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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Thomas einen riesigen Furunkel aus dem Nacken geschnitten hatte. Sie alle kamen aus der Goldgräberstadt Novo Lapuna und erzählten geradezu unglaubliche Dinge.
    »Zehn Ärzte haben wir jetzt im Camp«, sagte der Syphilitiker, »zwei Chirurgen, vier für innere Krankheiten, einen Augenarzt, einen für Hals-Nase-Ohren, einen Urologen – und sinnigerweise einen Frauenarzt. Der kümmert sich um unsere zweiundfünfzig Huren. Von den zehn sind fünf ständig besoffen, drei spritzen sich selbst um den Verstand, einer ist schwul, und nur der zehnte ist normal, und das ist der Frauenarzt. Die meisten von uns helfen sich selbst. Ob Grippe oder Durchfall, ob Herzflimmern oder Blasenkatarrh – 'ne Flasche Zuckerrohrschnaps rein in den Bauch, und alles ist wieder in Ordnung. Zu Ihnen, zur Mission, wagt sich keiner. Da mußte vor 'ner Pille erst beten, sagen sie, und ein Verband kostet zwei Vaterunser.«
    »So ein Blödsinn!«
    »Aber sie glauben es, Doktor. Wenn wir ihnen erzählen, wie Sie sich um uns kümmern, dann würden Sie von Kranken überrollt.«
    »Es waren schon einige von euch hier im Hospital.«
    »Und die halten die Schnauze, wie wir auch, wenn wir wieder entlassen sind. Bescheid weiß nur einer, Benjamim Bento, und der hält dicht.«
    »Wer ist Benjamim Bento?«
    »So was wie 'n Bürgermeister von Novo Lapuna. Gewählt von unseren Bossen. Ein prima Kerl mit 'ner eigenen Polizeitruppe. Aber Ordnung kriegt er in den Haufen doch nicht rein. Da reicht noch nicht mal ein Bataillon. Wir sind über 50.000 Mann – da ist immer was los. Sie sollten mal zu Besuch kommen, Doktor. Aber sagen Sie bloß nicht, Sie wären Arzt.«
    Endlich kam Luise zurück. Mittags gegen zwölf Uhr brachen sie aus dem Regenwald hervor, auf dem kleinen Pfad, den sie sich in den Dschungel geschlagen hatten. Eine kleine Baumtrommel, ein ausgehöhlter Baumstamm, bespannt mit Tapirhaut, ertönte und kündigte die Rückkehr an. Einer der italienischen Handwerker setzte kurz darauf mit dem Aluminiumboot über und holte Luise und die Yanomami ab. Thomas hob Luise aus dem Boot, sie warf die Arme um ihn, und sie küßten sich.
    »Endlich«, sagte Thomas. »Endlich! Ich hätte es nicht länger ausgehalten.«
    »Ich auch nicht.« Sie legte den Kopf an seine Brust und hielt ihn umarmt. »Ich hätte noch wochenlang im Wald bleiben können – was ich alles an neuen Pflanzen entdeckt habe, es ist ungeheuerlich. Mein Gott, was steckt in diesem Regenwald an Geheimnissen! Du wirst staunen, was ich gefunden habe. Ich konnte Fotos machen von Pflanzen und Tieren, die noch niemand vor mir gesehen hat. Weißt du, daß es einen Pflanzensaft gibt, der Blutungen sofort stillen kann – besser als unsere Mittel?«
    Er hob ihr Kinn an und küßte ihre Augen und die Lippen.
    »Wie hast du das entdeckt?«
    »Einer der Yanomami riß sich an einem Dornbusch den Arm auf. Es blutete sehr. Da lief ein anderer Indianer weg, kam mit einem Strauch voll fleischiger Blätter zurück, preßte die Blätter aus und strich den grüngelblichen Saft über die Wunde. Sie hörte sofort auf zu bluten! Ich habe dann später über die Wunde gestrichen, es war, als sei sie verklebt. Der Pflanzensaft lag darauf wie ein Film. Die Yanomami haben mir dann den Strauch gezeigt. Er wird etwa zwei Meter hoch und hat fast waagerecht vom Stamm abstehende biegsame Zweige. Die Blätter sind handtellergroß und voller Saft. Du wirst es nachher sehen, ich habe vier große Äste mitgebracht.«
    Die Indianer luden unterdessen das Boot aus. Außer der Ausrüstung, die sie mitgenommen hatten, trugen sie Körbe mit Pflanzen und Wurzeln an Land, Zweige und Blüten, drei dicht geflochtene Kästen aus Lianen, mit einem Deckel. Darin befanden sich Spinnen und Frösche, unbekannte Insekten und Käfer und aus einem Sumpf gefischte Algen und Wasserpflanzen.
    Eine Ausbeute, die vielleicht eine Sensation sein konnte.
    Luises Rückkehr wurde von der Mission mit Wein und einem langen Essen gefeiert. Sogar der Tenente Ribateio kam von der Polizeistation herüber und gratulierte Luise zu ihrem Erfolg. Er soff am meisten von allen und schwankte am Abend liedersingend zurück zu seinem Haus.
    Es war fast Mitternacht, als Thomas und Luise endlich allein waren. Da Toms Zimmer im Hospital lagen, waren sie in Luises Unterkunft gegangen. Wie selbstverständlich zogen sie sich aus, stellten sich gemeinsam unter die Dusche, seiften sich gegenseitig ein und küßten sich dann unter den warmen Wasserstrahlen. Tom hob sie auf seine Arme,

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