Das Rattenloch
Gras, niedrige Sträucher und Bäume im Hintergrund, die einen dichten Wald bildeten. Es war keine fremde Bewegung zu sehen. Kein Tier huschte heran, und erst recht keine Ratte. Starre und Stille bildeten die Hauptfaktoren.
Aber es gab die Hütte. In ihr brannte Licht, das schwach und leicht rötlich mit gelben Zwischentönen die Fenster an der Vorderseite anmalte.
Suko stieg aus. Obwohl er keine Gefahr entdeckt hatte, war ihm alles andere als wohl zu Mute. Er drückte die Tür leise zu, drehte sich – und bewegte sich nicht.
Die Starre hatte ihren Grund.
Es war der Wagen, der Range Rover, der etwas abseits parkte. Beim Herfahren hatte Suko ihn nicht gesehen. Nun aber erkannte er in diesem ›Kasten‹ genau das Fahrzeug, mit dem sein Freund John Sinclair den Bereich der Hütte angefahren hatte.
Das miese Gefühl in Suko verstärkte sich noch. Der Wagen wirkte völlig verlassen. Er war ein Fremdkörper, der nicht in diese Gegend passte. So tot, so verloren.
Er passte auf, als er der Hütte den Rücken zuwandte und auf den Geländewagen zuging. Sehr aufmerksam, ohne die kleine Lampe zu benutzen. Er spürte den Wind. Er nahm den Geruch auf. Alles intensiver als sonst, denn Suko war in diesen Augenblicken sensibilisiert worden. Schon als er noch einige Schritte von dem Fahrzeug entfernt war, fiel ihm etwas auf. Der Wagen stand nicht mehr so, wie er hätte stehen müssen. Das Fahrzeug war kleiner geworden, als hätte man es ein Stück in den Boden gedrückt.
Dass dies nicht der Fall war, erkannte Suko ebenfalls sehr schnell. Ein schnelles Bücken reichte aus, ein kurzer Blick, und auch die Dunkelheit konnte die Tatsache nicht mehr verbergen:
Beim Fahrzeug waren die Reifen zerschlitzt worden. Das hatte jeder getan, nur nicht der Fahrer selbst. Suko ging um den Wagen herum. Er schaltete seine Lampe ein und suchte den Boden nach irgendwelchen brauchbaren Spuren ab.
Neben den Fahrzeugtüren war das Gras geknickt und hatte sich noch nicht wieder aufgerichtet. An zwei Türen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass John links und auch rechts ausgestiegen war. Es musste noch jemand bei ihm gewesen sein.
Freund oder Feind?
Es war müßig, sich weiterhin Gedanken darüber zu machen. Er leuchtete in das Fahrzeug hinein und fand auch dort keinerlei Hinweise auf John’s Verschwinden. Es hingen auch keine fremden Gerüche im Wagen. Es war alles so schrecklich normal und trotzdem wiederum nicht. Hier hatte das Schicksal seinem Freund einen Streich gespielt.
Er schaltete die Lampe aus und kümmerte sich um die Hütte. Suko konnte sich vorstellen, dass sich dort einiges ereignet hatte. Die Tür jedenfalls stand offen. Aus ihr fiel der schwache Lichtschein, den der dunkle Boden sehr schnell aufsaugte.
Im Licht bewegte sich nichts. Kein Schatten, kein Geräusch. Die Stille war wie eine Last. Er behielt seinen Atem unter Kontrolle und auch die Geräusche, die er beim Gehen verursachte. Es war nur das leise Schleifen durch den Sand zu hören. Kein Rascheln, auch keine Ratten, die in seiner Umgebung durch das hohe Gras gehuscht wären.
Auf der Schwelle stoppte er.
Ölleuchten gaben das Licht ab. Deshalb auch die ungewöhnliche Farbe, Flecken, die Wände und auch den Boden berührten. Doch der Boden hatte es in sich.
Es war auch für ihn kaum zu fassen. An den verschiedensten Stellen war er ausgerissen, aber so, dass er den Druck von unten her bekommen hatte. Unter den Holzbohlen war es passiert. Eine gewaltige Kraft hatte sie in die Höhe gestemmt und brechen lassen.
Zerrissene Dielen, Splitter. Stücke, die einfach weggeschleudert worden waren und jetzt nahe der Wand lagen. All das fiel ihm auf. Er registrierte die Einzelheiten und fragte sich, wer diese Kraft wohl gehabt hatte.
Etwas, das im Boden gelauert hatte. Bestimmt kein Mensch. Die Bohlen waren gebrochen und möglicherweise auch an einigen Stellen abgefressen.
Ratten tun so etwas!
Und um Ratten ging es in diesem Fall. Sie hatten die vier Leichen hinterlassen. Abgenagt, und sie waren auch weiterhin nicht zu halten. Suko spürte es hinter den Schläfen hämmern, denn die Vorstellung, seinen Freund John Sinclair als Skelett zu finden, war schrecklich.
Er durchsuchte die Hütte. Wieder setzte er seine Lampe ein. Er leuchtete auch in die Erde hinein, die unter den gebrochenen Brettern aufgewühlt war. Da hatten die Ratten ihre Tunnel gegraben und waren in die Höhe gestiegen.
Kein Nager sprang aus dem Schatten einer Ecke und griff ihn an. Nur einige Käfer
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