auch unsere Augen begannen zu brennen. Wir waren beide nicht gefesselt und trotzdem konnten wir nicht flüchten. Zwei große Steine dienten uns als Rückenlehnen, so mussten wir zumindest nicht liegen.
Wir hatten die besten und perfektesten Wächter, die wir uns vorstellen konnten.
Es waren die Ratten!
Ich fragte nicht erst danach, woher sie gekommen waren. Mir reichte es, dass sie uns beobachteten und einen dichten Kordon um uns gezogen hatten. Die Körper lagen nie still. Es gab immer Bewegungen bei ihnen, aber wenn wir hätten fliehen wollen, dann hätten wir über die Körper der Ratten laufen müssen. Genau das wäre der Anfang von unserem Ende gewesen.
So blieben die Ratten liegen, aber sie behielten uns im Auge. Wir sahen das Glitzern in ihren Köpfen und sahen auch, wenn sich der Widerschein der Flammen darin traf und sich die Augen auf makabre Weise veränderten. Da kamen sie mir so unheimlich vor, so anders. Als steckte eine andere Macht in ihnen.
Irgendwie stimmte das auch. Diese Tiere waren nicht normal. Man hatte mit ihnen experimentiert und sie verändert. Es gab sicherlich einige Versuche, die fehlgeschlagen waren. Welche Ratten mutiert waren, erkannten wir bei der Dichte des zuckenden Teppichs nicht, aber wenige waren es bestimmt nicht.
Hinter uns lag ein verdammter Weg durch eine wilde und raue Natur, die auf mich den Anschein gehabt hatte, als wäre sie bisher von Menschenhand verschont geblieben. Wir hatten keine Wege und auch keine Pfade gesehen, sondern waren quer durch das Gelände gegangen. Wir hatten ausweichen und klettern müssen, aber weder Maxine noch ich hatten geklagt, auch wenn uns einige der Tiere in ihrem Übermut immer wieder angesprungen hatten.
Ihre Herrin, Florence Wells, hatte sie voll und ganz im Griff. Sie stand mit ihnen in Verbindung, und sie würden erst anders reagieren, wenn sie es wollte.
Im Moment war sie nicht zu sehen. Sie war jenseits des Feuers abgetaucht, das sie entzündet hatte. Dort befand sich eine dunkle Schattenwand. Ein großes Felsstück, das auf den ersten Blick hin geschlossen aussah, es aber nicht war, denn ich glaubte, so etwas wie den Eingang zu einer Höhle gesehen zu haben. Dabei war mir wieder der von Florence benutzte Begriff Rattenloch in den Sinn gekommen.
Als Maxine neben mir hörbar ausatmete, drehte ich den Kopf und schaute sie an.
Auch über ihr Gesicht tanzte der Widerschein des Feuers. Er machte es zu einer irgendwie lebenden Maske, die mir so fremd vorkam und mich nicht an das Gesicht eines Menschen erinnerte. Sie hatte sich einzigartig gehalten und nicht einmal geklagt. Ich hatte von ihr auch nichts anderes erwartet.
»Sieht mies aus, nicht?«
Ich verzog den Mund. »Noch leben wir.«
»Schöpfst du daraus
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